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Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Töchter des Feuers: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Feuers: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ihm, daß er richtig war. Plastiken und Flaschen, Vasen und Schalen standen, lagen oder lehnten an jedem nur erdenklichen freien Fleck.
    Rogan wischte die Regennässe von der Scheibe und sah sich den mehrarmigen Kerzenständer in der Mitte des Kaminsimses an. Er war aus so klarem, so reinem Glas, daß man hätte meinen können, er sei aus Eis. Die einzelnen Arme schwangen sich fließend in die Luft, als entsprängen sie dem Grund eines Wasserfalls. Rogan verspürte die plötzliche Erregung, das innere Klicken, das er immer kurz vor dem Erwerb eines bedeutenden Kunstwerkes empfand.
    O ja, er hatte sie gefunden.
    Hoffentlich kam sie bald an die verdammte Tür.
    Er gab es vorne auf und marschierte durch das nasse Gras zur Hinterfront des Cottages, wo er weitere wie Unkraut oder vielmehr inmitten von Unkraut wuchernde Blumen fand. Offensichtlich brachte Miss Concannon nicht allzuviel Zeit mit der Pflege ihrer Beete zu.
    Neben der Hintertür gab es einen kleinen Schuppen, unter dem neben einem alten Fahrrad mit einem platten Reifen und einem Paar bis zu den Knöcheln verschlammter Gummistiefel ein bescheidener Vorrat an Torfbricketts aufgestapelt war.
    Gerade, als er die Hand zum erneuten Klopfen hob, vernahm er hinter sich ein Geräusch und wandte sich der neben dem Cottage stehenden kleinen Hütte zu. Das beständige, leise Rauschen erinnerte ihn an das Meer, doch aus dem Schornstein des Gebäudes stieg feiner Rauch in den bleiernen Himmel auf.
    Die Hütte hatte mehrere Fenster, und trotz der Feuchtigkeit des Tages standen sie fast alle sperrangelweit auf. Er hatte zweifellos ihr Atelier entdeckt, dachte er, froh, sie aufgespürt zu haben, und, was das Ergebnis ihrer Unterhaltung betraf, voller Zuversicht.
    Er klopfte, und obgleich er keine Antwort erhielt, öffnete er die Tür. Es dauerte einen Augenblick, doch dann wurde er durch die mit Hitze und beißenden Gerüchen geschwängerte Luft hindurch der kleinen Frau gewahr, die, ein langes Rohr in den Händen, auf einem großen Holzstuhl saß.
    Unweigerlich mußte er an Feen und Zaubersprüche denken.
    »Machen Sie die Tür zu, verdammt, es zieht.«
    Er gehorchte automatisch, wobei er angesichts des Zorns in ihrer Stimme zusammenfuhr. »Ihre Fenster stehen doch ebenfalls auf.«
    »Als gäbe es keinen Unterschied zwischen Belüftung und Zug. Idiot.« Mehr sagte sie nicht, und sie hob auch nicht den Kopf, um ihn sich wenigstens einmal anzusehen. Statt dessen
legte sie ihren Mund an die Röhre und blies kraftvoll hinein.
    Trotz der barschen Begrüßung beobachtete er fasziniert, wie eine Blase Gestalt annahm. Was für ein simples Verfahren, dachte er, außer ihrem eigenen Atem und etwas geschmolzenem Glas brauchte sie nichts. Ihre Finger bearbeiteten das Rohr, drehten es unablässig im Kreis, kämpften gegen die Schwerkraft oder nutzten sie, bis sie mit der Form zufrieden war.
    Während sie arbeitete, verschwendete sie keinen einzigen Gedanken an ihn. Sie schloß die Blase, wobei sie direkt hinter dem Kopf des Rohres eine flache Vertiefung in das zarte Gebilde schlug. Bis zur Vervollkommnung des Kunstwerks waren noch Dutzende von Schritten zu tun, aber vor ihrem geistigen Auge sah sie den fertigen Gegenstand, als hielte sie ihn bereits abgekühlt und verhärtet in der Hand.
    Sie trat an den Ofen und schob die Blase unter das für die zweite Schicht dort erhitzte, geschmolzene Glas. An ihren Arbeitstisch zurückgekehrt, rollte sie das Gebilde zum Abkühlen und zur Bildung von »Haut« in einem Holzblock hin und her. Die ganze Zeit über bewegte sie das Rohr, wobei nun die Arbeit ihrer Hände, wie während des ersten Arbeitsschrittes ihr Atem, ruhig und sicher war.
    Mit unendlicher Geduld wiederholte sie die Prozedur ein ums andere Mal, gänzlich in ihr Schaffen vertieft, ohne noch daran zu denken, daß sie nicht alleine war. Die Blase wuchs, die Zeit verging, sie sprach kein Wort, und schließlich legte Rogan unaufgefordert den nassen Mantel ab.
    Der Raum war von der Hitze des Ofens erfüllt, und er hatte das Gefühl, als dampften die Kleider an seinem Leib. Sie jedoch achtete nicht auf ihn, war einzig auf ihre Arbeit konzentriert und griff hier und da nach einem neuen Werkzeug, wobei die Hand an der Röhre nicht ein einziges Mal in der Drehbewegung innehielt.
    Der Stuhl, auf dem sie saß, war offensichtlich selbstgemacht, denn neben einer extrem tiefen Sitzfläche wies er überlange Lehnen mit zahllosen Haken auf, an denen ihr Werkzeug befestigt war. In der Nähe ihres

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