Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
verbessere ich mich entsetzt. Sachi ist nicht tot.
Alice verschränkt die Arme vor ihrem üppigen Busen. »Und indem du da gestanden hast, während sie verhaftet wurde, hast du Aufmerksamkeit auf uns alle gezogen. Du kannst von Glück sagen, dass die Wachen dich nicht befragt haben.«
»Catherine hätte sich sicherlich zu helfen gewusst, wenn sie befragt worden wäre«, sagt Schwester Cora. Ihre Stimme wird wieder lauter. »Seid vorsichtig, Mädchen, und verliert die Hoffnung nicht. Diese finsteren Zeiten werden nicht ewig andauern.«
Damit dreht sie sich um und verschwindet die Treppe hinauf im Dunkeln. Die Mädchen hängen ihre Umhänge an Haken in der Eingangshalle, dann verteilen sie sich in alle Richtungen. Die meisten eilen hinauf in ihre Zimmer, manche gehen in die Bibliothek, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, wie sie jetzt noch lernen können, einige laufen ins Wohnzimmer, um über die Schrecken des Abends zu sprechen. Meine Hand liegt bereits auf dem hölzernen Treppengeländer, als Rilla mich abfängt.
»Komm, trink noch einen Kakao mit uns«, drängt sie mich. »Du solltest jetzt nicht allein sein.«
Doch allein sein ist genau das, was ich jetzt will. Aber habe ich nicht versprochen, mich zu bemühen, eine bessere Freundin zu sein? Also lasse ich mich von ihr ins Wohnzimmer ziehen. Es gibt zwei Wohnzimmer im Kloster. Eines, das mehr für die privaten und eines, das mehr für die öffentlichen Belange der Schwesternschaft gedacht ist. Letzteres ist der Salon. Im Schülerinnen-Wohnzimmer nehmen wir nach dem Unterricht immer unseren Tee ein, und hier treffen sich die Mädchen abends, um sich zu unterhalten. Es ist ein freundlicher Raum mit blau karierten Baumwollvorhängen, glühenden Gaslampen und bunten im Kettenstich bestickten Teppichen. Es gibt ein Klavier, ein Schachbrett auf einem kleinen Teetisch, einen Korb mit Stricksachen und einen ganzen Stoß Modezeitschriften.
Mei lässt sich in einen blau karierten Sessel fallen, und ich setze mich auf die Ottomane zu ihren Füßen, während Rilla in die Küche läuft und Kakao holt. Alice und Violet nehmen wie üblich auf dem plüschigen rosafarbenen Sofa Platz, und ein paar andere Mädchen verteilen sich auf den verschiedenen Stühlen und Hockern im Zimmer. Ein paar Minuten lang ist das Knistern der Holzscheite im Kamin das einzige Geräusch.
»Mama hat in einem Geheimfach in ihrem Schrank einen ganzen Haufen Romane versteckt«, platzt Lucy Wheeler schließlich heraus und rutscht unruhig auf dem Klavierhocker herum.
»Meine Tante bringt anderen die alten Tänze bei.« Daisy Reed ist ein groß gewachsenes Mädchen mit kakaofarbener Haut und breitem Akzent. »Sie unterrichtet bei sich in der Scheune. Die Mädchen kommen und tanzen zusammen, und mein Onkel spielt dazu schottische Volkslieder auf der Geige. Tante Sadie hat die Tänze von meiner Großmutter gelernt, und meine Großmutter von meiner Urgroßmutter.«
Daisys kleine Schwester, Rebekah, sitzt neben Lucy und knabbert an den Fingernägeln. »Aber sie halten es vor Opa geheim, weil er im Stadtrat ist.«
Mei zieht ihre Gebetskette aus Elfenbein hervor. »Meine Familie praktiziert immer noch ihre alte Religion. Wir sprechen zu Hause Chinesisch. Und wir sind Einwanderer, also sind wir von vornherein schon verdächtig.«
»Mein Vater begeht jeden Tag Verrat.« Violet van Buren ist die Tochter des Kutschers und die Busenfreundin von Alice. »Er würde mit Sicherheit hingerichtet werden.«
»Hört auf. Ihr benehmt euch wie verängstigte kleine Angsthasen, alle von euch. Das ist doch genau das, was sie erreichen wollen«, spottet Alice. »Sie wollen, dass wir Angst haben. Dass wir zu verängstigt sind, uns ihnen zu widersetzen.«
»Ich habe doch nur noch meinen Vater. Wenn ich daran denke, ihn auch noch zu verlieren …« Vi schluckt. Sie ist ein hübsches Mädchen mit glänzenden schwarzen Haaren und großen violetten Augen, deren Farbe zu ihrem Namen beigetragen haben muss.
Alice verdreht die Augen. »Du solltest auf deinen Vater stolz sein! Die meisten anderen Leute sind doch Schafe.«
Vi zieht sich die Nadeln aus dem Haar, legt sie auf die Sofalehne und fährt sich mit den Fingern durch die glänzenden Strähnen. Offensichtlich, um Alice’ Blick auszuweichen. »Ich bin ja auch stolz auf ihn. Aber das heißt nicht, dass ich mir keine Sorgen mache.«
»Ich frage mich, ob vielleicht noch mehr Menschen mit den Brüdern unzufrieden sind.« Meine Stimme ist leise, aber jeder Kopf im Raum dreht
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