Töchter der Luft
jedenfalls nicht. Es darf nicht noch einmal geschehen. Es ist zu ungehörig für alle Beteiligten.«
Ich sagte: »Sehr wohl, Sir.«
»Nenn mich nicht Sir.«
Und plötzlich zersprang etwas in mir. All meine Erregung strömte hinaus in Bitterkeit gegen ihn. Ich sagte: »Wie, zum Teufel, soll ich Sie sonst nennen? Sie sind ein berühmter, großer Psychiater, der keine Affäre mit einem kleinen Wurm von Schülerin wie mir haben kann, also wie sonst zum Teufel soll ich Sie nennen, Sir?«
»Carol — «
Ich wartete nicht. Ich eilte zurück zum Schwimmbassin, ich ergriff meinen Bademantel und den Rest meiner Habseligkeiten und ging hinauf auf 1412.
Die nächsten drei Stunden lang vergrub ich mich, vergrub mich buchstäblich in die Geheimnisse der Martin 404. Dies wenigstens war wirklich. Der Feuerlöscher wenigstens war wirklich. Die Handaxt wenigstens war wirklich. Wohingegen Doktor Duer nur ein Traumgebilde war. Ein Kuß, und das war alles.
KAPITEL VIII
Am Morgen kam die übliche Prüfung (hundert Prozent für Donna, neunzig für Alma, armselige fünfundachtzig für mich, was mir einen finsteren Blick von Miß Webley eintrug), und anschließend folgte unsere erste Anleitung zur Brandbekämpfung. Brände in Flugzeugen sind in keiner Weise vorauszusehen, sie sind ebenso dem Zufall unterworfen wie Brände in einem Haus. Zum Beispiel, ein müder Geschäftsmann nickte vielleicht ein, während er Zeitung las und eine Zigarette rauchte, und schon konnte ein Brand entstehen, der leicht einige der anderen Passagiere zu beunruhigen vermochte. Also mußte eine Stewardeß wissen, was sie in solchen kleinen Notfällen zu tun hat. Sie kann nicht die Feuerwehr anrufen. Sie ist die Feuerwehr. Ein netter älterer Herr erschien und erklärte uns die Prozedur, die verschiedenen Arten von Bränden und wie man sie bekämpft; dann trotteten wir alle hinaus in eine Ecke des Flugfeldes, und der Herr führte uns vor, wie man einen Feuerlöscher richtig handhabt. Er zündete ein Feuerchen an, das er unentwegt mit Petroleum begoß, um es in Gang zu halten, und wir versuchten der Reihe nach, es auszulöschen.
Es war Freitag, das Ende unserer ersten Woche, und ich hatte mir zum Mittagessen Fisch bestellt, nicht aus irgendwelchen religiösen Gründen, sondern weil es welchen gab und ich keinen Fisch mehr erblickt hatte, seit ich zum letztenmal Tom Ritchie gesehen hatte, und das war fast zwei Monate her. Donna sagte: »Oh, Fisch«, als wäre es die größte Delikatesse auf Erden, und Alma mußte ihn aus religiösen Gründen essen, wenn sie ihn auch offensichtlich verabscheute; und so saßen wir alle drei an einem Tisch vor diesen sonderbaren gebräunten Scheiben und überlegten, was für eine Sorte Fisch das wohl sein sollte. »Kabeljau«, sagte Alma, aber Donna und ich standen vor einem Rätsel. Dies führte zu einer recht ziellosen Unterhaltung, die Donna mit den Worten einleitete: »Übrigens, fischst du eigentlich?«
»Du meinst, ausziehen mit einer Angel, um Fische zu fangen?«
»So kann man es auch nennen.«
»Ich kann mir nichts Gräßlicheres vorstellen.«
»Es ist nicht gräßlich, mein Herz. Es macht riesigen Spaß.«
»Du willst mir doch nicht weismachen, Donna Stewart, es mache riesigen Spaß, einen armen kleinen Wurm auf einen scheußlichen scharfen Haken aufzuspießen?«
»Nicht das, Gott, nein. Ich bin mit meinem alten Herrn oft Forellen fischen gegangen. Das macht Spaß. Es würde dir gefallen, Carol, wirklich.« Dann fragte sie beiläufig: »Brauchst du den Chevrolet übers Wochenende?«
»Nein.«
»Hast du was dagegen, wenn ich ihn nehme?«
»Du brauchst mich nicht um Erlaubnis zu fragen, Donna, er ist da.«
Sie sagte: »Ich hab’ Miß Webley gefragt, ob ich das Hotel übers Wochenende verlassen darf. Sie hat eingewilligt.«
Alma sagte: »Du willst verlassen dieser herrliche Hotel? Warum?«
»Ich hab’ Verwandte in Palm Beach. Ich hab’ sie seit Jahren nicht gesehen. Ich dachte, ich mach mir die Mühe und fahr’ sie besuchen.«
»Palm Beach?« sagte ich.
Es klang einfach zu beiläufig. »Tja. Sie wohnen in The Breakers. Du hast nichts dagegen wegen des Wagens?«
»Nein.«
Wir verbrachten aufreibende Stunden am Nachmittag, während wir lernten, was das Logbuch der Flugbesatzung ist und wie man Auslagen für Routinebesorgungen einfordert und viele andere Formalitäten, die der Beruf mit sich bringt; und als wir wieder im Hotel anlangten, war ich todmüde wie immer. Ich legte mich auf mein Bett und tat mir
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