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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Nächte. Kein Mond, keine Sterne. Häusliche Situationen waren immer am riskantesten. Irgendwann ging die ständige Bewachung jedem auf die Nerven, und obwohl Armstrong noch Spaß an diesem neuartigen Erlebnis hatte, spürte sie, dass er sich eine Auszeit wünschte. Und seine Frau erst recht. Deshalb wollte Froelich niemand im Haus und verließ sich auf einen äußeren Verteidigungsring. Sie wusste, dass sie mehr hätte tun sollen, aber es gab kaum eine andere Möglichkeit – zumindest nicht, bevor sie Armstrong mitteilten, in welcher Gefahr er gegenwärtig schwebte. Aber das hatten sie noch nicht getan, weil der Secret Service das nie tat.
    Der Samstagmorgen in North Dakota brach sonnig und kalt an, und die Vorbereitungen begannen gleich nach dem Frühstück. Die Kundgebung würde um vierzehn Uhr auf dem Gelände eines kirchlichen Gemeindezentrums im Süden von Bismarck stattfinden. Froelich war überrascht gewesen, dass die Versammlung unter freiem Himmel abgehalten werden sollte. Aber Armstrong hatte ihr nur erklärt, sie müsse eben einen Wintermantel tragen, denn seine Landsleute zögen sich normalerweise erst lange nach dem Thanksgiving Day in Gebäude zurück. An diesem Punkt hatte sie den fast irrationalen Drang verspürt, die ganze Veranstaltung abzusagen. Aber sie wusste, dass das Übergangsteam das nicht akzeptieren würde. Außerdem wollte sie nicht schon so früh Kämpfe führen, die sie nur verlieren konnte. Deshalb schwieg sie. Dann war sie nahe daran gewesen vorzuschlagen, Armstrong solle unter seinem Mantel eine Kevlarweste tragen, hatte dann aber schließlich doch den Gedanken verworfen. Der arme Kerl hat vier, vielleicht acht Jahre dieser Art vor sich, dachte sie. Er ist noch nicht mal in sein Amt eingeführt. Zu früh. Später wünschte sie sich, sie wäre ihrem Instinkt gefolgt.
    Das Gelände des kirchlichen Gemeindezentrums hatte ungefähr die Größe eines Fußballfelds und wurde im Norden von der Kirche begrenzt: einem hübschen weiß gestrichenen Holzbau, der in jeder Beziehung traditionell war. Die anderen drei Seiten waren gut eingezäunt; zwei von ihnen grenzten an ältere Wohnsiedlungen, und die dritte bildete die Straßenfront. Dort führte ein breites Einfahrtstor auf einen kleinen Parkplatz. Froelich ließ ihn für diesen Tag sperren und postierte zwei Agenten und einen Streifenwagen der hiesigen Polizei am Tor, während zwölf weitere Cops zu Fuß am Zaun entlang patrouillierten. Sie ließ die umliegenden Straßen von je zwei Streifenwagen sichern und die Kirche von Spürhunden der hiesigen Polizei durchsuchen und danach absperren. Weil Armstrong von seiner Frau begleitet werden würde, verdoppelte sie die Leibwache auf sechs Agenten, die Anweisung hatten, stets in unmittelbarer Nähe des Ehepaars zu bleiben. Dagegen hatte Armstrong nichts einzuwenden. Inmitten einer wachsamen Schar aus sechs taffen Kerlen aufzutreten ließ ihn sehr prominent wirken. Auch sein designierter Nachfolger würde darüber glücklich sein. Vielleicht färbte ein wenig von der Aura eines Mitglieds der Washingtoner Machtelite auf ihn ab.
    Die Armstrongs hatten es sich zur Regel gemacht, bei öffentlichen Veranstaltungen nie etwas zu essen. Man konnte schnell wie ein Idiot aussehen, wenn man fettige Finger hatte oder mit vollem Mund zu reden versuchte. Deshalb nahmen sie ihr Mittagessen zu Hause ein und fuhren in einer Wagenkolonne zum Gemeindezentrum, wo sie sofort zur Sache kamen. Eine leichte Übung. In gewisser Weise sogar entspannend. Lokalpolitik war nicht mehr Armstrongs Problem. Auch sein Nachfolger würde damit keine großen Probleme haben. Er hatte erst vor kurzem eine stattliche Mehrheit eingefahren und sonnte sich jetzt im Glanz von Armstrongs Prominenz. So bestand der Nachmittag aus nicht viel mehr als einem angenehmen Spaziergang in angenehmer Umgebung. Armstrongs Frau sah blendend aus, sein Nachfolger wich nicht von seiner Seite, die Journalisten stellten keine peinlichen Fragen, die vier großen Fernsehgesellschaften und CNN waren da, alle Lokalzeitungen hatten Fotografen geschickt, und Korrespondenten der Washington Post und der New York Times hatten sich ebenfalls eingefunden. Insgesamt klappte alles so gut, dass Armstrong sich zu wünschen begann, er hätte die zweite dieser Veranstaltungen gar nicht erst angesetzt. Sie war eigentlich überflüssig.
    Froelich beobachtete die Gesichter und die Grenzen des Sicherheitsbereichs. Sie beobachtete die Menge und bemühte sich, jede Veränderung in

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