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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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gewusst, wieso Kyle und Roddick gekommen waren und die gleichen Fragen noch einmal stellten. Selbst dass der Mini Cooper abgeholt worden war, hatten sie nicht gewusst. Vielleicht waren sie keine echten Cops. Vielleicht waren es ganz böse Typen. Vielleicht hatten sie den Mann umgebracht, den angeblich Jace umgebracht haben sollte.
    Wer immer sie auch waren, Tyler mochte sie nicht. Parker schien dagegen nett zu sein, auch wenn er ein Cop war. Kyle war gemein und schikanierte die Leute – genau wie Madame Chen gesagt hatte.
    Flach an die Wand gepresst tastete Tyler sich vorwärts, bis er zu dem Parkplatz kam, auf dem Parker ihn erwischt hatte. Er nahm den gleichen Weg durch den engen Spalt zwischen den beiden Häusern, wo Parker ihn verloren hatte. Sein Rucksack scheuerte an den Wänden.
    Am anderen Ende, wo der Durchgang auf den Bürgersteig stieß, kauerte Tyler sich hin und sah zurück zum Fischmarkt. Auf der Straße liefen Leute hin und her. Niemand bemerkte ihn in dem schmalen Spalt, halb verborgen hinter einer Tafel, auf der die Empfehlungen des Tages im Dim-Sum-Restaurant angepriesen wurden.
    Er sah Kyle und Roddick herauskommen und die Leute einen Bogen um sie machen, wie ein Fluss um zwei Felsbrocken. Heftig gestikulierend diskutierten sie über irgendetwas. Kyle holte ein Handy aus seiner Tasche und sprach länger mit jemandem am anderen Ende. Roddick stemmte die Hände in die Hüften, drehte sich um und sah die Straße hinunter, direkt zu Tyler, wie es schien.
    Tyler hielt den Atem an. Eine magere Frau mit langen dunklen Haaren und einer Sonnenbrille, wie sie Filmstars trugen, kam mit einem dicken Mops an der Leine die Straße entlang. Der Hund sah Tyler, und seine Glubschaugen quollen noch stärker hervor. Seine Krallen kratzten über das Pflaster des Bürgersteigs, als er laut bellend an seiner Leine zog und versuchte, sein Frauchen zu dem Dim-Sum-Schild zu zerren.
    Die Frau runzelte die Stirn und riss an der Leine. »Orson, nein!«
    Roddick sah immer noch die Straße hinunter.
    Orson der Mops bellte weiter. Tyler versuchte ihn zu verscheuchen. Jetzt entdeckte ihn die magere Frau und sprang erschrocken zurück. Tyler sah sie mit flehendem Blick an und legte den Finger auf die Lippen.
    Roddick machte ein paar Schritte, dann sagte Kyle irgendetwas und steckte das Handy wieder in seine Jackentasche. Sie gingen zu einem Wagen, der vor einem Hydranten stand, und stiegen ein.
    Die Frau mit Orson dem Mops beschloss, dass Tyler unwichtig war, und ging weiter. Orson wollte gern noch bleiben, aber er musste sich der Leine fügen und in Bewegung setzen. Die Detectives fädelten sich in den Verkehr ein und fuhren vorbei, ohne herzusehen.
    Tyler stieß die Luft aus. Ihm war schwindlig, und vor seinen Augen tanzten schwarze Flecken. Er lehnte sich gegen die Wand zu seiner Rechten und fragte sich, wie lange es dauern würde, bis sein Herz nicht mehr so schrecklich rasen würde.
    Er nahm seinen Rucksack ab und kramte in der vorderen Tasche nach dem Walkie-Talkie.
    »Scout an Ranger. Scout an Ranger. Hörst du mich?«
    Nichts.
    »Scout an Ranger. Bist du irgendwo da draußen, Ranger?«
    Stille.
    Tyler presste das Gerät gegen seine Wange und schloss die Augen. Der Druck und die Aufregung ließen nach, und an ihre Stelle trat jetzt eine dunkle, beklemmende Furcht. Die Art, bei der sich sein Magen zusammenzog und die Tyler wünschen ließ, er wäre nicht zu groß, um auf einen warmen Schoß zu klettern und sich in starke, schützende Arme zu schmiegen.
    Das Gefühl der Sicherheit, das er bei den Chens empfunden hatte, war fort, von einem Tag auf den anderen. Man hatte sein Zuhause, seine Familie, aufgespürt und bedroht. Die einzige andere Sicherheit in seinem Leben hatte ihm sein Bruder gegeben. Und jetzt hatte er gar nichts mehr.
    Er hatte sich in seinem ganzen Leben noch nie so allein gefühlt.
    Er starrte auf die Straße hinaus, wo alle anderen Menschen ihren alltäglichen Verrichtungen nachgingen und nicht wussten, wie allein und verängstigt er war und dass vielleicht nichts mehr jemals wieder so sein würde wie vorher.
    Warum bin ich ich und nicht dieser Typ, der auf der anderen Straßenseite Pakete ausliefert? Warum bin ich ich und nicht diese Frau, die den Einkaufswagen schiebt? Warum bin ich ich und nicht dieser Mann, der aus seinem Auto steigt?
    Mit solchen Fragen konnte er Jace in den Wahnsinn treiben. Warum bin ich ich und nicht ein anderer ? Warum war das sein Leben? Keine Mutter, kein Vater. Warum war die

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