Töchter des Mondes - Sternenfluch (German Edition)
Die braunen Augen hinter seinen Brillengläsern sind ernst, aber als er sich theatralisch vor mir verbeugt, wird die Stimmung schon wieder leichter. »Was tragen Sie mir auf, Mylady?«
»Finde heraus, wann die nächste Sitzung des Höchsten Rats stattfindet und wo.« Ich fahre mit der Hand über den Rücken der Bank und male mit den Fingerspitzen die Kurven nach. »Ich bitte dich nur äußerst ungern darum.«
»Ich habe meine Hilfe angeboten, nicht wahr? Und ich meine es nach wie vor vollkommen ernst, also entschuldige dich nicht dafür, Cate.«
Mein Herz schlägt schon wieder schneller, als ich höre, wie er meinen Namen ausspricht.
»Außerdem ist das wohl kaum ein gefährliches Abenteuer.« Er sieht etwas enttäuscht aus, und ich muss grinsen, weil er unbedingt den Helden spielen will. Doch ich bin froh, dass die Aufgabe nicht gefährlicher ist; das hier ist schließlich keine Geschichte aus einem seiner Bücher. »Denisof ist Mitglied des Höchsten Rats; ich nehme an, ich werde für die Sitzung seine anderen Termine absagen dürfen. Was hat Inez vor?«
»Ich weiß es nicht«, gebe ich zu. »Sie hat uns beigebracht, wie wir uns mithilfe von Illusionszauber als Brüder ausgeben können. Vielleicht will sie ein Mitglied des Höchsten Rats entführen und eine von uns an seiner Stelle an der Sitzung teilnehmen lassen, um herauszufinden, was sie vorhaben. Hat Brenna irgendetwas Neues gesagt?«
Finn zieht seinen Umhang aus und breitet ihn über der feuchten Bank aus. Ich setze mich vielleicht ein bisschen näher an ihn heran als angemessen wäre. Meine Hüfte berührt beinah seine graue Hose. Er trägt die feine Kleidung der Bruderschaft: graue Weste, weißes Hemd, dazu schwarze, mit Matsch bespritzte Stiefel. Tess lässt sich auf meiner anderen Seite auf die Bank plumpsen.
»Äh … ja, hat sie.« Finn räuspert sich. »Sie hat vorhergesagt, dass einer der Brüder die Bruderschaft verraten wird, indem er mit den Hexen zusammenarbeitet.«
»Was?«, rufe ich und springe auf, wobei ich fast über die Steine des Kopfsteinpflasterweges stolpere.
»Sch!« Finn fasst mich an der Hand und zieht mich zurück auf die Bank. »Sie hat keine Einzelheiten verraten. Nichts, womit ich identifiziert werden könnte.«
Ich hole tief Luft. Ich habe mich für Brenna stark gemacht, doch wenn sie mit ihren Prophezeiungen weiterhin die Menschen, die ich liebe, in Gefahr bringt, was dann? Haben Inez und Maura vielleicht doch recht?
»Das Ganze ist inzwischen viel zu gefährlich«, stoße ich hervor. »Ich will nicht …«
»Es ist aber nicht deine Entscheidung. Es ist meine. Ich habe übrigens auch Gerüchte über die Schwesternschaft gehört«, fährt er fort. Seine sommersprossige Hand liegt auf seinem Knie, nur Zentimeter von meiner entfernt. Am Zeigefinger hat er einen schwarzen Tintenfleck.
»Was für Gerüchte?«, fragt Tess und beugt sich vor, damit sie Finn neben mir sehen kann.
»Die strengsten Ratsmitglieder wollten die Klosterschule schließen. Sie wurden überstimmt. Die Entscheidung, das Unterrichten von Mädchen zu verbieten, war nicht einstimmig, bestimmt ein Drittel des Rats war dagegen. Als Entgegenkommen soll die Klosterschule geöffnet bleiben dürfen.«
»Als ob fünfzig gebildete Mädchen so einen Unterschied machen würden«, schimpft Tess und schlägt sich mit den Fäusten auf die Oberschenkel.
»O’Sheas Anhänger sind davon überzeugt. Er behauptet, jede Stätte weiblichen Lernens sei eine Bastion der Gottlosigkeit. Eine Quelle möglicher Rebellion.«
Ich grinse boshaft. »Nun, damit hat er nicht ganz unrecht.«
»Seine Anhänger finden, es dürfe keinerlei Ausnahmen geben und dass die Bruderschaft mehr Kontrolle über das tägliche Wirken der Schwesternschaft haben sollte. Es würde mich nicht überraschen, wenn darüber bei der nächsten Sitzung des Höchsten Rats diskutiert würde.«
Ich lache ungläubig. »Wie soll das gehen? Soll dann etwa ein Mann ins Kloster einziehen und die Führung übernehmen?«
Finn rückt wieder seine Brille zurecht. »Genau das haben sie vor. O’Shea meint, einer der Brüder sollte Schulleiter werden. Er sagt, wenn die Mädchen dort schon unterrichtet werden müssen, dann sollte wenigstens ein Mann das Einhalten des Lehrplans beaufsichtigen.«
Ich gebe ein paar sehr undamenhafte Worte von mir. »Dann müssten wir jeden Tag sein Gedächtnis löschen! Er würde schon nach kurzer Zeit strohdumm sein.«
»Oder wir dürften uns mit nichts Anspruchsvollerem als
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