Todtstelzers Krieg
wartete, bis die beiden Marineinfanteristen mit ihrem Gefangen auf Armeslänge an ihn herangekommen waren, bevor er sich zu ihnen umwandte und ihre Anwesenheit zur Kenntnis nahm. Sein düsteres Gesicht war gelassen
wie immer, doch in seinen Augen brannte ein brutales Feuer, das
selbst zwei so hartgesottene Burschen wie Kast und Morgan
einen Schauder über den Rücken jagte. Sie verbeugten sich hastig vor dem Investigator und schlugen ihren Gefangenen, bis er
es ihnen gleichtat. Schweigend betrachtete Razor den Mann eine
Weile. Der Gefangene war gut gekleidet, obwohl seine Kleidung
im Augenblick zerrissen und schmutzig und mit seinem eigenen
Blut besudelt war. Sein Gesicht war zerschlagen und geschwollen. Ganz offensichtlich hatten Kast und Morgan ihn nicht gerade mit Samthandschuhen angepackt.
»Und wen haben wir da?« erkundigte sich Razor.
»Einen Verräter und Informanten, Sir«, meldete Kast fröhlich. »Sein Name lautet Artemis Daley. Er behauptet, jemand
zu sein, der in Nebelhafen die Fäden zieht. Er hat versprochen,
uns mit nützlichen Informationen zu versorgen, wenn wir die
Gebäude und Grundstücke in Frieden lassen, die ihm gehören
oder an denen er interessiert ist. Er hat sich sogar bereit erklärt,
uns eine Karte mit diesen Besitztümern zu zeichnen. Ist das
nicht äußerst hilfreich? Unter einem gewissen Druck hat er sich
dann auch noch erboten, uns eine weitere Karte zu zeichnen,
die uns ganz genau zeigt, wo der Rat von Nebelhafen sich gegenwärtig versteckt hält. Als Gegenleistung für sein Leben und
seine körperliche Unversehrtheit, sozusagen . Also haben wir
ihn zu Euch gebracht, Sir . Wenn er ist, wer er zu sein behauptet, und wenn er weiß, was er zu wissen behauptet, dann könnte
er tatsächlich nützlich sein. Und bevor Ihr darüber nachdenkt,
Sir, meinen Freund hier und mich zu belobigen oder uns womöglich sogar zu befördern, dann möchten wir sagen, daß wir
nur unsere Pflicht getan haben, Sir.«
»Aber die Gehaltserhöhung würden wir trotzdem nehmen,
Sir«, fügte Morgan hinzu. »Oder einen Orden, falls welche
verliehen werden.«
»Ihr habt Euch wacker geschlagen«, lobte Razor. »Und jetzt
schweigt.« Er wandte sich an den Gefangenen, und ein schwaches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Der Gefangene wurde,
wenn das überhaupt möglich war, noch nervöser als zuvor. Razor trat näher. »Ich kenne Euch, Artemis Daley. Ihr seid in den
Akten. Ihr macht alle möglichen Geschäfte – egal ob illegal oder
nicht. Ein mittelgroßer Fisch in einem ziemlich kleinen Teich.
Ihr habt uns in der Vergangenheit die eine oder andere Information verkauft . Nichts von wirklicher Bedeutung, trotzdem
ausreichend, um Euch zu einem von uns zu machen. Also, redet,
Artemis. Verratet mir, wo sich meine Feinde verstecken.«
»Wir … wir müssen uns noch über den Preis verständigen,
Euer Ehren«, stammelte Daley. Er hatte Mühe, seine Stimme
unter Kontrolle zu halten. »Ich bin schließlich ein ehrenwerter
Geschäftsmann, der nur versucht, in schweren Zeiten einen
kleinen Profit herauszuschlagen. Ich habe kein Interesse am
Krieg, Sir. Trotzdem darf ein Mann in meiner Position sich
nicht dazu hinreißen lassen, wertvolle Informationen einfach so
wegzugeben . Es könnte publik werden. Mein Ruf wäre ruiniert.
Ich bin sicher, Ihr versteht, was ich meine.«
»Ich verstehe genau, was Ihr meint«, entgegnete Razor. Er
warf einen Blick zu Kast. »Bringt ihn um.«
»Wartet! Wartet!« Daley wollte zurückweichen, doch Kast
und Morgan hatten ihn sicher im Griff. Sie zwangen ihn auf die
Knie. Daley zitterte so heftig, daß Schweißtropfen von seiner
Stirn in den Schnee fielen. »Wartet, Euer Ehren! Erlaubt mir,
Euch … eine kleine Kleinigkeit als Zeichen meines guten Willens zu geben. Der Rat … Ihr findet ihn im Diebesviertel. Er
versteckt sich in der Schwarzdorn -Taverne.« Er blickte Razor
hoffnungsvoll an. »Ich würde Euch mit Freuden eine Karte
zeichnen, Euer Ehren, aus der ersichtlich wird, wo genau diese
Taverne zu finden ist, aber es ist ein wenig schwer zu zeichnen,
wenn man auf den Knien rutschen muß …«
»Wir besitzen unsere eigenen Karten«, unterbrach ihn Razor.
»Außerdem haben wir alles, was wir von Euch wollten.« Er
nickte Kast und Morgan zu. »Statuiert ein Exempel an diesem
Verräter.«
Kast und Morgan nickten fröhlich und zerrten Daley davon.
Daley trat und zappelte, aber das verlangsamte den Schritt der
beiden Soldaten noch nicht
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