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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Handford
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krampfhaft versucht, meineGefühle zurückzuhalten, aber der Damm konnte jederzeit brechen.
    Eine Stunde später holte Claire mich ab. Sie hatte darauf bestanden, dass ich mir noch eine Behandlung im Spa gönnte und mich von Kopf bis Fuß verwöhnen ließ, bevor wir abflogen und ich als Mutter nach Amerika zurückkehrte.
    Im Spa erledigte Claire die Anmeldeformalitäten und schenkte uns eine Tasse grünen Tee ein. Als Erstes standen Maniküre und Pediküre auf unserem Verwöhnprogramm. Ich schmiegte mich in einen schwarzen Massagesessel aus Leder und genoss die entspannende Wirkung der Rücken- und Nackenmassage. Meine Füße standen in einer mit warmem Wasser gefüllten Schüssel. Dann trocknete eine junge Vietnamesin meine Füße und raspelte mir die Hornhaut ab. Irgendwie erinnerte mich das an frisch geriebenen Parmesan. Als Nächstes inspizierte sie meine Zehennägel und schüttelte den Kopf, als ob die ungepflegte Nagelhaut Rückschlüsse auf meine Persönlichkeit zuließe.
    Claire griff in ihre Handtasche, zog ein Fläschchen Advil heraus und gab drei Tabletten in ihre Handinnenfläche.
    »Hast du Kopfweh?«, fragte ich sie voller Bedauern.
    »Kein Kopfweh, sondern
Schmerzen«, meinte
Claire und wand sich in ihrem Stuhl. »Enrique hat mich heute ganz schön angetrieben.«
    »Du bist so was von masochistisch.«
    »Die Hot-Stone-Massage wird uns beiden guttun«, entgegnete Claire. »Pass auf, wenn du in ein paar Tagen dein Baby im Arm hältst, dich aber nach einer Mütze Schlaf sehnst, wirst du dich an die Massage erinnern und dich fragen, ob du das wirklich erlebt oder nur geträumt hast.«
    Ein Baby in meinen Armen
. Fünf Worte, die mit so vielen Hoffnungen verbunden waren. Und trotzdem war ich mir noch immer nicht sicher. Es könnte ja auch eine trügerische Hoffnung sein.
    »Ich kann es noch gar nicht begreifen, dass ihr morgen schon fliegt!«, sagte Claire und kniff mich in den Oberarm. »Kannst du dir das vorstellen, Helen? Du kriegst ein Baby!«
    »Ich werde es erst dann glauben, wenn ich sie wirklich in meinen Armen halte.« Ich tat mich schwer, Claire zu erklären, dass mein Verstand natürlich begriffen hatte, dass ich schon bald ein Baby – nicht nur ein Baby, sondern Sam – haben würde, aber trotzdem konnte ich es nicht fassen. Vor meinem inneren Auge tauchten immer wieder Bilder von Sam und mir auf. Und allein bei dem Gedanken, sie endlich knuddeln und knutschen zu können, schlug mein Herz Purzelbäume und mir wurde heiß und kalt. Doch meine ganzen anderen Sinne befanden sich noch im Stand-by-Betrieb und warteten darauf, involviert zu werden. Ich wollte ihren Babygeruch einatmen und ihre weiche Haut spüren, ihre Zartheit schmecken. Erst wenn meine Lippen ihre zarten Füßchen, Patschehändchen und ihr Bäuchlein berührt hätten, würde ich mit Gewissheit sagen können, dass mein sehnlichster Wunsch in Erfüllung gegangen war.
    »Wart’s nur ab, in ein paar Tagen, wenn du alles in deiner Macht Stehende tust, um dein Baby zum Einschlafen zu bringen, weißt du, was Sache ist.«
    »Ist mir doch völlig egal, soll sie doch weinen, schreien oder kreischen. Für mich zählt nur, dass sie endlich da ist.«
    Claire lächelte. »Alles wird gut, Helen.
Sie
ist bestimmt eine ganz Süße. Und
du
wirst bestimmt eine ganz tolle Mutter.«
    »Hoffentlich habt ihr beide, du und Mom, ein bisschen auf mich abgefärbt.«
    »Ach, Helen«, seufzte Claire und warf mir einen ihrer Seitenblicke zu. »Ich habe über dich und über Larry nachgedachtund über eure Annäherungsversuche, die ihr so geschickt eingefädelt habt.«
    »Und?«
    »Weshalb tust du das? Worauf willst du hinaus?«
    Claire tat nichts, ohne damit nicht einen bestimmten Zweck zu verfolgen.
    »Ich war neugierig«, wich ich ihrer Frage aus.
    »Bloß neugierig?«
    »Okay, zugegeben. Ich will, dass er wieder Teil meines Lebens ist. Besser gesagt,
unseres
Lebens.«
    Claire griff nach ihrer Tasse und nahm einen Schluck Tee. »Und wie sieht er aus?«, wollte sie dann mit geschlossenen Augen wissen. »
Unser
Vater.«
    »Er hat sich nicht verändert, sieht noch immer so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte.«
    »Gibt es sonst was Neues?«
    »Er sieht traurig aus. Als wüsste er, was er verpasst hat. Du wirst es nicht glauben, aber in seinen Augen kann ich jede Menge Reue und Bedauern sehen.«
    »Hm«, begann Claire, beließ es dann aber bei einem zweiten »Hm«.
    Eine Massage, Gesichtsbehandlung, ein Haarschnitt samt anschließendem Färben – die

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