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Todsünde

Todsünde

Titel: Todsünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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sie vergewaltigt wurde?«
    Maura antwortete nicht. Sie ging um den Tisch herum zum Instrumententablett und wählte ein Skalpell aus. Dann trat sie an den Leichnam heran und setzte zum T-Schnitt an, mit dem der Rumpf eröffnet wurde.
    Die Sprechanlage knackte. »Dr. Isles?« Es war Louise.
    »Ja?«
    »Anruf für Sie auf Leitung eins. Es ist wieder Dr. Victor Banks, von dieser Organisation One Earth.«
    Maura erstarrte. Ihre Finger krampften sich um den Griff des Skalpells, dessen Spitze auf der Haut der Toten ruhte.
    »Dr. Isles?«, sagte Louise.
    »Ich bin nicht zu sprechen.«
    »Soll ich ihm sagen, dass Sie ihn zurückrufen?«
    »Nein.«
    »Er ruft heute schon zum dritten Mal an. Und er hat gefragt, ob er Sie zu Hause erreichen könnte.«
    »Geben Sie ihm nur ja nicht meine Privatnummer!« Ihre Antwort klang schärfer, als sie beabsichtigt hatte. Sie sah, dass Yoshima sich zu ihr umdrehte. Und sie spürte, dass auch Frost und Rizzoli sie beobachteten. Nachdem sie tief durchgeatmet hatte, fuhr sie mit ruhigerer Stimme fort: »Sagen Sie Dr. Banks, dass Sie mich nicht erreichen können. Und sagen Sie es ihm immer wieder, so lange, bis er es aufgibt.«
    Eine Pause trat ein.
    »Ja, Dr. Isles«, antwortete Louise schließlich. Sie klang verletzt.
    Maura war sich bewusst, dass sie noch nie in diesem Ton mit ihrer Sekretärin gesprochen hatte. Sie würde sich irgendeine Form der Wiedergutmachung ausdenken müssen, um ihren Fauxpas auszubügeln. Das Gespräch hatte sie ganz aus der Fassung gebracht, und als sie nun auf Camille Maginnes’ Rumpf hinabblickte, musste sie sich zwingen, ihre Aufmerksamkeit wieder den anstehenden Aufgaben zuzuwenden. Dennoch schweiften ihre Gedanken immer wieder ab, und die Hand, die das Skalpell hielt, zitterte.
    Die anderen konnten es auch sehen.
    »Warum nervt Sie One Earth denn so?«, wollte Rizzoli wissen. »Wollen die, dass Sie ihnen etwas spenden?«
    »Das Ganze hat nichts mit One Earth zu tun.«
    »Und was ist es dann?«, hakte Rizzoli nach. »Belästigt dieser Typ Sie vielleicht?«
    »Er ist einfach nur jemand, dem ich gerne aus dem Weg gehen möchte.«
    »Scheint aber ziemlich hartnäckig zu sein.«
    »Wenn Sie wüssten«
    »Wollen Sie, dass ich Ihnen den Kerl vom Hals schaffe? Soll ich ihm mal so richtig die Meinung sagen?« Das war nicht mehr nur die Polizistin Rizzoli, die da sprach, es war die Frau – und die konnte aufdringliche Männer auf den Tod nicht ausstehen.
    »Es ist eine persönliche Angelegenheit«, sagte Maura. »Wenn Sie Hilfe brauchen, müssen Sie’s nur sagen.«
    »Danke, aber ich werde schon allein mit ihm fertig.«
    Maura drückte die Skalpellspitze auf die Haut der Toten. Nur nicht dieses Thema – nur nicht über Victor Banks reden müssen. Sie holte tief Luft, und es schien ihr voller Ironie, dass ihr der Geruch toten Fleisches weniger unangenehm war als die bloße Erwähnung seines Namens. Dass die Lebenden ihr so zusetzten, wie es die Toten niemals könnten. Hier in ihrem Institut gab es niemanden, der sie verletzte oder betrog. Hier in ihrem Reich der Toten hielt sie das Heft in der Hand.
    »Wer ist denn der Typ?«, wollte Rizzoli wissen. Es war die Frage, die ihnen allen keine Ruhe ließ. Die Frage, die Maura früher oder später würde beantworten müssen.
    Sie schnitt in das Fleisch und beobachtete, wie die Haut sich wie ein weißer Vorhang teilte. »Mein Exmann«, sagte sie ...
    Sie führte den T-Schnitt und klappte die bleichen Hautlappen zurück. Yoshima benutzte eine einfache Gartenschere, um die Rippen zu durchtrennen, und hob den dreieckigen Block von Brustbein und Rippen heraus. Darunter kamen Herz und Lungen zum Vorschein, beides normal ausgebildet. Auch Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse waren frei von Krankheitssymptomen. Die sauberen, gesunden Organe einer Frau, die weder geraucht noch getrunken hatte – und die nicht lange genug gelebt hatte, um unter verengten und verkalkten Arterien zu leiden. Maura sprach nicht viel, während sie die Organe entfernte und in einer Metallschüssel ablegte. Sie hatte es eilig, ihrem eigentlichen Ziel näher zu kommen: Der Untersuchung der Beckenorgane.
    Eine En-bloc-Exzision der Beckenorgane führte sie gewöhnlich nur bei Opfern von Sexualmorden durch, da dieses Vorgehen eine wesentlich detailliertere Sektion ermöglichte als eine Standard-Autopsie. Das Ausweiden der Beckenhöhle war kein sehr angenehmer Vorgang, und als sie und Yoshima die Schambeinäste durchsägten, war sie nicht überrascht, dass Frost

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