Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
Verletzungen waren … sehr schwer. Du konntest sie nicht retten, aber das heißt nicht, dass du sie umgebracht hast.«
»Doch, das habe ich. Sie hat mich darum gebeten.« Die Nachwehen des Ganzen treffen mich mit solcher Wucht, dass ich an der Wand zu Boden sinke. Elena schiebt mir einen Blecheimer zu, und sofort entleere ich den Inhalt meines Magens hinein. Dann sinke ich zurück gegen die kalte Wand. Ich fühle mich so elend, dass ich mich noch nicht einmal schäme. Wie kann es sein, dass Töten sich genauso anfühlt wie Heilen?
Finn und Elena diskutieren flüsternd über etwas, wovon ich kein Wort verstehe. Meine Gedanken kreisen nur darum, dass Zara tot ist. Zara kann jetzt nicht mehr die Prophezeiungen studieren oder uns Geschichten von unserer Mutter als Schulmädchen erzählen. Sie ist fort, für immer, und ich habe es getan.
Da kniet Elena sich neben mich, ihre rosafarbenen Röcke bauschen sich um sie. »Cate, wie viel von deiner Magie hast du verbraucht?«
»Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie zuvor jemanden getötet.« Ich schließe die Augen, um sie auszublenden.
Elena fasst mich am Kinn. »Versuch, deine Magie zu benutzen. Versuch irgendetwas. Mach mein Kleid rot.«
Ich versuche, meine Magie heraufzubeschwören, aber es ist ungefähr so, also wollte ich ein abgebranntes Streichholz anzünden. Funken sprühen, Rauch steigt auf, aber es will kein Feuer entstehen. Ich schüttle den Kopf. »Ich kann nicht.«
Sie erhebt sich und wendet sich an Finn. »In Ordnung, du hast recht. So ist sie uns hier nicht von Nutzen. Bring sie nach Hause.«
Dann ist auf einmal Sachi da und beugt sich zu mir herunter. Es ist seltsam, sie so zu sehen, ohne ihre fröhlichen Kleider, in der hässlichen weißen Bluse und dem groben braunen Rock, die Haare zu einem langen schwarzen Zopf geflochten, der ihr den Rücken hinabfällt. Ihr muss kalt sein. Warum trägt sie denn nicht den Umhang, den wir für sie mitgebracht haben? Ich halte meinen schmerzenden Kopf zwischen den Händen.
Rory beugt sich auf meiner anderen Seite zu mir herab. Sie sieht besorgt aus. Ich dachte, sie würde sich freuen, dass Sachi frei ist. »Sachi und ich kommen heute nicht mit zurück ins Kloster. Wir fahren den Wagen, den Mélisande übernehmen sollte. Aber wir sind bald wieder da. Geht es dir gut?«
»Cate.« Sachi schnippt mit den Fingern vor meinem Gesicht, aber sie scheint sehr weit entfernt zu sein, hinter einem Vorhang von schwarzen Punkten.
»Sie fällt gleich in Ohnmacht«, sagt Brenna, doch das hat sie wohl auch ohne ihre hellseherischen Fähigkeiten erkennen können.
Ich kann mich kaum daran erinnern, wie ich aus der Anstalt herausgekommen bin.
Ich glaube, Finn hat mich getragen.
Jetzt bin ich in der Kutsche, wo ich zusammengerollt unter einer kratzigen Wolldecke auf der Sitzbank liege und hinaus in den Regen sehe, hinter dem verschwommen die Straßen von New London zu erkennen sind.
Ich kann nicht aufhören zu zittern. Ich kann nicht aufhören, daran zu denken, wie sich Zaras heiße, trockene Haut angefühlt hat, wie blutig ihr Atem gerochen hat, wie sie mich mit ihren blinden braunen Augen angestarrt hat.
Wir halten vor dem Kloster. Finn bindet die Pferde an und kommt um die Kutsche, um uns herauszuhelfen. Brenna ignoriert seine Hand und springt wie ein Kind hinunter. Sie ist frei. Wenigstens das habe ich erreicht.
Finn hilft mir auf den Gehsteig hinunter und legt den Arm um mich. Ich zittere. Ich zittere, seit ich Zara berührt habe. Ich kann einfach nicht damit aufhören.
Die Tür des Klosters schlägt auf, und ein Dreieck aus goldenem Licht durchdringt die Dunkelheit. Maura eilt die Stufen herab auf mich zu. Sie hat sich nicht die Mühe gemacht, ihren Umhang überzuziehen; sie trägt bloß ihr hellblaues Kleid.
»Wir haben es geschafft!«, jubelt sie. »Alle elf, die da waren. Einer war krank und ist nicht zur Sitzung gekommen, aber der Rest von ihnen kann sich noch nicht einmal mehr an den eigenen Namen erinnern.«
Finn dreht sich zu ihr um. »Und darauf bist du stolz?«
»Ja!«, ruft sie trotzig. »Aber von dir habe ich auch kein Verständnis erwartet.«
»Was ich verstehe, ist, dass es kein Zurück mehr gibt nach dem, was ihr heute Abend getan habt. Sie haben nur darauf gewartet, einen Grund geliefert zu bekommen, die Hexenverbrennungen wieder einzuführen. Bist du dazu bereit?«, fragt Finn.
»Ja«, fährt Maura ihn an. »Cora ist tot, und Inez ist jetzt die Leiterin der Schwesternschaft. Wir haben nicht vor,
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