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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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dann im letzten Jahr ihrer Amtszeit sind und wiedergewählt werden wollen und sich erst recht volksnah geben. Und in ungefähr sechs Jahren wird Armstrong selbst als Präsident kandidieren wollen. Haben Sie gesehen, wie das abläuft? Mit New Hampshire beginnend eine Massenveranstaltung nach der anderen? Bürgerversammlungen in Hemdsärmeln? Diners mit Hunderten von Gästen, um Spenden zu sammeln? Ein Alptraum!«
    Danach herrschte Schweigen. Neagley ging zum Sideboard, nahm zwei dünne Schnellhefter aus der Schublade, in der die Fotos gelegen hatten, und hielt einen davon hoch.
    »Ein schriftlicher Bericht«, erklärte sie. »Wichtige Punkte und Empfehlungen aus professionellem Blickwinkel.«
    »Okay«, sagte Froelich.
    Neagley nahm den zweiten Schnellhefter.
    »Und unsere Spesen«, sagte sie. »Alle einzeln aufgeführt. Mit Belegen und allem. Den Scheck sollten Sie auf Reacher ausstellen lassen. Er hat das Geld vorgestreckt.«
    »Okay«, sagte Froelich wieder. Sie nahm die Schnellhefter entgegen und hielt sie gegen ihre Brust gedrückt, als böten sie ihr Schutz.
    »Und denken Sie an Elizabeth Wright aus New Jersey«, schaltete sich Reacher ein. »Die dürfen Sie nicht vergessen. Sie hat eine Entschädigung verdient. Ich hab ihr gesagt, dass sie als Ersatz für den verpassten Empfang wahrscheinlich zum Amtseinführungsball des Präsidenten eingeladen wird.«
    »Okay«, sagte Froelich zum dritten Mal. »Von mir aus. Ich kümmere mich darum.«
    Sie blieb stehen.
    »Das ist eine Katastrophe«, wiederholte sie.
    »Sie haben einen unmöglichen Job«, meinte Reacher. »Kein Grund, sich deswegen verrückt zu machen.«
    Sie nickte. »Das hat Joe auch immer gemeint. Er hat gesagt, angesichts der Umstände sollten wir eine Erfolgsquote von fünfundneunzig Prozent als Triumph betrachten.«
    »Vierundneunzig«, sagte Reacher. »Von siebzehn Präsidenten habt ihr einen verloren, seit ihr den Personenschutz übernommen habt. Eine Fehlerquote von sechs Prozent. Das ist nicht allzu schlecht.«
    »Vierundneunzig, fünfundneunzig«, sagte sie. »Was auch immer. Vielleicht hatte er Recht.«
    »Ich glaube, Joe hatte in vielerlei Hinsicht Recht.«
    »Aber wir haben noch nie einen Vizepräsidenten verloren«, stellte sie fest. »Bisher nicht.«
    Sie klemmte sich die Schnellhefter unter den Arm, sammelte die Fotos ein und steckte sie in ihre Umhängetasche. Dann musterte sie die Zimmerwände, als wollte sie sich ihre Details einprägen. Eine geistesabwesende Geste. Sie nickte und ging zur Tür.
    »Muss weiter«, sagte sie.
    Als sich die Tür mit leisem Klicken hinter ihr schloss, herrschte eine Weile Stille. Dann richtete Neagley sich auf und löste die Klettverschlüsse an den Manschetten ihres Sweatshirts und reckte sich. Sie warf den Kopf in den Nacken und gähnte herzhaft. Ihre schwarze Mähne fiel wallend über ihre Schultern. Das Sweatshirt rutschte hoch und ließ einen durchtrainierten Waschbrettbauch erkennen.
    »Du siehst noch immer gut aus«, bemerkte er.
    »Du auch, besonders in Schwarz.«
    »Kommt mir wie eine Uniform vor. Ist fünf Jahre her, dass ich eine getragen hab.«
    Neagley hörte auf, sich zu recken, strich ihr Haar glatt und zog ihr Sweatshirt wieder herunter.
    »Sind wir hier fertig?«, fragte sie.
    »Müde?«
    »Fix und fertig. Wir haben uns den Arsch aufgerissen, um dieser armen Frau den Sonntag zu verderben.«
    »Was hältst du von ihr?«
    »Ich finde sie sympathisch. Und wie ich ihr erklärt habe, hat sie einen unmöglichen Job. Ich glaube, dass sie insgesamt gute Arbeit leistet, und bezweifle, dass jemand es besser könnte. Im Grunde weiß sie das selbst – aber es macht sie fertig, dass sie sich mit fünfundneunzig statt hundert Prozent begnügen muss.«
    »Stimmt.«
    »Wer ist dieser Joe, den sie erwähnt hat?«
    »Ein alter Exfreund.«
    »Kanntest du ihn?«
    »Mein Bruder. Sie hat mit ihm zusammengelebt.«
    »Wann?«
    »Sie haben sich vor sechs Jahren getrennt.«
    »Wie ist er?«
    Reacher sah zu Boden. Verbesserte ist nicht zu war .
    »Wie eine zivilisierte Ausgabe von mir«, erwiderte er.
    »Dann will sie jetzt vielleicht auch mit dir ins Bett. Zivilisiertes Verhalten kann eine überschätzte Tugend sein. Und Frauen finden es amüsant, den kompletten Satz zu sammeln.«
    Reacher schwieg.
    »So, ich mache mich jetzt auf den Heimweg«, sagte Neagley. »Zurück nach Chicago, in die reale Welt. Aber ich muss sagen, dass es Spaß gemacht hat, wieder mit dir zusammenzuarbeiten.«
    »Lügnerin.«
    »Nein, das ist

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