Tödliche Aspekte Kommissarin Julia Sanders 2. Fall (Krimis aus Schleswig-Holstein) (German Edition)
geht es denn überhaupt. Sehen Sie
in unserer Mutter auch eine Verdächtige?“ Julia schüttelte den Kopf.
„Es tut uns so leid, aber Ihr Bruder
Dirk hat sich heute Nacht in der JVA das Leben genommen.“ Bestürzt sahen die
Brüder sich an. Jörg strich sich mit den Fingern über das Haar.
„Auch das noch. Das wird Mutter das Herz
brechen. Deswegen sollten wir mitkommen?“ Julia nickte. Sie gingen durch den blühenden
Garten, in dem es nach Rosen duftete, auf die Haustür zu. Fabian besaß einen
Schlüssel. Sie fanden Ella Kummer schlafend, auf der Terrasse, in einem Liegestuhl.
Sie war schmal geworden, das Grau ihrer Haare war stumpf, und sie hatte eine
fahle Gesichtsfarbe. Jörg strich über ihren Arm.
„Mama wir sind es.“ Sie schlug die Augen
auf. Als sie ihre Söhne sah, lächelte sie.
„Hallo ihr zwei, das ist ja eine
Überraschung.“ Erst als sie im Hintergrund Julia und Andrea bemerkte, wusste
sie, dass etwas nicht stimmte. „Was ist passiert? Ist was mit Dirk?“ Andrea
trat vor und sagte leise:
„Frau Kummer, es tut uns unendlich leid.
Ihr Sohn hat sich heute Nacht in der JVA das Leben genommen.“ Ella Kummer wurde
kreidebleich. Es war gut, dass sie bereits saß, vermutlich wäre sie in Ohnmacht
gefallen. Ihre Söhne standen an ihrer Seite, als sie fragte:
„Wie?“ Andrea warf Julia einen Blick zu,
der zu fragen schien: Soll ich es ihr erzählen? Julia nickte unmerklich. Mit
leiser Stimme sagte Andrea:
„Er hat sich mit seinem Betttuch
erhängt.“ Ella Kummer weinte, bis nur noch ein Schluchzen übrig blieb.
„Er hat sich so verändert in letzter
Zeit, war gar nicht mehr mein kleiner Dirk. Wie kommt ein Mensch auf die Idee,
seinen eigenen Vater zu töten. Ich kann es einfach nicht verstehen.“ Fabian
hatte sich zu ihr hinunter gebeugt und redete gedämpft auf sie ein. Julia
nickte Andrea zu, als Zeichen, dass sie sich verabschieden sollten. Sie ließen
die Familie trauern und gingen auf leisen Sohlen den Weg zurück.
„Ich finde es furchtbar, dass wir
Nachrichten dieser Art überbringen müssen.“ Julia konnte das nur bestätigen.
„Aber einer muss es tun, und wenn es
unser Fall ist, dann halt wir.“ Andrea nickte.
„Hoffentlich geht der Tag nicht so
weiter.“ Plötzlich fiel Julia der Junkie ein, den sie schon so lange suchten.
„Wieso haben wir den Junkie, der
vermutlich für Örtlers Tod verantwortlich ist, noch immer nicht gefunden? Er
muss untergetaucht sein. Ich möchte den Fall Daniel Örtler auch endlich abschließen
können. Zu dumm, dass wir die Telefonnummer von dieser Gesche nicht haben. Wir
könnten allerdings mal nach Gaarden zum Vinetaplatz fahren. Möglicherweise hält
sie sich auch dort auf oder einer ihrer Freunde weiß, wo sie steckt.“
Kapitel 35
Sie
fuhren zum LKA zurück, um ihren Chef davon zu unterrichten, dass sie sich auf
die Suche nach dem Junkie machen wollten, der unter Verdacht stand, Daniel
Örtler getötet zu haben. Dass sie dabei auch seine Freundin suchen wollten,
verschwiegen sie.
„Die Frage ist, wie finden wir diese
Gesche. Wir wissen noch nicht einmal, wie sie aussieht“, stellte Andrea fragend
fest. Julia knabberte an ihrer Unterlippe.
„Wir müssen uns halt durchfragen und
hoffen, dass jemand sie kennt. Vielleicht hängt sie auch da herum.“ Im
Feierabendverkehr machten sie sich auf den Weg nach Gaarden, über die
schnellste Verbindung in die Türkei, die Gablenzbrücke. Julia parkte ihren
Wagen in einer Seitenstraße. Der Vinetaplatz war um diese Tageszeit gut
besucht. Auf den Bänken lungerten Menschen herum, von denen sie den Eindruck
bekamen, dass es sich um gescheiterte und von der Gesellschaft entfernte
Existenzen handelte. In der Mitte des Platzes plätscherte ein Brunnen auf zwei
Ebenen, in der Mitte der oberen Ebene befand sich eine Skulptur, die ein
tanzendes Paar darstellte. Der Brunnen lud vor allem die Kinder ein, sich gegenseitig
nass zu spritzen.
„Sieht hübsch aus“, stellte Julia fest.
„Was meinst du?“, fragte Andrea sie
erstaunt.
„Na ja den Brunnen, was sonst?“, erhielt
sie die knappe Antwort. Die beiden Polizistinnen betrachteten die Menschen auf
den Bänken und auf den Steinplatten davor. Sie traten unbemerkt näher. Ein junges
Mädchen mit kurzen roten Haaren und tätowierten Armen und Beinen und Piercings,
wohin man sah, erregte Julias Aufmerksamkeit besonders. Sie drehte sich eine
Zigarette und ließ sie sich von einem jungen Mann anzünden. Sie saß in einer
Gruppe von jungen
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