Toedliche Blumen
sind manchmal infernalisch miteinander verflochten.«
»Und wie steht es um ihren Charakter? Repräsentiert sie die Sorte Mensch, die sich nicht ziert zu nehmen, was sie kriegen kann?«
»So ungefähr«, antwortete Louise mit einem gewissen Zögern. »Allerdings war sie mitunter sehr charmant. Das Übliche eben. Ihr Sohn beschrieb sie als kompliziert. Sie hat wohl hart durchgegriffen. Ließ es nicht zu, dass er nach der Scheidung seinen Vater traf. Doch als er ins Teenageralter und damit in ein Alter kam, in dem die meisten neugierig auf ihre Herkunft sind, nahm er heimlich selbst Kontakt zu ihm auf. Seine Mutter hatte offensichtlich eine Art Bedürfnis nach sozialer Rache, war mein Eindruck. Sie verlor im Rahmen der Scheidung ziemlich viel. Nicht nur finanziell gesehen, natürlich. Sie ist ja immerhin verlassen worden«, erklärte Louise.
Claesson spürte eine unterschwellige Aggressivität hinter ihren Worten. Sie beide hatten ihre jeweiligen Rollen im beruflichen Umfeld inne und spielten sie gut. Er hörte also, was sie sagte, aber darüber hinaus eben auch das, was sie nicht aussprach, entschied sich jedoch dennoch, sich an die Fakten zu halten. Ihre Andeutung, dass ihr Privatleben in Aufruhr war, hatte ihn nur verlegen gestimmt.
»Du sagtest, dass der Sohn immer noch in der Stadt wohnt«, kam er zum Thema zurück.
»Ja.«
»Warum ist er nicht weggezogen? Befreiungsprozesse bringen die Menschen dazu, sich über den halben Erdball zu verteilen. Oder zumindest in einen anderen Teil des Landes zu ziehen. Aber er wohnt immer noch hier. In der Nähe seiner armen Mutter.«
»Das ist mir auch aufgefallen. Aber er besitzt ein perfektes Alibi«, gab Louise zu verstehen. »Leider! Doch man kann es natürlich noch einmal kontrollieren, indem man es Minute für Minute auseinander nimmt.«
Plötzlich musste sie lachen. Eine stille Wärme schien in ihr aufzusteigen, sanft und sonnengelb. Sie schien sich in Claessons Gesellschaft wohl zu fühlen. Ein deutliches Zeichen, welch starken Stimmungsschwankungen sie unterlegen war. Ihre Mundwinkel wanderten nach oben, sie versuchte sich an einem vorsichtigen Lächeln, hauptsächlich aus Erleichterung darüber, dass sie sich einen Augenblick lang so fühlte wie vor dem Eintreffen ihres persönlichen Elends.
»Ich habe schon lange nicht mehr gelacht«, entschuldigte sie sich nahezu.
»Schade«, erwiderte er.
Mehr sagte er dazu nicht.
Er warf einen Blick auf die Uhr. Die Scheidung setzte ihr unglaublich zu, dachte er und stand auf, um Zettel und Stift zu holen. Aber er hatte dennoch nicht vor, sie zu fragen, ob sie sich freinehmen, krankgeschrieben oder in einer anderen Form entlastet werden wollte, da sie es als Beleidigung empfunden hätte. Also musste sie schon selbst den Vorschlag anbringen. Im Übrigen wusste er aus eigener Erfahrung, dass es von Vorteil war, nicht gerade dann aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden, wenn es einem am schlechtesten ging, weil man somit vermied, zu Hause zu sitzen und zu grübeln.
»Fünfhunderttausend, sagtest du?«, fragte er nach.
Er setzte sich wieder und schrieb die Ziffern auf den oberen Rand des Papiers.
»Schreib vierhundertfünfzigtausend«, berichtigte sie ihn.
Sie legte ihre Unterarme auf die Tischplatte.
Es hatte etwas Befreiendes, Zahlen vor sich zu haben. Konkrete Werte, mit denen man jonglieren konnte. Das hätten sie schon lange tun sollen, dachte sie. Oder eher gesagt, hätte sie selbst sich schon längst darum kümmern sollen, dass jemand eine Kalkulation erstellte.
Claesson strich die erste Zahl durch und notierte die neue.
»Es könnte ja sein, dass Folke … so hieß er doch, oder?«
»Ja«, nickte sie.
Sie spürte, dass Claesson es jetzt eilig hatte, dass er halb auf dem Sprung war, und doch konnte er das Spiel mit den Zahlen nicht lassen.
»Wenn wir nun annehmen, dass er ihr mehrmals in der Woche Geld gegeben hat, sagen wir zweimal, der Einfachheit halber. Und nehmen wir weiter an, dass er das zwei Jahre lang getan hat … das macht hundertvier Wochen. Vermutlich fallen davon einige Wochen aufgrund von Urlaub weg, aber egal …«
Er drehte sich um, zog eine der Küchenschubladen heraus und streckte sich nach einem Taschenrechner.
»Das macht ungefähr viertausenddreihundert Kronen in der Woche«, las er auf seinem Display.
»Klingt erst mal viel.«
»Wenn wir uns aber stattdessen denken, dass die vierhundertfünfzigtausend im Laufe von fünf Jahren übergeben wurden, macht das …«
Sein
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