Todtstelzers Krieg
Shreck und sein Kameramann Flynn rannten eine enge
Gasse entlang. Die Häuser zu beiden Seiten brannten lichterloh
wie Freudenfeuer unter einem blutigroten Himmel. Die Luft
war dick von fettem, schwarzem Ruß und glühender Asche,
und es war so heiß, daß sie sich Gesicht und Hände verbrannten . Flynns Kamera tanzte über ihnen in der Luft, schoß die
besten Aufnahmen, die unter diesen Umständen möglich waren, und schickte alles live hinaus. Hoch oben regneten Tod
und Zerstörung aus Imperialen Kriegsschiffen herab, und Energiestrahlen von ganzen Batterien von Disruptorkanonen brachten Häuser zum Einsturz und zerfetzten Straßen. Überall rannten Leute durcheinander, und alle hielten irgendeine Art von
Waffe in den Händen. Tobias wußte längst nicht mehr, wo auf
Virimonde sie sich gerade befanden. Eine brennende Stadt sah
aus wie die andere, und wohin sie auch kamen, überall legen
Berge von Leichen im Weg. Männer, Frauen und Kinder lagen
in anonymen, blutgetränkten Gruppen übereinander, niedergestochen und zerhackt oder verbrannt im Energiefeuer eines Disruptors. Tobias hatte in seinem Leben noch kein derartiges Gemetzel gesehen. Die Löwenstein mußte den Verstand
verloren haben. Das hier ging weit über die Bestrafung eines
Rebellionsversuchs hinaus, und es war auch weit mehr als ein
Exempel, um andere Welten zu entmutigen. Nichts im Universum konnte ein derartiges Blutbad rechtfertigen. Hin und wieder kam ihm der Gedanke, daß seine Aufnahmen wahrscheinlich sensationell waren. Niemand hatte jemals zuvor eine Invasion aus so großer Nähe gefilmt. Er hoffte nur, daß irgend jemand es sah. Er traute den Imperialen Schiffen durchaus zu,
alle Signale bis auf die eigenen zu stören. Tobias schnitt im
Rennen eine Grimasse. Er war müde; doch er haßte den Gedanken, daß all seine Mühe umsonst gewesen sein könnte.
Die Explosion traf ihn völlig überraschend. Direkt neben ihm
flog ein ganzes Haus in die Luft. Er hörte nur ein Geräusch wie
Donner, und dann wurde er von irgend etwas gepackt und
durch die Gasse geschleudert. Er prallte hart auf das Kopfsteinpflaster, und seine Kleidung zerriß. Er versuchte, seinen
Kopf unter den hochgerissenen Armen zu schützen, als ringsum zerfetztes Mauerwerk niederprasselte. Steine trafen ihn auf
dem Rücken und an Armen und Beinen, und er schrie laut auf;
doch seine Stimme ging im allgemeinen Lärm unter. Irgendwann war es vorbei, und Tobias hob vorsichtig den Kopf und
spähte um sich. Die halbe Straße lag in Trümmern. Flynn war
nicht weit entfernt. Der Kameramann war halb unter zusammengebrochenem Mauerwerk begraben. Tobias zwang sich auf
die Beine und stolperte zu Flynn. In seinen Ohren klingelte es;
seine Hände zitterten, und seine Beine fühlten sich an, als gehörten sie jemand anderem; aber Tobias vergaß das alles, als er
sich über Flynn beugte. O Gott , sei nicht tot, Flynn! Bitte sei
nicht tot! Ich habe dich nicht zum Sterben mit genommen. Seine tastende Hand fand einen schwachen Puls an Flynns Hals,
und Tobias entspannte sich wieder ein wenig. Er fing an, die
Ziegelsteine von Flynn weg zuräumen, einen nach dem anderen. Ihm schien, als würden sie überhaupt nicht weniger.
Er hatte kaum richtig angefangen, als eine Kompanie Imperialer Marineinfanteristen im Laufschritt durch die Gasse marschierte. Sie hielten schußbereite Waffen in den Händen. Der
Unteroffizier erblickte Tobias und richtete die Waffe auf ihn.
Tobias hob die Hände.
»Nicht schießen! Ich bin Reporter! Ich berichte über die Invasion!«
Der Sergeant rümpfte enttäuscht die Nase und bedeutete seinen Männern mit einem Wink, die Waffen zu senken und stehenzubleiben. Dann funkelte er Tobias drohend von oben herab
an. »Was macht Ihr dort? Ihr härtet diese Gegend längst verlassen sollen!«
»Mein Kameramann ist hier drunter verschüttet«, sagte Tobias und nahm vorsichtig die Hände runter. »Helft mir, ihn wieder auszugraben, und wir verschwinden von hier wie der
Blitz.«
»Alles, wenn Ihr nur so schnell wie möglich verschwindet.
Ich weiß sowieso nicht, warum die Imperatorin Euch überhaupt
hier haben wollte.«
Er winkte ein paar seiner Leute herbei, und sie halfen Tobias,
die restlichen Trümmer über Flynn beiseite zu räumen. Und da
erst bemerkte Tobias, daß entweder die Gewalt der Explosion,
oder die scharfen Ränder der zerbrochenen Steine Flynns Kleider aufgerissen hatten und allen einen freizügigen Blick auf die
spitzenbesetzte
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