Todtsteltzers Ehre
nicht
die Kinder. Du könntest doch nicht einen netten, stillen Mordanschlag für mich planen, oder, Liebster? Er würde so viele
Probleme lösen.«
»Führe mich nicht in Versuchung«, sagte Robert. »Außerdem
– wen sollten wir auf ihn ansetzen? Owen Todtsteltzer? Kid
Death?«
»Führe mich nicht in Versuchung«, antwortete Adrienne.
»Nein, soll er weiterleben. Und sei es nur, weil sein Tod Evangeline so zu schaffen machen würde. Ich habe Evangeline sehr
gern, abgesehen von ihrem grauenhaften Geschmack, was
Männer angeht …«
Sie lächelten einander an. Adrienne Feldglöck hatte ein spitzes Gesicht, das von wilder Entschlossenheit kündete, unter
einem Mop lockiger goldener Haare, die das einzig Engelhafte
an ihr waren. Bei aller Welt galt sie als die grimmigste und
gefährlichste Intrigantin der aktuellen politischen Landschaft
und hatte entsprechend wenig echte Freunde und so viele Feinde, daß jeder, der sich ihnen anschließen wollte, auf eine Warteliste kam. Adrienne arbeitete hart, war erschreckend intelligent und verflucht viel ehrlicher, als gut für sie war; und obwohl niemand sie in eine offizielle Position gewählt hatte, repräsentierte sie eine Anzahl sehr einflußreicher Interessengruppen. Man konnte sich darauf verlassen, daß sie zu absolut jedem Thema eine präzise Meinung hatte.
»Und wie kommst du als Kapitän klar?« fragte sie.
»Ich gewöhne mich langsam, daran. Dabei hilft, daß die Besatzung mit meinen bisherigen Leistungen vertraut ist; sie
weiß, daß ich meine Stellung eigenen Fähigkeiten und nicht
plötzlichem Ruhm verdanke. Es ist ein großer Sprung vom
Navigationsoffizier zum Kapitän, aber ich nehme dabei ja niemandem den Platz weg. Der Flotte mangelt es verzweifelt an
erfahrenen Offizieren. Wenn es nur einen ähnlichen Mangel an
Feinden gäbe …«
»Fang jetzt nicht damit an!« verlangte Adrienne. »Ich höre
das täglich im Parlament. Zur Zeit haben wir weder das Geld
noch die Ressourcen, um die Flotte auf den Stand auszubauen,
den sie früher hatte. Die Fabriken arbeiten rund um die Uhr,
nur um die Schiffe herzustellen, die wir brauchen, um unsere
Planeten zu versorgen, und Leute, die jetzt Hunger leiden,
müssen Vorrang vor möglichen Gefahren in der Zukunft genießen. Die Rebellion war lange überfällig, aber manchmal
drängt sich mir die Frage auf, ob wir keinen günstigeren Zeitpunkt hätten wählen können.«
»Sie war die Geburt einer neuen Ordnung«, sagte Robert.
»Und eine Geburt ist stets schmerzhaft.«
Adrienne schniefte. »Zitiere mir gegenüber nicht die Propaganda, mein Junge. Ich habe sie zum größten Teil selbst mitverfaßt. Oh, verdammt, sieh nur, wer da kommt! Als ob ich
nicht schon genug Probleme hätte!«
Robert drehte sich um und gab sich Mühe, nicht zusammenzuzucken, als er Finlay und Evangeline näher kommen sah.
Evangeline machte ein freundliches Gesicht, und Finlay tat
ebenfalls sein Bestes. Robert spürte, wie Adrienne neben ihm
kochte, und flüsterte ihr ins Ohr: »Nimm es gelassen. Es wird
dich nicht umbringen, wenn du freundlich zu ihm bist.«
»Möchtest du wetten? Immerhin, ihr beide solltet euch unterhalten, Robert. Ich weiß, daß ihr euch nicht viel auseinander
macht, aber ihr gehört beide zur Familie. Das bedeutet immer
noch etwas, selbst in unserer verwirrten Zeit.«
»Er hat die Familie verlassen und sich den Rebellen angeschlossen, als der Clan ihn am meisten brauchte, so daß ich als
der Feldglöck antreten mußte. Ein Privileg, mit dem ich nie
gerechnet hatte und wofür ich keinerlei Erfahrung mitbrachte.«
»Er hatte keine Wahl. Er mußte seinem Herzen und damit
Evangeline folgen.« Plötzlich schnaubte Adrienne. »Ich kann
nicht glauben, daß ich ihn tatsächlich verteidige! Auch wenn er
mir einmal das Leben gerettet hat. Sieh mal, er wollte nie der
Feldglöck sein. Er wußte, daß er damit nur Schaden anrichten
würde. Du bist der Aufgabe viel mehr gewachsen. Du hast die
Familie am Leben gehalten, in einer Situation, in der sie unter
Finlay aus allen Rohren feuernd untergegangen wäre. Nimm
hin, was geschehen ist, und geh weiter deinen Weg. Versuche,
ein paar Brücken wieder zu reparieren. Heutzutage brauchen
wir alle Freunde, die wir nur finden können.«
Die vier begegneten sich auf einer kleinen Freifläche, die
sich wie von selbst um sie herum bildete. Alle in der Nähe erkannten einen möglichen Siedepunkt, wenn sie ihn erblickten.
Und sei es nur, um keine Blutspritzer auf ihre
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