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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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hingegen endete in einem palastartigen Duschraum, von dem aus ein Steg hinausführte zum Schwimmbassin und zum Strand. Hinunter ging’s, und wir schritten hinaus in den Sand, und es war so überwältigend schön, daß meine üble Laune sofort verschwand. Es war keine Seele weit und breit zu sehen, der Tag hatte kaum begonnen, der Himmel war rosig und blau, das Wasser ein blaßblauer Spiegel, und es war, als schritten wir hinein in eine funkelnagelneue Welt.
    »Ist es nicht atemberaubend?« meinte Donna.
    »Es ist himmlisch.«
    Wir liefen hinunter zum Wasser, und plötzlich kam mir ein Gedanke. Der übliche Gedanke der gesetzestreuen Thompson. Ich sagte: »Mein Gott, Donna, wir dürfen doch nicht schwimmen, wenn die Badeaufsicht nicht im Dienst ist.«
    Sie sagte: »Carol, ich schwöre, ich werde nie verstehen, wie dein Gehirn arbeitet. Wie, zum Teufel, kannst du von der Badeaufsicht erwarten, daß sie zu dieser frühen Stunde im Dienst ist?«
    Ich sagte: »Das ist es ja eben.«
    »Was ist es eben?«
    Ich sagte: »Sie ist nicht im Dienst.«
    »Ich weiß, daß sie nicht im Dienst ist«, sagte sie. »Das erhöht den Reiz des Unternehmens. Es beäugt uns kein großer, haariger Gorilla bis auf die Haut.«
    »Donna —«
    »Offen gestanden, Carol, du entwickelst dich langsam zu einer alten Unke.« Sie schaute den Strand entlang. »Weißt du was? In den nächsten paar Stunden wird hier kein Mensch auftauchen. Ich brauch’ überhaupt keinen Badeanzug.«
    »Donna, sei vernünftig —«
    Sie knüpfte den Büstenhalter los und reichte ihn mir. »Hier. Halt das. Ich find’ nichts herrlicher, als nackt zu schwimmen.« Sie fing an, sich den zweiten Fetzen vom Leib zu ziehen.
    »Das behältst du an, Donna!« Meine Stimme muß so drohend geklungen haben, daß sie ihn wieder hochzog, lachend.
    »Okay«, sagte sie. »Kommst du, oder nicht?«
    »Mir bleibt keine große Wahl, oder? Nackend wie du bist! Ich bleibe lieber hier und paß auf Diebe auf.«
    »Quatsch«, sagte sie.
    Sie watete hinaus, bis ihr das Wasser an die Taille reichte, dann tauchte sie geschickt ohne einen Spritzer und kam zehn Meter weiter wieder hoch. Offensichtlich war sie eine ausgezeichnete Schwimmerin. Ich kann das beurteilen, weil einer meiner früheren Verehrer während unserer Bekanntschaft ungefähr ein Dutzend Preise gewonnen hatte, und er hatte Stunden damit zugebracht, mir zu erklären, wie ein guter Schwimmer schwimmt. Das Wichtigste ist, seine Kraft einzuteilen. Man schlägt nicht mit Armen und Beinen um sich, ganz gleich, für wie eindrucksvoll man das halten mag. Man benutzt seine Energie, um vorwärts zu gelangen, nicht um Schaum aufzuwirbeln. Die besten Schwimmer gleiten nur durchs Wasser.
    Donna hatte diesen sauberen Stil, das sah ich mit einem Blick. Sie lag flach auf dem Wasser, und es entstanden nur winzigste weiße Spritzer, während sie mit den Füßen paddelte, und ihre Arme griffen in langsamem vollkommenem Rhythmus aus. Es war ein Vergnügen, sie zu beobachten, und wenn ich fand, daß sie recht weit hinausschwamm, so hatte ich doch keine Angst um sie.
    Nach einer Weile kam sie anscheinend selber darauf, daß sie weit genug geschwommen sei. Ich sah, wie sie eine geschickte Kehrtwendung machte, wobei sie sich bis zur Hüfte aus dem Wasser hob; und dann beschloß sie offensichtlich, alles aus sich herauszuholen. Ich pflegte das auch hin und wieder zu tim, und zwar rein aus Angabe. Fast jeder tut das. Man schwimmt einen Kilometer in vollkommenem und makellosem Stil, und kein Mensch schaut ein zweitesmal hin. Aber dann dreht man auf und schlägt so viel Schaum wie ein Außenbordmotor, und alle Welt starrt einen voller Bewunderung an und sagt; »Junge! Die kann aber schwimmen!« So kam Donna zurück, einen Kilometer in der Minute, und hinter ihr sprudelte die Bugwelle, und ich stand da und bewunderte dies großartige Schauspiel.
    Das Sonderbare dabei war, daß sie nicht innehielt, als sie ins flache Wasser kam; und dann, als sie Grund hatte, taumelte sie und hastete aus dem Wasser, wobei sie mit Armen und Beinen und Brüsten wie mit Windmühlenflügeln um sich schlug. Es gelang ihr, ein paar Meter den Strand hinaufzulaufen, und dann fiel sie flach aufs Gesicht, und ich dachte, mein Gott, sie ist tot. Es war ein furchterregender Anblick. Einen Augenblick lang war ich zu gelähmt, um mich zu rühren. Dann eilte ich, ihren Büstenhalter schwingend, zu ihr hinüber; und wirklich, sie sah so tot aus wie eine ertrunkene Katze. Ich setzte mich rittlings

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