Todtstelzers Krieg
viel zu beschäftigt, um mit Tobias zu
reden, und die wenigen, die ihm ein Interview gewährten, waren in der Regel zu derb in ihren Antworten. Und man durfte
schließlich nicht allzusehr übertreiben.
Tobias steuerte den Schlitten so nah an Jung Jakob Ohnesorg
heran, wie er nur konnte. Falls im Zweifel, folge einfach dem
Geschehen. Und so kam es, daß Tobias und Flynn in der idealen Position waren, um die Granate zu sehen, die aus den Reihen der Verteidiger geschleudert wurde, und die fast in Zeitlupe auf den jungen Jakob Ohnesorg zusegelte. Die Granate flog
genau vor der Linse der Kamera vorbei, hing auf dem höchsten
Punkt ihrer Flugbahn Sekundenbruchteile reglos in der Luft
und fiel dann Jakob Ohnesorg direkt vor die Füße. Viele Rebellen hatten sie kommen gesehen und schrien laute Warnungen;
doch in der dicht gedrängten Menge von Kämpfern hatte Jakob
keine Möglichkeit auszuweichen. Die Granate ging direkt vor
ihm hoch, und er wurde von der vollen Wucht der Explosion
getroffen . Die Druckwelle schleuderte ihn zur Seite und durch
Freund und Feind gleichermaßen hindurch, und er krachte in
die hohe Steinmauer, die diesen Teil der Straße begrenzte. Die
Mauer schwankte und kippte nach vorn, und ihre Trümmer
begruben alles unter sich, was ihrem Fall im Weg stand. Dutzende anderer Kämpfer, Rebellen und Imperiale ohne Ausnahme , waren von den Splittern der Granate getroffen worden
und lagen schreiend am Boden.
Evangeline, Finlay und Julian hatten hinter dem hastig errichteten psionischen Schild des Espers Deckung gefunden. Als
er jetzt wieder verschwand, rief Finlay den Rebellen zu, die
Lücke zu stopfen und die Imperialen abzuwehren, damit er die
Trümmer der umgestürzten Mauer wegräumen konnte . Männer
und Frauen stürzten sich nach vorn, und alles rief Finlay zu,
um Gottes willen den jungen Jakob Ohnesorg zu retten. Finlay
war ziemlich sicher, daß Ohnesorg tot sein mußte. Aber vielleicht gab es ja doch noch den Hauch einer Chance …
Er beugte sich über die Trümmer und begann, Ziegelsteine
wegzuräumen. Bald waren Evangeline und Julian an seiner
Seite und halfen ihm. Weitere Rebellen drängten heran und
wollten ebenfalls helfen, aber sie standen nur im Weg. Julian
errichtete einen psionischen Schirm, um die überzähligen Helfer abzuhalten, bis sie verstanden hatten, worum es ging. Finlay
und Evangeline gruben weiter. Es dauerte nicht lange, bis sie
die ersten Gliedmaßen fanden. Die Wucht der Explosion hatte
ihre Opfer buchstäblich zerrissen. Finlay und Evangeline gruben weiter und durch die blutigen Überreste hindurch. Flynns
Kamera schwebte über ihren Köpfen und filmte alles. Einige
der abgerissenen Gliedmaßen zuckten noch. Finlay und Evangeline gruben sich durch die sterblichen Überreste ihrer Kameraden, und ihre Arme waren bis zu den Ellbogen voller Blut.
Schließlich kamen sie zu dem, was von Jung Jakob Ohnesorg
übriggeblieben war. Sekundenlang standen sie da wie erstarrt,
betäubt von dem sich bietenden Anblick, der sich ihnen bot.
Dann drehte Finlay sich um und starrte Tobias und Flynn an.
»Schaltet die Liveübertragung ab! Auf der Stelle abschalten,
sage ich!«
Tobias lehnte sich über den Rand des Schlittens und wollte
mit Finlay diskutieren. Er blickte an Finlay vorbei und sah, was
Finlay gesehen hatte – und er zuckte zusammen und gab Flynn
einen scharfen Wink, der keinen Widerspruch duldete. Der
Kameramann nickte und beendete die Liveübertragung; doch
er hielt die Kamera weiter auf die Szene gerichtet und filmte.
Finlay und Evangeline beugten sich über das Loch, und Tobias
lenkte den Antigravschlitten über die beiden und den freigelegten Körper von Jung Jakob Ohnesorg.
Die Wucht der Explosion hatte einen großen Teil der Haut
des legendären Rebellen weggerissen, und darunter war blau
glänzender Stahl zum Vorschein gekommen. Jung Jakobs Gesicht war verschwunden, bis auf den metallenen Schädel darunter. Die Augenhöhlen waren leer, doch die weißen Zähne waren unversehrt und verliehen dem Metallschädel ein beunruhigend menschliches Lächeln. Jung Jakob Ohnesorg war eine
Furie. Ein Spion von Shub, eine Maschine in Menschengestalt,
die sich unter einer menschlichen Haut versteckt hatte. Und die
Furie lebte noch. Die unteren Extremitäten waren von der umgestürzten Mauer zerquetscht worden, und ein Arm fehlte;
doch Torso und Kopf waren größtenteils noch intakt. Die Furie
hob den Metallschädel ein wenig und nickte Finlay und
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