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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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würden sie gleich zusammenbrechen, falls Jakob auch nur daran zu denken wagte,
er würde sich gleich auf sie setzen, und die Komfortsessel
drohten alle damit, ihm eine Massage zu verabreichen, ob er sie
nun wünschte oder nicht. Jakob wich ihnen weiträumig aus. Er
war ganz entschieden der Meinung, daß Möbel sich ihrer geringen Stellung bewußt sein und keine überzogene Vertraulichkeit zeigen sollten.
    Überall im Zimmer verstreut waren hochtechnische Spielsachen, einige davon noch gar nicht richtig ausgepackt. Jede arbeitssparende Apparatur, jede neueste Annehmlichkeit und
überteuerte Modemasche hatte sich bei Ruby eingeschmeichelt,
nur um gleich nach dem Eintreffen vergessen oder zur Seite
gelegt zu werden. Ruby bedeutete es alles, Dinge ihr eigen zu
nennen. Sie warf nie etwas weg, zum Teil, weil sie nichts davon hielt, Dinge aufzugeben, die ihr gehörten, zum Teil, weil
man nie genau wußte, wann man etwas doch gebrauchen konnte.
    Der solide Couchtisch aus Hartholz, der genau in der Zimmermitte stand, war überhäuft mit Modemagazinen, den letzten
drei Ausgaben von Welche Waffe nehme ich? und nicht weniger als vier offenen Pralinenschachteln, aus denen alle Pralinen
mit Kaffeesahne fehlten. Jakob musterte die Leckereien sehnsüchtig, war aber nicht bereit, der Versuchung nachzugeben.
Dank des Labyrinths änderte sich sein Gewicht nie auch nur
um eine Unze, egal wieviel er verspeiste – aber er wußte, falls
er erst mal loslegte, hätte er nicht wieder aufgehört, bis die
letzte Schachtel leer war. Es hätte Ruby zwar nichts ausgemacht, aber sie hätte ihn zweifellos mit einem dieser wissenden
Blicke bedacht, die sie draufhatte, und das war ihm zuwider.
    Die massive Bar sah er nicht mal an. Stolz stellte sie jede Art
von Alkohol, Darmfäule und plötzlichem Tod in Flaschen zur
Schau, die Mensch oder Fremdwesen bekannt war. Das Labyrinth hatte Jakob gegen alle Vergiftungserscheinungen immunisiert, Kater inklusive, aber er war schon immer der Überzeugung gewesen, daß man unter seinen Ausschweifungen auch
leiden sollte. Daran erkannte man ja, daß es Ausschweifungen
waren.
    Ein Sessel summte einladend, als er vorüberging, und er versetzte ihm einen kräftigen Tritt, damit das Ding wieder Ruhe
gab. Wenigstens hatte Ruby ihre kleine Armee aus Dienern und
den Kometenschweif aus Anhängern hinausgeworfen. Auf dem
Höhepunkt der Entwicklung hatte Jakob Ruby nicht mal mehr
sehen können, ohne einen Termin zu vereinbaren oder damit zu
drohen, daß er etliche Leute erschoß. Aber Ruby wurde der
Leute, die sie umschwärmten, und der Diener bald überdrüssig
und warf sie alle eines denkwürdigen Nachmittags, über den
die Nachbarn noch heute redeten, hinaus. Wie sich herausstellte, hatten etliche dieser Hausgeister versucht, ihre Stories vom Leben mit Ruby an die Medien zu verhökern. Einer hatte verdrossen darauf reagiert, daß sie ihn mit Tritten aus dem Schlafzimmer beförderte, und sie zu erstechen versucht. Teile seiner
Leiche tauchten noch Wochen später aus der Kanalisation auf.
    Jakob seufzte, blieb endlich stehen und starrte ins Leere. Er
war müde. Und er war es satt, müde zu sein. Seit Wochen
schon arbeitete er den ganzen Tag lang bis spät in den Abend,
in dem Bemühen, seinen Traum von der Demokratie lebendig
zu halten und sich vom Krieger zum Diplomaten zu entwikkeln. Das Parlament hatte viele Feinde, und wenn diese gerade
nicht bestrebt waren, es zu unterminieren oder zu diskreditieren, dann schienen es die Abgeordneten zufrieden, die ganze
Institution selbst in den Abgrund zu manövrieren. Nach so langer Zeit als Aushängeschild war die echte Macht einigen Abgeordneten zu Kopfe gestiegen, selbst wenn sie gar nicht so
recht wußten, was sie damit anfangen sollten. Neue Parteien
bildeten sich jeden Tag auf der Grundlage irgendeiner Kernüberzeugung oder eines Persönlichkeitskultes. In den
Nachrichtenmagazinen wimmelte es von Schwatzbolden, die
für Wählerstimmen einfach alles versprachen, bis hin zur
Wiederkunft Christi, und Plakatklebekolonnen trugen in den
frühen Morgenstunden brutale Gefechte auf den Straßen aus.
    Jakob fand sich vor einem von mehreren mannshohen Spiegeln wieder, die an den Wänden hingen, und betrachtete sich
ernst. Er wirkte jung und fit, auf dem Höhepunkt der körperlichen Verfassung. Er hatte alle seine Feinde überwunden und
den Sturz der alten Ordnung miterlebt. Löwenstein war dahin,
die Familien waren tödlich geschwächt. Er

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