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Tödliche Absicht

Tödliche Absicht

Titel: Tödliche Absicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Child
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Unglückliche Mienen, aus denen die leidvolle Erfahrung von Kleinbauern sprach: Früher oder später gibt’s immer eine Missernte.
    »Komm, wir gehen«, sagte Reacher.
    Sie standen auf und verließen das Haus. Erreichten den Suburban, als Froelich gerade ihr Handy zuklappte. Aus ihrem Blick sprach Panik.
    »Was gibt’s?«, fragte Reacher.
    »Wieder ein Brief«, erwiderte sie. »Vor zehn Minuten angekommen. Und er ist noch schlimmer.«

6
     
    Der Brief lag mitten auf dem langen Tisch im Konferenzraum. Um ihn herum hatte sich eine kleine Menschentraube gebildet. Ein brauner Umschlag in Größe C4 mit Metallklammer und aufgerissener Verschlussklappe und ein einzelnes Blatt Schreibmaschinenpapier, auf dem neun Wörter standen: Der Tag, an dem Armstrong sterben wird, naht rasch. Die Mitteilung bestand aus zwei Zeilen, die exakt etwas oberhalb der Mitte angeordnet waren. Sonst war das Blatt leer. Die Anwesenden starrten den Brief an und flüsterten miteinander. Der Mann vom Empfang löste sich aus der Menge und kam auf Froelich zu.
    »Ich hab den Umschlag geöffnet«, sagte er, »den Brief aber nicht angefasst, sondern ihn nur herausrutschen lassen.«
    »Wie ist er angekommen?«, fragte sie.
    »Der Wachmann in der Tiefgarage war auf der Toilette. Als er zurückgekommen ist, hat der Brief auf der Ablage in seinem Glaskasten gelegen. Er hat ihn mir sofort raufgebracht. Deshalb dürften auch seine Fingerabdrücke drauf sein.«
    »Wann genau?«
    »Vor einer halben Stunde.«
    »Wie organisiert der Wachmann seine Pausen?«, wollte Reacher wissen.
    Das Flüstern verstummte. Der Mann vom Empfang wandte sich Reacher zu, als wollte er fragen: Wer zum Teufel sind Sie eigentlich? Aber dann sah er Froelichs Gesichtsausdruck, zuckte mit den Schultern und antwortete bereitwillig.
    »Er verriegelt die Schranke«, sagte er. »So steht’s in der Dienstanweisung. Geht zur Toilette, kommt zurück. Vielleicht zwei- bis dreimal pro Schicht. Er hält sich jeweils acht Stunden lang dort unten auf.«
    Froelich nickte. »Niemand macht ihm einen Vorwurf. Hat schon jemand die Spurensicherung angefordert?«
    »Wir haben auf Sie gewartet.«
    »Okay, der Brief bleibt auf dem Tisch, niemand fasst ihn an. Dieser Raum wird verschlossen.«
    »Gibt’s in der Garage eine Kamera?«, fragte Reacher.
    »Natürlich.«
    »Dann soll Nendick uns sofort das Band von heute Abend bringen.«
    Neagley verrenkte sich den Hals, um die Mitteilung lesen zu können. »Ziemlich schwülstige Ausdrucksweise, finden Sie nicht auch? Und durch das Wort ›rasch‹ ist die Schutzbehauptung, dies sei nur eine Ankündigung, endgültig erledigt, finde ich. Es ist jetzt eine unverhohlene Drohung.«
    Froelich nickte. »Allerdings«, sagte sie. »Sollte jemand nur ein Spiel oder einen Scherz beabsichtigt haben, ist daraus plötzlich bitterer Ernst geworden.«
    Sie sprach laut und deutlich, und Reacher erkannte ihre Absicht rasch genug, um die Gesichter der Anwesenden zu mustern. Keines zeigte irgendeine Reaktion. Froelich sah auf ihre Uhr.
    »Armstrong ist auf dem Rückflug hierher«, sagte sie.
    Danach schwieg sie eine Weile.
    »Stellt ein zweites Team zusammen«, befahl sie. »Eine Hälfte nach Andrews, die andere zu Armstrongs Haus. Und lasst in der Kolonne einen zusätzlichen Wagen mitfahren. Kommt auf Umwegen wieder zurück.«
    Nach einem kurzen Zögern begannen ihre Leute in Aktion zu treten. Reacher beobachtete sie aufmerksam und war mit dem zufrieden, was er sah. Dann folgten Neagley und er Froelich in ihr Büro. Sie wählte eine FBI-Nummer und forderte dringend ein Team von Spurensicherern an.
    »Nicht dass ernstlich daran zu zweifeln wäre, was sie finden werden«, sagte sie, ohne jemand Bestimmten anzusprechen. Dann klopfte es, und Nendick kam mit zwei Videokassetten herein.
    »Zwei Kameras«, erklärte er. »Eine ist unter dem Dach des Glaskastens montiert, blickt schräg nach unten, soll die jeweiligen Fahrer am Steuer identifizieren. Die andere hängt draußen, überwacht die Einfahrt, soll die hereinkommenden Fahrzeuge registrieren.«
    Er legte beide Kassetten auf den Schreibtisch und ging wieder. Froelich schob die erste Kassette in den Recorder und drückte den Abspielknopf. Dieses Video zeigte die Schrägsicht aus dem Glaskasten. Der Winkel war steil, aber in etwa richtig, um einen Fahrer durchs Seitenfenster zu erfassen. Sie ließ das Band fünfunddreißig Minuten zurücklaufen und drückte erneut auf PLAY. Der Wachmann, dessen linke Schulter von hinten zu sehen

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