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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon R. Green
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kann nachts nicht schlafen. Ich habe im
Krieg … schreckliche Dinge getan, um zu überleben. Schreckliche Dinge. Gespenster sitzen mir im Nacken, Gespenster mit
vertrauten Gesichtern. Ich fahre zusammen, wenn ich laute
Geräusche höre, und manchmal tue ich Menschen ohne Grund
weh. Ich weiß gar nicht mehr, wer ich bin. Ich bin nicht mehr
der Mann von früher, und ich fürchte mich vor dem, was ich
geworden bin. Also erklärt mir, Ohnesorg: Wozu hat das alles
letztlich gedient?«
»Ich verstehe, wie Ihr Euch fühlt«, sagte Ohnesorg. »Ich verstehe es wirklich. Zuzeiten ist es mir nicht anders ergangen. Ich
habe jedoch meine Lektion gelernt. Ich bin nach Golgatha zurückgekehrt, um Hausputz zu halten. Keine Absprachen mehr,
keine Kompromisse mehr. Diesmal bringe ich die Dinge in
Ordnung, oder ich sterbe bei dem Versuch.«
»Worte!« meinte Hartmann. »Ihr konntet schon immer gut
mit Worten umgehen, Jakob Ohnesorg.«
»Was möchtest du eigentlich?«, fragte Ruby. »Geld? Öffentliche Aufmerksamkeit? Eine Art Lösegeld für das Leben deiner
Geisel?«
Hartmann wirkte für einen Augenblick verwirrt. »Nein. Nein,
mit ihr wollte ich nur sicherstellen, dass ich Eure Aufmerksamkeit erhielt. Ich musste sichergehen, dass Ihr mir zuhören
würdet.« Er senkte die Pistole und schubste die Reporterin
weg. »Geh! Geh schon, verschwinde von hier.« Er sah desinteressiert zu, wie sie zu ihren Kollegen rannte, dort Sicherheit
suchte. Nichts rührte sich in Hartmanns Gesicht, als er beobachtete, wie Thompson die weinende Reporterin in den Armen hielt. Hartmann wandte sich wieder Ohnesorg und Ruby
zu, zielte im Augenblick nicht mit der Waffe. »So«, sagte er.
»Jetzt stehe ich nur noch Euch gegenüber.«
»Steckt die Waffe weg«, verlangte Ohnesorg. »Dur braucht
sie nicht mehr.«
»Doch, das tue ich«, sagte Hartmann.
»Du kannst uns nicht verletzen«, stellte Ruby fest.
»Das weiß ich«, sagte Hartmann. »Ich bin nicht dumm. Ich
denke nicht, dass irgendetwas Euch noch verletzen kann. Ich
habe jedoch alles gesagt, was ich sagen musste. Und ich kann
nicht mit all dem leben, was ich für Euch getan habe. Mit dem,
was aus mir geworden ist.«
Er steckte sich den Lauf der Pistole in den Mund und pustete
sich den Hinterkopf weg. Mit einem leisen, besiegten Geräusch
brach er auf dem Landeplatz zusammen. Und eine Zeit lang
war nichts anderes zu hören als das leise Schluchzen der Geisel
und das Surren der Nachrichtenkameras, die alles aufnahmen.
Ohnesorg trat langsam vor und blickte auf die Leiche hinunter.
»Es tut mir leid, Gray Hartmann.«
»Uns braucht nichts leidzutun«, sagte Ruby. »Im Interesse aller musste Löwenstein gestürzt werden. Wo war er, als nur wir
fünf dem ganzen verdammten Imperium gegenüberstanden?«
Ohnesorg sah sie an. »Wir haben es einfach nicht mitbekommen, als Peter Wild auf Loki fiel, nicht wahr?«
Ruby zuckte wütend die Achseln. »Im Krieg sterben nun mal
Menschen. Soldaten töten und sterben. Dazu sind sie da. Hartmann hat die Chance erhalten, für etwas zu kämpfen, das wirklich wichtig war. Nur darauf kommt es an, oder nicht?«
Ohnesorg betrachtete sie lange, das Gesicht starr und kalt.
»Es muss noch auf etwas anderes ankommen, Ruby. Das muss
es einfach.«
Jemand rief in einem amtlichen Tonfall Ohnesorgs Namen,
und alle drehten sich um und erblickten einen Sendboten des
Parlaments, der mit einer Kompanie bewaffneter Wachleute
auf dem Landeplatz eingetroffen war. Der Sendbote trug stolz
seine amtliche scharlachrote Schärpe, achtete aber sorgsam
darauf, dass die Hauptmacht seiner Wachleute zwischen ihm
auf der einen Seite und Ohnesorg und Ruby auf der anderen
Seite stand. Die Mienen der Reporter hellten sich auf, als sie
einen weiteren möglichen Konflikt witterten. Sogar die Exgeisel hörte auf zu schniefen und verfolgte das Geschehen. In der
Luft kämpften die Kameras aufs Neue um die besten Blickwinkel. Der Sendbote blieb in respektvoller Entfernung zu Ohnesorg und Ruby abrupt stehen und hob an zu sprechen, da
bemerkte er die Leiche mit dem zur Hälfte fehlenden Kopf auf
dem Boden. Er schluckte vernehmlich, straffte dann die Schultern und tat sein Bestes, um Ohnesorg mit einem befehlenden
Blick zu bannen.
»Macht Euch nicht die Mühe«, sagte Ohnesorg. »Lasst mich
raten: Wir stehen unter Arrest, nicht wahr?«
»Na ja …«, sagte der Sendbote.
»Falsch«, warf Ruby ein. »Wir machen da nicht mit.«
»Was möchte das Parlament dieses Mal?«, fragte

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