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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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darunter konnte eine Kontonummer sein, überlegte er, und er erinnerte sich daran, dass er unter Lennys Schreibtisch Reiseprospekte gefunden hatte. Die Cayman-Inseln. Ein hübsches Fleckchen Erde, um dort Ferien zu machen – oder Geld auf einem Nummernkonto zu verstecken.
    Parker legte das Negativ und den Schein zurück in den Umschlag. Er bat den Filialleiter um eine Tasche für das Geld, kennzeichnete sie als Beweisstück und steckte sie in eine braune Papiertüte von Ralph's, die er mitgebracht hatte.
    Die Aufzugfahrt ins Erdgeschoss verlief schweigend. Wenn der Filialleiter sich fragen sollte, worum es bei der ganzen Sache ging, so zeigte er es nicht und erkundigte sich auch nicht danach. Er hatte möglicherweise schon gesehen, dass Cops seltsamere Dinge als Geld aus den Schließfächern seiner Kunden holten. Parker selbst hatte einmal in dem Schließfach eines mutmaßlichen Mörders eine Sammlung mumifizierter Finger gefunden.
    Die Aufzugtüren gingen auf, und in der Öffnung erschien das Bild von Abby Lowell, die wartend auf einer Marmorbank saß. Sie hatte eine erstaunliche Garderobe für eine Jurastudentin. Ein kamelhaarfarbenes Tweedkostüm mit einem schmalen Rock und einer auf Figur geschnittenen Jacke im Stil der Vierziger, die in der Taille mit einem schmalen braunen Krokogürtel geschlossen wurde. Passende Schuhe, passende Handtasche. Vielleicht zahlte es sich ja aus, die Tochter eines Erpressers zu sein.
    Mit einer graziösen Bewegung erhob sie sich von der Bank, als Parker aus dem Aufzug trat. Sie trug eine gelassene Miene zur Schau und sah ihm direkt in die Augen, aber darunter lag etwas Stählernes, das den Männern in ihrem Alter Angst machen musste.
    »Haben Sie die Unterlagen meines Vaters gefunden?«
    »Auch Ihnen einen guten Morgen, Ms. Lowell. Wie ich sehe, haben Sie die Nacht überlebt. Schickes Kostüm. Prada?«
    Sie gab keine Antwort, ging aber neben ihm her, als er sich dem Seiteneingang zuwandte.
    »Haben Sie die Unterlagen meines Vaters gefunden?«, fragte sie noch einmal.
    »So könnte man sagen.«
    »Was soll das heißen?«
    »In der Kassette waren weder sein Testament noch die Police seiner Lebensversicherung«, sagte er und setzte im Gehen seine Sonnenbrille auf. Die Absätze ihrer Krokoschuhe klackten im Stakkatorhythmus auf dem Terrazzo-Boden.
    »Was steckt dann in dieser Tüte?«
    »Beweisstücke.«
    »Beweisstücke wofür? Mein Vater war das Opfer.«
    »Ihr Vater ist tot«, sagte Parker. »Alles, was ich finde und was Aufschluss darüber geben könnte, warum er umgebracht wurde und wer der Mörder ist, zählt für mich als Beweis. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie werden die Sachen irgendwann zurückbekommen – es sei denn, es stellt sich heraus, dass Sie ihn umgebracht haben.«
    Sie holte schon Luft, um etwas zu erwidern, überlegte es sich dann anders, setzte noch einmal an. Ärger zeichnete sich in ihrem Gesicht ab.
    »Haben Sie ein Problem, Ms. Lowell? Wissen Sie nicht, wie Sie Ihre Frage stellen sollen, ohne sich selbst verdächtig zu machen?«
    Die Türen glitten vor ihnen auf, und sie traten hinaus in den Schatten einer Markise. Die Sonne war bereits jetzt gleißend hell.
    »Was wollen Sie damit sagen?«, fragte sie ärgerlich. »Ich habe Lenny gemocht.«
    »Aber Sie haben selbst gesagt, dass er kein richtiger Vater war«, erwiderte Parker. »Als Sie ein Kind waren, hat er Sie mit sich herumgeschleift, als wären Sie ein Stück Klopapier, das an seinem Absatz klebt. Das muss wehgetan haben. Kleine Mädchen lieben ihren Dad. Sie wollen, dass ihre Liebe erwidert wird.«
    »Ich habe nicht vor, mich hier von Ihnen analysieren zu lassen«, fuhr sie ihn an. »Dafür zahle ich jemandem teures Geld.«
    »Das glaube ich gern, Sie haben auch sonst einen kostspieligen Geschmack, Ms. Lowell«, sagte Parker. »Die meisten Studenten, die ich kenne, verfügen über kein solches Budget. Ist Lenny für Ihre Rechnungen aufgekommen? Ich kann mir kaum vorstellen, dass er so viel damit verdient hat, die Leute zu verteidigen, die er verteidigt hat. Aber vielleicht hatte er noch eine andere Einkommensquelle?«
    »Ich habe mein eigenes Geld«, sagte sie. »Von meiner Mutter. Nicht dass Sie das etwas angeht.«
    »Dann sind Sie ja möglicherweise für seine Rechnungen aufgekommen?«, spekulierte Parker. »Eine Eigentumswohnung in Downtown, ein neuer Cadillac…«
    »Und wer kommt für Ihren exklusiven Lebensstil auf, Detective?«, fragte sie spitz. »Schuhe von Gucci, Anzug von Canali… Ich kann

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