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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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einer einzelnen bewussten Gestalt angehörten, war die Gefahr,
die von abtrünnigen Espern ausging, weitgehend beseitigt, aber
niemand ging irgendein Risiko ein. Krähen-Hanni marschierte
unruhig auf und ab und kontrollierte immer wieder jedes kleine
Detail. Sie war eine große dralle Brünette, angetan mit Ketten
und Leder, das Gesicht bunt angemalt, mit Bändern im Haar,
einem Schultergurt voller Wurfsterne über dem eindrucksvollen Busen und einem finsteren Blick, der auf zwanzig Schritt
Distanz Stahl zertrümmern konnte. Wo immer sie entlangging,
beeilten sich die Leute, ihr Platz zu machen. Sie hatte entschieden, dass Hochzeit und Krönung absolut perfekt verlaufen
würden, und Gott mochte jedem helfen, der diesem Bestreben
in den Weg kam. Dabei half, dass sich Krähen-Hanni von niemandem etwas gefallen ließ, ob nun von den höchstgestellten
Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens oder dem niedrigsten
Lakaien. Sogar Chantelle fand sehr schnell dringende Gründe,
sich fortzubegeben, wenn Krähen-Hanni herumstreifte.
    Gerade reagierte sie auf etliche Beschwerden und nicht wenige händeringend vorgetragene Bitten, etwas bezüglich des
Chores zu unternehmen. Diese handverlesenen, aufgrund der
Reinheit ihrer Stimmen ausgesuchten jungen Sänger liefen zur
Zeit Amok und richteten mehr Verwüstungen an als ein Grendel mit Hämorrhoiden. Die Chorsänger sahen vielleicht wie
kleine Engel aus in ihren gestärkten Rüschenchorhemden und
zarten Halskrausen, aber geschützt durch ihre Wichtigkeit hatten sie die Gelegenheit beim Schöpf ergriffen und benahmen
sich wie kleine Teufel.
    Um fair zu sein: Der älteste war gerade elf, und obwohl man
ihnen den Ernst und die Bedeutung des Anlasses eingetrichtert
hatte, waren nur zehn Minuten nötig gewesen, in denen sie dem
totalen Chaos ausgesetzt waren, um sie in eine übererregte
Stimmung zu versetzen, bis hin zu dem Extrem: Sehen wir mal,
womit wir durchkommen! Sie rannten wie tanzende Derwische
hin und her, kreischten und schimpften und gerieten aller Welt
in die Quere. Sie schlichen sich schneller in die Küchen ein, als
man sie wieder hinauswerfen konnte. Zwei hatten bemerkenswertes Geschick als Taschendiebe entwickelt; zwei weitere
hatten ein Würfelspiel aufgebaut und forderten jeden heraus,
der vorbeikam; und ein dritter übergab sich vor lauter Aufregung gerade in eine Topfpflanze. Ein kleiner Cherubim hatte
einen Buntstift eingeschmuggelt und bedeckte zur Zeit geschäftig die untere Fläche einer Wand mit zum Glück unverständlichem Graffiti. Hinter ihm nutzte ein weiterer Sängerknabe gerade die Konzentration des Wandmalers, um die
Rückseite seines Chorhemdes in Brand zu setzen. Der Chorleiter lief hin und her und blökte mitleiderregend, wurde jedoch
von allen ignoriert.
    Und dann traf Krähen-Hanni ein. Die Sängerknaben warfen
ihr einen Blick zu, erkannten auf den ersten Blick, dass ernste
Schwierigkeiten drohten, und versuchten sich in alle Richtungen zu verstreuen, aber irgendwie tauchte immer ein Elf an der
richtigen Stelle auf, um sich einen zu packen. Krähen-Hanni
stellte eine Handvoll Brieftaschen und sonstige Wertsachen
sicher und gab sie den überraschten Eigentümern zurück, konfiszierte den Buntstift und leerte eine der etwas billigeren
Weinflaschen über dem brennenden Chorhemd. Dann hielt sie
dem versammelten Chor eine kurze, aber nachdrückliche Ansprache und schickte ihn dann in einen angrenzenden Raum,
wo die Jungen warten sollten, bis man sie rief. Niemand sonst
bekam die Ansprache mit, aber niemand hatte je erlebt, wie die
Farbe aus so vielen Gesichtern zugleich schwand. Als KrähenHanni die Sängerknaben schließlich freigab, begaben sie sich
unverzüglich ins Privatzimmer und drängten sich dabei schutzsuchend zusammen, gefolgt von einem erleichterten, aber gleichermaßen erschütterten Chorleiter, der Krähen-Hannis Rükken das Kreuzzeichen zeigte, als er glaubte, dass sie gerade
nicht hinsah.
    Ein gutes Stück außerhalb des Aufruhrs und Lärms stand der
Priester, der mit der Durchführung der Hochzeitszeremonie
betraut war, und betrachtete alles mit ruhigem, kaltem Blick:
Kardinal Brendan. Weder Robert noch Konstanze hatten sich
eine solch offen politische Figur für ihre Hochzeit gewünscht,
aber ihre eigene Kandidatin, Sankt Beatrice, hatte höflich abgelehnt, ihre Mission auf Lachrymae Christi zu verlassen, wo sie
dringender gebraucht wurde, wie sie fand. Alle anderen an der
Planung der

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