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Toechter Aus Shanghai

Titel: Toechter Aus Shanghai Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa See
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zurückgeschickt werden, wie wollen Sie ihr dann weiterhin helfen? Möchten Sie auch das Leben Ihrer Tochter zerstören?«
    Billings nickt Sanders zu, der daraufhin aufsteht. »Wir werden jetzt gehen, Mr. Louie, aber wir machen dieses Hin und Her nicht mehr lange mit. Entweder erzählen Sie uns, was wir wissen wollen, oder wir nehmen Ihr Kind genauer unter die Lupe. Verstanden?«
    Als sie fort sind, läuft Joy zum Sessel ihres Vaters, sinkt daneben und schluchzt in seinen Schoß. »Warum tun die uns das an? Warum? Warum?«

    Ich knie neben meiner Tochter, lege die Arme um sie und schaue Sam ins Gesicht, suche die Hoffnung und Stärke, die ich dort immer fand.
    »Ich habe meine Heimat verlassen, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen«, sagt Sam mit einer Stimme wie aus weiter Ferne. Seine Augen starren in die Dunkelheit der Verzweiflung. »Ich bin nach Amerika gekommen, um meine Chance zu nutzen. Ich habe es so gut gemacht, wie ich konnte...«
    »Natürlich hast du das.«
    Resigniert blickt er mich an. »Ich will nicht nach China ausgewiesen werden«, sagt er hoffnungslos.
    »Du musst auch nicht zurückgehen.« Ich lege meine Hand auf seinen Arm. »Doch wenn es so weit kommen sollte, gehe ich mit dir.«
    Sein Blick sucht meine Augen. »Du bist eine gute Frau, aber was ist mit Joy?«
    »Ich gehe auch mit dir, Daddy. Ich weiß alles über China, und ich habe keine Angst.«
    Wir liegen uns in den Armen, und mir fällt etwas ein, das Z. G. vor langer Zeit gesagt hat. Er sprach über ai kuo , die Liebe zum Vaterland, und ai jen , die Liebe zu einem bestimmten Menschen. Sam bot dem Schicksal die Stirn und verließ China, und er glaubt immer noch an Amerika, nach allem, was passiert ist, aber über alles liebt er Joy.
    »Ich okay«, sagt er auf Englisch und tätschelt den Kopf seiner Tochter. Dann wechselt er wieder in sein Sze Yup. »Schaut ihr beiden mal nach Onkel Vern. Hört ihr ihn nicht? Er braucht Hilfe. Er hat Angst.«
    Joy und ich stehen auf. Ich wische meiner Tochter die Tränen ab. Als Joy in Verns Zimmer geht, greift Sam nach meiner Hand. Er streckt einen Finger durch meinen Jadearmreif, hält mich fest, zeigt mir so, wie sehr er mich liebt. »Mach dir keine Sorgen, Zhen Long«, sagt er. Als er mich loslässt, betrachtet er seine Hand und verreibt die Tränen seiner Tochter zwischen den Fingern.

    Vern ist furchtbar durcheinander. Er brabbelt unzusammenhängendes Zeug vor sich hin über Maos Hundert-Blumen-Spruch und dass der Große Vorsitzende jetzt all jene zum Tode verurteilen würde, die er vorher ermutigt habe, die Regierung zu kritisieren. Vern ist so verwirrt, dass er das nicht von dem trennen kann, was er im Wohnzimmer mitgehört hat. Während er schimpft und schwafelt - und er ist so verstört, dass er in die Windel gemacht hat, sodass mir jedes Mal, wenn er sich windet oder mit den Fäusten aufs Bett schlägt, ein beißender Geruch in die Nase steigt -, wünsche ich mir, dass meine Schwester hier wäre. Vielleicht zum zehntausendsten Mal wünsche ich mir, dass sie sich um ihren Mann kümmern würde. Joy und ich brauchen lange, um Vern zu beruhigen und zu säubern. Als wir fertig sind und sein Zimmer verlassen, ist Sam fort.
    »Wir reden noch über diesen Verein, in dem du da Mitglied bist«, sage ich zu Joy, »aber wir warten besser, bis dein Vater zurück ist.«
    Sie entschuldigt sich nicht bei mir. Sie sagt mit der absoluten Selbstsicherheit einer Jugendlichen, die in Amerika aufgewachsen ist: »Wir sind alle amerikanische Staatsbürger, und das ist ein freies Land. Sie können uns nichts anhaben.«
    Ich seufze. »Später. Wir besprechen das später mit deinem Vater.«
    Ich gehe in unser Bad, um den Geruch von Vern loszuwerden. Ich wasche mir Hände und Gesicht im Becken, und als ich den Kopf hebe, sehe ich im Spiegel hinter mir im Wandschrank …
    »Sam!«, schreie ich.
    Ich stürze zum Schrank, wo Sam hängt. Ich schlinge die Arme um seine baumelnden Beine und hebe sie an, um den Druck auf seinen Hals zu mindern. Mir wird schwarz vor Augen, mein Herz fliegt auseinander wie Staubflocken, und meine entsetzten Schreie summen mir in den Ohren.

DER UNENDLICHE MENSCHLICHE OZEAN
    Ich lasse Sam erst los, als Joy einen Hocker und ein Messer holt und ihn abschneidet. Ich weiche nicht von seiner Seite, als er abgeholt und zum Bestatter gebracht wird. Ich sorge so gut wie möglich für Sams toten Körper, berühre ihn mit all der Liebe und Zärtlichkeit, die ich ihm im Leben nicht zeigen konnte. May holt mich

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