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Todtsteltzers Ehre

Todtsteltzers Ehre

Titel: Todtsteltzers Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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haben, und sobald wir mit Mutter Beatrice reden und uns
wieder erholen konnten …«
»Ich bin hier«, sagte eine warme und doch unterschwellig
gebieterische Stimme, und die Menge teilte sich, um der Obersten Mutter den Weg freizugeben. Die Menschen senkten tief
die Häupter, wenn sie an ihnen vorüberging. Mutter Beatrice
trug eine schlichte Nonnenkluft mit Schleier, nicht die viel eindrucksvolleren Roben, die sie mit ihrem Rang hätte tragen dürfen. Ein einfaches silbernes Kruzifix hing um ihren Hals und
ein hölzerner Rosenkranz an einer Hüfte, wie eine Waffe im
Halfter. Die Oberste Mutter war bleich und abgespannt, aber
die dunklen Augen wirkten ruhig, und sie hatte einen entschlossenen Zug um den Mund. »Dank dem lieben Gott, daß
Ihr endlich eingetroffen seid, Sir Todtsteltzer. Wir erwarten
Euch schon seit einiger Zeit.«
»Jemand hat warmes Essen und trockene Kleider erwähnt«,
sagte Owen.
»Natürlich«, sagte Mutter Beatrice. »Bitte folgt mir.«
Sie führte sie durch die Menge, die vor Owen und seiner
Gruppe erneut die Köpfe senkte, aber nicht annähernd so tief
wie zuvor für Sankt Bea. Auf die Freifläche folgte eine Reihe
niedriger Häuser mit schmalen Gassen dazwischen. Im Zentrum erhob sich ein morsches Gebäude von den Ausmaßen
einer Scheune, wie alles andere hier aus den einheimischen
schwarzen Bäumen errichtet. Die Innenräume entpuppten sich
als erstaunlich zivilisiert, mit allem üblichen Komfort, wenn
auch nur wenig Luxus. Owen und Mond zogen ihre klatschnassen Sachen in einem Zimmer aus, während die Frauen in ein
anderes geleitet wurden. Dicke, heiße Handtücher wurden gereicht, und Owen rubbelte sich forsch ab und stand dabei so
dicht an dem offenen Feuer, wie es nur ging. Langsam strömte
wieder Wärme durch ihn, und er streckte sich behaglich, in sich
versunken wie eine Katze. Er hatte nicht geahnt, daß ein solches Wohlgefühl daraus resultieren konnte, einfach nur trocken
zu sein und es warm zu haben.
Mond absolvierte seine Toilette mit stiller Gründlichkeit, ohne ein erkennbares Zeichen, daß er sie genießen würde. Die
Tür ging auf, gerade weit genug, damit ein Arm zwei Garnituren schlichter, aber zweckmäßiger Kleidung hineinwerfen
konnte, alles in Grau, gefolgt von den allgegenwärtigen Kapuzenmänteln. Der Arm zog sich zurück, und die Tür wurde wieder geschlossen. Owen suchte sich eine Garnitur zusammen.
Die Sachen erschienen ihm ausreichend robust, verrieten jedoch starken Gebrauch und häufiges Waschen. Mehr als ein
    Leprakranker hatte sie vor mir an, dachte Owen unbehaglich
und bemühte sich, nicht zu überlegen, wie viele Menschen
womöglich in diesen Kleidern gestorben waren. Er zuckte in
Gedanken die Achseln und zog die Sachen an. Es war ja nicht
so, daß er eine Wahl gehabt hätte.
    Er blickte zu Mond hinüber, der noch dabei war, sich abzureiben. Metallimplantate waren überall auf seiner bleichen
Haut deutlich zu sehen, aber das war es nicht, was Owens
Aufmerksamkeit weckte. »Ah, Mond …«
»Ja, Owen?«
    »Soweit ich gehört habe, sind alle Hadenmänner … geschlechtslos.«
»Ja«, bestätigte Mond. »Alle Geschlechtsteile werden entfernt, wenn ein Mensch zum Hadenmann wird.«
»Aber Ihr scheint einen vollen Satz von … na ja, allem zu
haben.«
»Richtig«, sagte Mond. »Sie sind nachgewachsen. Ständig
laufen in meinem Körper auch andere Veränderungen ab. Ich
glaube, daß das Labyrinth des Wahnsinns dafür verantwortlich
ist. Auf jeden Fall sind bestimmte Techimplantate verschwunden, vom Körper absorbiert. Ich scheine sie nicht mehr zu
brauchen. Ich konnte nicht feststellen, daß meine allgemeine
Effizienz darunter geritten hätte. Aber ich entwickle mich …
zum Menschen hin.«
Und ich habe mir Sorgen gemacht, das Labyrinth könnte
mich weniger menschlich machen, dachte Owen.
Owen und Mond gingen in den Gemeinschaftsraum hinüber,
in dem sich die drei Frauen schon an einem tosenden Holzfeuer
wärmten. Sie trugen ebenfalls die einfachen grauen Sachen,
komplett mit Umhang und Kapuze, allerdings hatte Hazel ihren
Rock hinten angehoben, um das Hinterteil besser am Feuer
wärmen zu können. Sie grinste Owen unbekümmert an.
»Wie ich sehe, trägst du auch die Grundausstattung. Grau
scheint dieses Jahr angesagt.«
»Ich hasse das Zeug«, verkündete Bonnie. »Welchen Sinn
haben Tätowierungen und Piercing, wenn man sie dann nicht
aller Welt zeigt?«
»Ich finde, es ist eine ungeheure Steigerung«, sagte

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