Todtstelzers Schicksal
jagte das Schiff hoch. Der
Bildschirm fiel aus, und für einen langen Augenblick blieb es
ganz still im Parlament …
Vielleicht hätten die Menschen den Schock überwunden, wäre nicht das Schlimmste erst noch eingetreten. Jemand klopfte
heftig von außen an die verschlossene Haupttür. Langsam
wandten sich die Köpfe dorthin, und Robert bedeutete den
nächststehenden Gardesoldaten, sie sollten die Tür aufschließen. Sie taten es, und Toby Shreck kam hereingestürmt, Flynn
auf den Fersen.
»Wir kennen den Überträger der Nanoseuche!«, schrie Toby
sofort. »Der Name steht in Gutmanns Dateien! Es ist Daniel
Wolf!«
Und Daniel Wolf, der der Entdeckung durch die Esper entgangen war, weil er nicht wusste, dass er ein Verräter war,
stieß das Heulen der Verdammten aus, als die unterdrückten
Erinnerungen wieder auf ihn einstürmten – an seine Reise nach Shub und das, was ihm dort angetan worden war. Er erinnerte
sich an die Fahrten zu all den infizierten Planeten und all die
Menschen, die er berührt und unwissentlich zum Tode verurteilt hatte. Und noch während er brüllend den Verstand verlor,
übernahm ihn eine tief verankerte Programmierung durch Shub , lief er zur offenen Tür und stieß dabei Leute zur Seite.
Gardisten eröffneten das Feuer mit Kugeln und Energiestrahlen, aber nichts davon hielt ihn auf, weil seine Nanotech jede
Verletzung sofort behob. Einen Augenblick später war er verschwunden, und nur die Echos seiner verzweifelten Schreie
liefen noch durch den sonst stillen Plenarsaal.
K APITEL D REI
Z
ERO
Z
ERO
Kapitän Johan Schwejksam saß zusammengesunken im Kommandosessel auf der Brücke der Unerschrocken und musterte
das rätselhafte Abbild des Planeten Zero Zero auf dem Hauptbildschirm. Er empfand das starke Bedürfnis, etwas Schweres
und Scharfkantiges auf den Monitor zu werfen. Die Unerschrocken hatte Kurs auf den Abgrund und die Dunkelwüste dahinter genommen, bis eine Kursänderung, die das Parlament
im letzten Augenblick verfügte, sie hierher führte: zu dem einen Planeten des Imperiums, der womöglich noch gefährlicher
war als die endlose Nacht der Dunkelwüste , Zero Zero ; dem
Planeten, von dem niemand mehr zurückkehrte. Seit Jahrhunderten war eine strenge Quarantäne darüber verhängt, seit dem
Ausbruch der Nanotech. Dort unten konnte einfach alles lauern. Einfach alles. Das Parlament hoffte, eine Heilung für die
Nanoseuche zu finden, und hatte Schwejksam und seine Besatzung losgeschickt, um danach zu suchen. Niemand hatte die
Leute von der Unerschrocken gefragt, was sie davon hielten.
Schwejksam rümpfte verdrossen die Nase und haute mit den
Stäbchen kräftig in die Schüssel mit seiner Mahlzeit. Normalerweise speiste er nicht auf der Brücke – das hätte nur Schludrigkeit gefördert und ihn abgelenkt –, aber jetzt, wo sie hier
waren, er konnte nicht riskieren, die Brücke zu verlassen. Der
Planet sah aus dem Orbit recht hübsch aus, wie eine pastellfarbene Rose mit versteckten Giftdornen. Schwejksam mampfte
mannhaft seine Konzentratmahlzeit. Sie war besser als Proteinwürfel, aber nur knapp.
Zero Zero – ein Planet, der so gefährlich war, dass sogar Shub lieber auf sichere Distanz hielt. Der Ort, wo man der imperialen Wissenschaft Gelegenheit gegeben hatte, Amok zu
laufen und an den Fundamenten der Schöpfung herumzumurksen. Schwejksam und seine Besatzung standen jedoch in dem
Ruf, mit unmöglich gefährlichen Situationen fertig werden und
sie überleben zu können, und da man sie letzten Endes doch als
entbehrlich betrachtete, waren sie nun hier. Eigentlich hätte ein
weiterer Sternenkreuzer präsent sein und die Quarantäne schützen müssen, aber da Schiffe inzwischen so selten geworden
waren, hatte man ihn schon vor längerer Zeit zurückgerufen,
damit er in den Krieg eingriff. Die aktuelle Denkschule besagte, dass jemand, der dumm genug war und auf Zero Zero landete, alle äußerst unangenehmen Dinge verdient hatte, die ihm
dort zustießen. Schwejksam hatte schon beschlossen, nicht
mehr zu riskieren als die kleinste noch praktische Landungsgruppe. Zu schade, dass er selbst dazugehören musste.
»Kapitän! Ich empfange Signale von zwei nicht identifizierten Fahrzeugen auf hoher Umlaufbahn«, meldete seine neue
Komm-Offizierin Morag Tal. Sie war groß und blond und
intelligent und eifrig bedacht, ihm zu gefallen. Sie wirkte unglaublich jung, aber andererseits hatte Schwejksam bei vielen
seiner Besatzungsmitglieder diesen Eindruck.
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