Todtsteltzers Ehre
das aufgeregte
Durcheinander, wohl wissend, daß Enthusiasmus nicht ausreichte, um die Schlacht zu gewinnen. Sobald Vidars Armee
erst auf Shub und die Rebellen stieß, würden einige unausweichlich die Nerven verlieren und die Flucht ergreifen, einfach deshalb, weil nicht jeder einen Killer in sich trug. Und
niemand weiß das mit Sicherheit, solange er nicht auf die Probe gestellt wird. Die meisten würden jedoch standhalten und
kämpfen und tapfer sterben, weil sie wußten, daß sie für etwas
stritten, das größer war als sie selbst.
Peter Wild lief hin und her, bemüht, überall zugleich zu sein.
Er zwang oder beschwatzte die verschiedenen Gruppen, eine
Art Ordnung anzunehmen, war verzweifelt darauf erpicht, daß
seine Truppe vor seinem Helden Jakob Ohnesorg eine gute
Figur machte. Die Menge ließ ihn gutmütig gewähren.
Schnapsflaschen wanderten freizügig von Hand zu Hand, und
Wild entschied, daß er seine Armee möglichst schnell in
Marsch setzen sollte. Noch wartete ein sechsstündiger Marsch
bis zum gewählten Schlachtfeld auf sie, und dabei war reichlich Gelegenheit, den Schnaps wieder auszuschwitzen. Also
duldete er, daß sie vor dem Aufbruch ein wenig tranken. Ungeachtet aller Begeisterung und Verpflichtung waren diese Leute
einander im Grunde fremd, waren zusammengeführt durch Not
und Pflicht und Verzweiflung. Sie mußten die Schlacht gewinnen, um nicht alles zu verlieren. Sie konnten nicht zurückweichen, falls es schlecht lief, hatten keine zweite Chance. Falls
sie zurückfielen, würden die Geistkrieger ihnen unermüdlich
nachsetzen, bis zur Mauer von Vidar und darüber hinaus.
Wild näherte sich Ohnesorg, der beifällig nickte. »Ihr leistet
gute Arbeit, Wild. Sie sehen langsam tatsächlich nach einer
Armee aus.«
»Gut«, sagte Wild. »Weil ich gerade Nachrichten erhalten
habe, und nur schlechte. Das Imperium macht sich inzwischen
größere Sorgen und schickt zwei Sternenkreuzer, aber nur welche der D-Klasse, so daß sie frühestens in einer Woche eintreffen. Ihre Befehle lauten, in Verhandlungen einzutreten mit jedem, der die Bergbaubetriebe kontrolliert – den Kolonisten, de
Lisle und seinen Leuten oder den … Aufständischen.«
»Können sie das tun?« fragte Ruby. »Ein Abkommen mit
Verbündeten Shubs schließen?«
»Sicher können sie«, antwortete Ohnesorg. »Politiker denken
praktisch, wenn überhaupt. Sie benötigen das Kobalt, das auf
diesem Planeten gefördert wird, und sie werden mit jedem Geschäfte machen, der es ihnen liefern kann. Harte Zeiten erfordern harte Entscheidungen; zumindest werden sie es der Öffentlichkeit so verkaufen. Sollten die Aufständischen gewinnen und
den Anschein erwecken, auf Distanz zu Shub zu halten, wird das
Parlament mit ihnen Geschäfte machen. Ist auch egal. Nur ein
weiterer Grund, warum wir diese Schlacht gewinnen müssen.
Gebt die Nachricht weiter, Wild. Es wird Zeit zum Aufbruch.
Die Flaute erreicht das gewählte Schlachtfeld in wenig über
sechs Stunden, und wir möchten doch nicht zu spät kommen.«
Wild nickte, lief zur Menge hinüber und brüllte Befehle.
Männer und Frauen sammelten sich zu Kompanien und stellten
sich in Reihen auf, wie man es ihnen beigebracht hatte. Ohnesorg wandte sich an Ruby.
»Und los geht es, um die unseren erneut zu retten. Weißt du,
Ruby, ich habe das vermißt. Auf dem Schlachtfeld ist alles so
viel einfacher.«
»Genau dorthin gehören wir, Jakob. Mitten ins Getümmel
und bis zum Hals ins Blut. Der Frieden war nur ein Traum.
Man kann sich nicht gegen das Schicksal wehren.«
»Vielleicht«, sagte Ohnesorg. »Vielleicht.«
Das große Tor öffnete sich, und die letzte Armee von Vidar
marschierte Reihe auf Reihe durch die gewaltige Luftschleuse,
hinaus ins Wüten des Sturms. Vor lauter Erwartung der bevorstehenden Schlacht achteten sie des stürmischen Wetters nicht.
Sie kamen gut voran durch die dunkle, zerklüftete Landschaft,
und fünf Stunden später zogen sie durch ein schmales Tal, um
die offene Ebene zu erreichen, wo mit der Sturmflaute gerechnet wurde. Sie bauten ein Lager mit verstärkten Zelten auf und
warteten ungeduldig darauf, daß der Sturm vorüberging. Als
die Flaute schließlich einsetzte, erschien es ihnen wie Zauberei.
Die Stimme des Windes verklang wie die Schlußnote eines
Oratoriums, und plötzlich war es völlig still. Die Luft war unbewegt, wie im Auge eines Wirbelsturms, und der Staub sank
langsam zu Boden. Es war wie das Ende der Welt, die letzte
Pause vor dem
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