Toedliche Blumen
wirbelte mit der toffeebraunen Pracht vor ihrer Nase herum.
Klara starrte sie nur staunend an. Veronika hatte auch keine Antwort erwartet.
»Wir werden an dieser Partie ein paar Änderungen vornehmen müssen«, sagte die Frau und griff nach dem Stoff unter den Achselhöhlen. »Sie haben ja einen recht schmalen Rücken. Wann wird denn die Hochzeit stattfinden, wenn ich fragen darf?«
»Erst Ende August«, antwortete Veronika.
»Das ist gut. Da bleibt uns reichlich Zeit für die Änderungen.«
Woraufhin sie begann, Vorschläge für eine Frisur zu machen, was Veronika jedoch veranlasste, unmittelbar die Bremse zu ziehen. Doch auch in diesem Punkt ließ sie sich nach einer Weile umstimmen. In einem Korb auf dem Glastresen lagen verschiedene sehr hübsche, kleine und mit Perlen verzierte Spangen, die auch für kurzes Haar geeignet waren.
»Man kann sie zum Beispiel auch mit frischen Blumen versehen«, erklärte die Frau und zeigte ihr ein Bild in einer Zeitschrift, auf dem kleine Vergissmeinnicht an den Schläfen festgesteckt waren. »Es gibt so viele Möglichkeiten«, lächelte sie Veronika an.
Veronika fragte sich unterdessen, warum sie die ganze Zeit die Bremse zog. Warum traute sie sich nicht, ihren inneren Wünschen nachzugeben? Warum nicht den uneitlen, so genannten natürlichen Look einfach mal für einen Tag ablegen? Sich davon frei machen. Was hinderte sie eigentlich daran? Handelte es sich um eine Art Scham darüber, eitel zu sein?
»Okay«, sagte sie schließlich. »Ich nehme die Spangen. Beide.«
Egal wie Claes es finden würde, aber sie wollte so schön sein wie nur irgend möglich.
Als sie kurz darauf wieder auf dem Marktplatz standen, waren sie ganz berauscht von all den schönen Kleidern, die sie angeschaut hatten, und der netten Bedienung. Veronika hatte sich ihr Kleid bestellt, und sie freuten sich an ihrem Entschluss.
»In meinem Job bin ich leider von einem weitaus weniger schönen Ambiente umgeben«, bedauerte Veronika. »Wie erfüllend es sein muss, andere Menschen hübsch zu machen! Träume zu verwirklichen. Ein Hauch von Organza und ein Kuss auf der Kirchentreppe. Genau wie im Märchen. Schade nur, dass so viele hinterher enttäuscht sind.«
Gerade als sie sich neben der Kunsthalle auf dem Mårtenstorget an einen Tisch in der Sonne gesetzt hatten, klingelte ihr Handy.
Der Anruf kam aus dem Polizeipräsidium. Veronika war verwirrt. Louise Jasinski war am Apparat und wollte ihr einige Fragen zu einer Patientin stellen. Sie wollte abwehren, doch Louise Jasinski war beharrlich und fragte, ob Veronika sich an eine Schülerin erinnern könne, die vor einer Woche im Krankenhaus gelegen hatte, und ob sie sich in der Lage sehe, sich ohne die Akte im Hintergrund über das Mädchen zu äußern.
»Ihren Kollegen Daniel Skotte kann ich nämlich nicht erreichen«, erklärte Louise Jasinski.
»Er ist in London.«
An das Mädchen erinnerte sie sich jedoch recht genau.
Und dann kam auch schon die schwierige Frage: »Hatten Sie den Eindruck, dass das Mädchen unter einer Krankheit litt, die sie besonders verletzlich erscheinen ließ?«
»Inwiefern?«
Veronika spürte die kalte Angst in ihrer Brust aufsteigen. Hatte sie etwas übersehen?
»Sie ist vermisst gemeldet«, klärte Louise Jasinski sie schließlich auf und setzte sie kurz ins Bild.
Veronika fühlte sich wie gelähmt. Wusste nicht, was sie darauf antworten sollte.
»Zu dem Zeitpunkt, als ich das Mädchen zusammen mit seiner Mutter traf, konnte man eigentlich nicht genau sagen, was mit ihr los war«, brachte sie schließlich hervor. »Aber ich hatte nicht den Eindruck, dass sie besonders schlimm dran war. Rein körperlich betrachtet. Jedenfalls nicht zu diesem Zeitpunkt. Aber ob sich nachträglich eine Krankheit entwickelt hat, kann ich natürlich nicht sagen. Ich habe die Mutter angewiesen, in diesem Fall wiederzukommen.«
Ihre Gedanken überschlugen sich. Sie hielt sich mit einem Finger das freie Ohr zu, um den Verkehrslärm um sie herum abzudämpfen. Außerdem war der Wochenmarkt in vollem Gange. Lauter fröhliche, entspannte Menschen.
»Glauben Sie, dass Sie sie finden werden?«
»Früher oder später schon«, antwortete Louise Jasinski.
Mehr brauchte nicht gesagt zu werden.
ZEHNTES KAPITEL
Sonntag, 14. April
L ouise schaltete das Transistorradio auf der Arbeitsfläche in der Küche ein und hatte sich gerade mit einem dürftigen Frühstück, Tee und Knäckebrot ohne Belag, an den Tisch gesetzt, als der Gottesdienst übertragen
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