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Toechter der Dunkelheit

Toechter der Dunkelheit

Titel: Toechter der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Balzer
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wütend an.
    „Ich – was?“ Verwirrt griff er nach ihren Schultern, wollte sie sicherlich herumdrehen und zu ihren Eltern bringen, doch sie riss sich heftig von ihm los. Fauchend vor Wut, weil er so langsam war, so schwerfällig reagierte, einfach nicht verstehen wollte, schlug sie mit geballten Fäusten auf ihn ein. „Du-sollst-sofort-zu-ihr-gehen!“, presste sie mühsam hervor.
    „Maondny, wovon redest du?“ Er fing ihre Handgelenke und umklammerte sie fest, damit sie weder ihn noch sich selbst verletzen konnte. Sie fing seine Unruhe auf, als er bemerkte, dass ihre Augen blau schimmerten, nicht golden, und erhaschte seine Gedanken:
    Wenn sie keine Vision hat, die sie so durcheinanderbringt … Ihr Götter, hoffentlich hat sie jetzt nicht endgültig den Verstand verloren!
    „Anovon, du Narr, du musst zu Elory gehen! Sie sitzt unten an der Quelle und wartet auf dich, allerdings nicht mehr lange!“
    Ihr Bruder ließ sie los, starrte sie an, als ihm langsam dämmerte, wovon sie hier sprach.
    „Maondny! Elory hat mir zwar gesagt, dass sie heute Nacht an der Quelle sitzen und den Vollmond beobachten will, aber das war keine Aufforderung an mich. Sie – sie interessiert sich doch nicht für mich, im Gegenteil, sie verspottet mich bei jeder Gelegenheit und ...“ Anovon errötete. Er mochte Elory, sehr sogar. „Wir sind bloß Freunde.“ Er lachte gezwungen.
    Maondny rollte wie wild mit den Augen und schlug Anovon leicht gegen den Hinterkopf.
    „Glaubst du wirklich, eine Frau erzählt dir, dass sie den Vollmond bewundern möchte, wenn sie dabei ausdrücklich allein sein will?“, knurrte sie. „Glaubst du wirklich, sie würde dich verspotten, wenn dies kein Zeichen ihrer tiefen Zuneigung wäre? Glaubst du wirklich, nur weil ich niemals Hoffnung auf ein bisschen Liebe und Glück haben darf, dass ich zusehen werde, wie mein Bruder sich seine eigene Hoffnung zerstört? Raus mit dir, du hohlköpfiger Trottel! Bevor Elory entscheidet, dass du kein Interesse hast und sie sich voller Bedauern einen klügeren Liebhaber suchen muss! Ich will dich endlich verbunden sehen und meinen Neffen in den Armen wiegen, bevor ich völlig den Verstand verliere!“
    Fassungslos starrte Anovon sie an, als sie zitternd vor Zorn und seelischem Schmerz zu Boden sank. Ihre Schultern zuckten lautlos unter der Macht der Tränen, die sie nun nicht mehr zurückhalten konnte. Er kniete neben ihr nieder, vermutlich, um sie zu trösten. Doch dann sickerte wohl durch, was Maondny ihm da eigentlich gesagt hatte. Hin- und hergerissen erstarrte er, wollte ihr einerseits helfen, andererseits losrasen, bevor Elory die kleine Lichtung an der Quelle verlassen würde.
    Plötzlich sprang Maondny wieder auf, ein Schleifmesser blitzte in ihren Händen.
    „Geh!“, drohte sie dunkel. „Geh, bevor ich dir Les’draff in die Stirn einritze!“
    Wider Willen begann Anovon zu lachen, als er dieses lästerliche Schimpfwort hörte und bewegte sich rückwärts zur Öffnung der Baumhütte.
    „Das würdest nicht einmal du wagen, Schwesterchen!“, sagte er schmunzelnd.
    „Willst du es herausfinden?“ Als sie ihm nachsetzte, sprang er rasch hinaus in die Nacht.
    Zufrieden ließ Maondny das Messer fallen und kehrte langsam zurück in ihre eigene Hütte. Ihre Eltern hatten ihr mit vielen weisen Worten verboten, sich in Anovons Leben einzumischen.
    Und ja, natürlich habt ihr Recht. Es ist falsch, sich einzumischen, die Komplikationen sind nicht zu kontrollieren. Aber verdammt will ich sein, ich will sie auch gar nicht kontrollieren! Ich will, dass mein Bruder glücklich ist.
    Wenn ich es schon nicht sein darf …
     

22.
     
    „Nur weil du verletzt bist, soll ich dir einen Vorsprung gewähren? Ja, was kann ich denn für den Fehler deiner Geburt? Deine Schwäche? Streng dich gefälligst an, dann überlebst du vielleicht!“
    Überliefertes Zitat aus einem Gespräch zwischen zwei Loy kurz vor einem Duell auf Leben und Tod.
     
     
    „Lauf, Jordre, lauf!“ Chyviles Stimme überschlug sich. Was für ein verdammtes Pech! Mitten in einer Stromschnelle war sie Osmeges Gedanken begegnet. Der Dunkle streckte beständig seine geistigen Fühler aus, durchsuchte magisch Luft, Land und vor allem die Gewässer, denn er wusste, dass er hier die Famár finden konnte. Für gewöhnlich war es leicht, seinem Bewusstsein auszuweichen, das sich wie ein Schatten näherte. Heute jedoch, mit ihrem Sohn in den Armen, war es ihr nicht gelungen, Osmege zu entgehen, sonst wäre Jordre

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