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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Handford
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heftig mit dem Kopf, um den unstrittigen Grundlagen der katholischen Kirche über Leben und Tod mehr Gewicht zu verleihen. Dabei gab es keinen Spielraum, keine Grautöne, nur Schwarz oder Weiß.
    »Hoffentlich«, meinte Maura geradezu feierlich. Sie goss sich eine weitere Tasse Wasser über ihren Arm. Mit einem Mal schienen ihre Augen zu strahlen, und ein zaghaftes Lächeln erschien auf ihrem hübschen Gesicht. »Vielleicht kann ich ja doch ein Bild vom Mommy in die Ahnentafel kleben«, sagte sie aufgeregt. »Und dann mal ich ihr Engelsflügel dran.«
    »Das ist eine gute Idee, mein Schatz«, sagte ich und strich ihr eine Strähne aus dem Gesicht. »Genau das solltest du tun.«
    Nach dem Bad, als die Sonne als leuchtend roter Feuerball unterging, brachten Sam und ich Maura nach Hause. Martha nahm ihre Enkeltochter zur Begrüßung fest in die Arme. Es war bereits acht Uhr abends und ihr Vater war noch immer in der Arbeit.
    »Maja!«, rief Sam und streckte die Ärmchen nach ihrer Cousine aus.
    »Ich weiß, mein Käfer«, sagte ich. »Du hast Maura ganz toll lieb. Morgen sehen wir uns ja wieder.«
    »Maja!«, rief Sam erneut und vergrub ihr Gesicht an meinem Hals.
    Als Sam und ich die Straße überquerten – diesmal mit der Sonne im Rücken – und unser Haus betraten, in dem wir uns alle wohlfühlten, durchfuhr mich plötzlich eine Idee wie ein Stromschlag. Im Ansatz hatte ich schon länger darüber nachgedacht, aber nun war es mehr als eine flüchtige Ahnung, sondern ein Plan, begleitet von dem Gefühl, das Richtige zu tun.
    »Was ist denn mit dir los?«, wollte Tim wissen, als er nach Hause kam, und grinste mich an.
    »Oh, nichts!«, antwortete ich. »Na ja, doch, aber lass uns darüber reden, wenn ich Sam ins Bett gebracht habe.« In Sams Zimmer las ich ihr ein paar Geschichten vor, während sie auf dem größeren Bett lag, räumte ihr Zimmer auf und legte sie anschließend in ihr Gitterbett. Ich beugte mich zu ihr herab und sah sie an. »Mom und Dad haben dich lieb, mein Schatz. Bis zum Himmel hinauf, durch die Sterne und Wolken hindurch. Wir haben dich lieb, für immer und ewig.«
    »Mond«, sagte Sam – wieder ein neues Wort, das sie sich aus einem meiner allabendlichen Liebesschwüre gemerkt hatte.
    »Ja, genau!«, ich nickte heftig und konnte mir ein breites Grinsen nicht verkneifen. »Wir lieben dich bis zum Mond und wieder zurück.«
    Während Tim duschte, setzte ich mich auf den Stuhl, der in einer Ecke unseres Schlafzimmers stand, und beobachtete, wie meine Knie zitterten. Als Tim das Wasser abdrehte und eingehüllt in eine Dampfwolke aus der Dusche trat, stand ich auf und stellte mich vor ihn.
    »Ich habe nachgedacht«, sagte ich und konnte hören, wie zittrig meine Stimme klang.
    »Worüber?«, fragte er und ging zu seinem Kleiderschrank.
    »Alles Mögliche«, antwortete ich und heftete mich an seine Fersen.
    »Und das wäre?«
    »Kann ich dir so nicht sagen.« Ich ging zum Bett, setzte mich darauf, stand wieder auf. »Ich muss dir erst die Vorgeschichte erklären, ich muss etwas weiter ausholen.«
    »Ah ja. Komm ich jetzt in den Genuss eine PowerPoint-Präsentation?«
    »Ach, hör doch auf. Es fällt mir sowieso schon schwer genug, darüber zu reden.«
    »Dann sag’s doch einfach«, grinste Tim.
    »Also gut«, begann ich. »Wie du weißt, ist Claire jetzt fünf Monate tot. Versteh mich nicht falsch, es ist immer noch die reinste Hölle. Jeden Morgen, wenn ich aufwache und mir klar ist, dass sie nicht mehr ist, wird mir schlecht. Andererseits haben sich seitdem ein paar Dinge zum Guten gewendet. Ich finde es zum Beispiel sehr schön, dass Ross und Martha gleich gegenüber wohnen. Ich finde es schön, dass Sam und Maura dicke Freundinnen werden. Und mir gefällt es, dass sich mein missratener Vater seinen Weg in unser Leben zurückerobert.«
    »Es ist okay, wenn du glücklich bist«, sagte Tim. »Claire hätte das so gewollt.«
    »Ja, sicher«, stimmte ich ihm zu. »Aber es wäre viel besser gewesen, wenn das alles auch in Gang gekommen wäre, ohne dass Claire gestorben wäre. Ich wünschte,
sie
würde gleich gegenüber wohnen.«
    »Ich weiß, mein Schatz.«
    »Du denkst bestimmt, dass ich nach Claires Tod jegliche Bodenhaftung verloren habe. Schließlich kann man sich auf nichts mehr verlassen, wenn einem so etwas zustößt, oder?«
    »Ja, du hast ganz schön was abgekriegt.«
    »Mom und Claire – beide aus der Blüte ihres Lebens gerissen«, sprach ich weiter. »Da wäre es doch logisch, wenn

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