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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Handford
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im gleichen Glauben groß würde wie auch wir selbst, und dafür gab es nur einen Grund: Sie war jetzt ein Mitglied unserer Familie und wir hinterfragten ja auch nicht, ob wir sie ernähren, kleiden und erziehen wollten. Unser Motto lautete schlicht und einfach: Was mein ist, ist auch dein.
    Doch während mich der Singsang des Mönchs einlullte, kam mir der Gedanke, dass bei internationalen Adoptionen gleich mehrere Götter am Werk gewesen sein mussten, um all diesen Babys ein neues Zuhause zu geben.
    Nach der Zeremonie wollte Tim die siebzehnstöckige Tempelanlage hochlaufen. Ich sah mir derweil mit Sam das Tempelinnere an, wechselte ihre Windeln und gab ihr ein Fläschchen, das sie Zug um Zug leerte, und wie immer wollte sie mehr. Da Sam nun jeden Tag Riesenmengen von Folgemilch mit allen möglichen Zusätzen trank, bildete ich mir ein, dass ihre Wangen etwas rundlicher geworden waren. Bestimmt würde sie schon bald an Gewicht zulegen. Als sie ihr Fläschchen ausgetrunken hatte, wand sie sich aus meinem Arm, weshalb ich sie wieder in ihren Kinderwagen setzte, sie mit einer Satindecke zudeckte und mit ihr nach draußen ging. Die kalte Winterluft und die ersten zart wärmenden Sonnenstrahlen, noch dazu ihr voller Bauch ließen sie schnell einschlafen.
    In vielen Büchern über die Adoption von chinesischen Babys hatte ich von dem so wortwörtlich »roten Faden« gelesen, einer unsichtbaren Verbindung zwischen Adoptivkind und Adoptivmutter, als hätte es nie einen Zweifel daran gegeben, dass die beiden füreinander bestimmt waren.
Hoffentlich ist das so
. Das, was ich am meisten wollte, war Sam vor Schmerz und Leid zuschützen. Aber ich konnte wirklich nicht sagen, dass ich das Gefühl hatte, schicksalsmäßig mit ihr vereint worden zu sein. Die Fäden meines Lebens bildeten ein loses Knäuel – von wegen, sorgfältig aufgewickelt … Es würde bestimmt eine ganze Weile dauern, bis ich mir zutraute, nach dem richtigen Faden zu greifen und anzufangen, das Ganze neu aufzurollen.
    Im Moment jedenfalls machte ich mir ganz andere Gedanken. Hätte ich nicht so lange gebraucht, mich mit dem Gedanken an eine Adoption anzufreunden, wäre der Papierkram rund sechs Monate, vielleicht ein ganzes Jahr früher eingereicht gewesen, hätten wir ein ganz anderes Baby bekommen. Allein bei diesem Gedanken musste ich Sam berühren, als ob ich körperlich spüren wollte, dass sie diejenige war, die das Schicksal für mich auserkoren hatte. Nach nur zwei Tagen mit ihr konnte ich mir kein anderes Baby für mich vorstellen als Sam.
    »Ach ja«, seufzte ich, mehr als zufrieden mit meiner Schlussfolgerung. Vielleicht würde ich die Sache mit dem roten Faden ja noch spüren. Ein roter Faden – dick wie ein Seil.
    Ich sah Sam an und malte mir unsere Zukunft aus. Wie würde sie aussehen, wenn sie etwas älter wäre? Ich stellte sie mir mit Tim und meiner Wenigkeit am Herd vor, auf unseren Reisen und viel später einmal bei einem Besuch ihres Heimatlandes. Beim Gedanken an Sam in fünfzehn Jahren mit einer türkisfarbenen Zahnspange im Mund musste ich grinsen. Ich hob Sam aus dem Kinderwagen hoch und legte sie mir auf den Schoß. Von den wenigen Tagen, die wir zusammen waren, wusste ich bereits, dass sie einen sehr tiefen, gesunden Schlaf hatte. Fünf Minuten, nachdem sie eingeschlafen war, konnte sie nicht einmal eine Blaskapelle aufwecken. In dieser Zeit tat ich alles, um ihre Zuneigung zu wecken. Ich vergrub mein Gesicht in ihrer Halsbeuge, legte ihre kleinen Hände in meine und flüsterte ihr zärtlich ins Ohr: »Mir ist klar, dass du mir übergeben wurdest, ohne dass du auch nur ein Wörtchen mitreden durftest, aberich verspreche dir, ich werde dich so sehr lieben, dass du eines Tages keine andere Mommy haben willst.«
    Ich schirmte meine Augen ab, sah mich nach Tim um und machte mit meinem Handy ein Foto von der Tempelanlage. Dann noch eines von Sam in meinem Arm, die tief und fest schlief und dabei glücklich und zufrieden aussah. Dann schickte ich Claire eine SMS samt Foto. Kurz nachdem ich das Handy in meine Manteltasche gesteckt hatte, zog ich es wieder heraus. Bevor ich es mir anders überlegen konnte, schickte ich auch Larry das Bild von Sam.
    Dann sah ich mich um: Unzählige weiße Paare, vermutlich aus Amerika und Europa, waren mit ihren neuen chinesischen Babys unterwegs. Ich entdeckte Amy und Tom im Souvenirladen, die neue Maria im Arm von Amy, während die kleine Angela am Blusenzipfel ihrer Mutter hing.
    Dann sah ich eine

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