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Todtstelzers Krieg

Todtstelzers Krieg

Titel: Todtstelzers Krieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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allgemeinen Chaos bemerkte niemand ihr Verschwinden. Zufrieden, endlich alles Notwendige getan zu haben, zog
sich die Mater Mundi wieder zurück und wartete darauf, daß
sie erneut gebraucht wurde.
Am Hof der Löwenstein hatte die Hölle Fuß gefaßt und blühte
und gedieh wie eine dunkle, giftige Blume. Überall waren
Flammen, und ihr goldenes und purpurnes Licht war manchmal
die einzige Lichtquelle in der bedrückenden Finsternis. Die
Luft war schwer vom Gestank nach Schwefel, vergossenem
Blut und verbranntem menschlichen Fleisch. Man hatte gefangene Rebellen auf rohen Holzstangen gepfählt oder sie auf die
Metalldornen von Streckbänken gespießt, die sie langsam auseinanderrissen. Die Leichen toter Berater hingen an Ketten
herab. Raben fraßen an ihren Augen und rissen Stücke aus ihren Gesichtern, und sie sprachen mit schrillen menschlichen
Stimmen. Es war gefährlich geworden, die Imperatorin jetzt
noch zu enttäuschen. Blutrote Engel mit brennenden Schwingen standen in gestaffelten Reihen hinter dem Thron. Sie trugen Monofaserschwerter, unehrenhafte Waffen, doch die Löwenstein scherte sich längst nicht mehr um derartige Belanglosigkeiten.
    Mißtrauisch durchschritten Kapitän Johan Schwejksam und
Investigator Frost zusammen mit ihrem Sicherheitsoffizier K.
Stelmach die blutroten Nebel der Hölle und achteten vorsichtig
darauf, den gelben Schwefeldämpfen auszuweichen, die in unregelmäßigen Abständen aus den glühenden Aschekratern entwichen. Sie blieben dicht beieinander und bemühten sich, nicht
allzu neugierig in die Runde zu blicken, während sie sich auf
dem direktesten Weg dem Thron näherten, der unter den gegebenen Umstanden möglich war. Von Zeit zu Zeit knirschten
kleinere Knochen unter ihren Sohlen. Sie sahen aus, als stammten sie von Vögeln oder anderen kleinen Tieren. Oder von
Kindern. An einigen befanden sich noch Reste von Fleisch und
Haut. Hin und wieder schrien Menschen auf, die an Ketten
herabbaumelten oder gekreuzigt an Metallbäumen hingen,
wenn die drei vorüberkamen. Sie bettelten um Hilfe oder einfach nur um einen Schluck Wasser. Schwejksam und Frost
blickten stur geradeaus und antworteten nicht. Sie wußten, daß
sie nichts tun konnten. Jedenfalls nichts, das man ihnen erlaubt
hätte. Stelmach weinte leise vor sich hin und schniefte die Tränen hoch.
    Man hatte die drei nach Golgatha zurückbefohlen und von
dort aus in die Tiefen des Imperialen Palasts. Sie waren auf
direkten Befehl der Imperatorin persönlich gekommen. Die
Eiserne Hexe hatte höchste Sicherheitskodes benutzt, die nur
dann zum Einsatz kamen, wenn der Thron in allergrößter Gefahr schwebte.
    Und so waren die drei selbstverständlich gekommen. Sie hatten die Rebellen und die Kämpfe genauso ignoriert wie die
Hilferufe belagerter Imperialer Streitkräfte, so dringend hatten
Löwensteins Befehle geklungen. Sie wußten noch nicht, daß
der Krieg an der Oberfläche längst verloren war; doch es hätte
sie auch nicht weiter überrascht. Sie hatten die Liveübertragungen von Virimonde gesehen, und selbst Frost war schokkiert gewesen. Schwejksam hatte geknurrt, daß nur eine
Wahnsinnige derartige Befehle erteilt haben konnte, und weder
Frost noch Stelmach hatten ihm widersprochen. Auf dem Weg
nach Golgatha hatten sie über die Rebellion diskutiert; aber
ihre Loyalität hatte keine Sekunde in Frage gestanden, ganz
egal, was auch geschehen sein mochte . Die drei hatten dem
Eisernen Thron und ihrer Imperatorin die Treue geschworen,
und man verriet seine Ehre nicht, nur weil die Dinge vielleicht
im Augenblick schlecht standen. Manchmal, wenn es wirklich
ganz schlimm kam, war die Ehre das einzige, was einem noch
blieb.
    Und so stapften die drei durch die Hölle, durch Hitze und
Nebel und vorbei am Leiden der Verdammten. Diesmal waren
keine Wachen gekommen, um sie zu begleiten. Schwejksam
fragte sich, ob das ein Zeichen des Vertrauens bedeutete, oder
ob die Löwenstein einfach nicht mehr genug Leibwachen besaß. Es spielte keine Rolle. Sie waren hier; man hatte sie aus
der Ungnade zurückgerufen, und die Ehre ihres Schiffes und
seiner Besatzung war wiederhergestellt. Schwejksam hatte gehofft, die Gelegenheit nutzen und der Löwenstein ein wenig
Vernunft einreden zu können; doch seit dem ersten Blick auf
die gegenwärtige Staffage des Imperialen Hofs zweifelte er
ernsthaft, ob das überhaupt noch möglich war. Der Hof war ein
Spiegel des seelischen Zustands Ihrer Majestät, und

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