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Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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Ausbildung hätte sie in dieser Situation vermutlich schon längst die Fassung verloren. Hätte sich vielleicht auf den Boden geworfen und aus voller Kehle geschrien. Oder wäre wie eine Verrückte geradewegs auf den Weg und ins Visier des Schützen gelaufen.
    Nun hielt sie sowohl den Schrei als auch ihren Fluchtinstinkt zurück. Ihr Mund war völlig ausgetrocknet, und die Beine taten ihr weh. Sie saß in der Hocke und war kurz davor, einen Wadenkrampf zu bekommen. Musste dringend die Stellung wechseln, ihre Hüften strecken, doch sie wagte es nicht.
    Die sie umgebende Stille war verräterisch. Was tat der Schütze wohl gerade? Sie spitzte die Ohren, hörte jedoch nur die Bäume im Wind rauschen, einige Zweige, die knackten, und das schwache Geräusch eines Flugzeugs in einiger Entfernung.
    Grob geschätzt, beurteilte sie den Abstand zum Schützen als gering. Maximal hundert Meter. Aber hoffentlich groß genug, sodass sich ein eventueller Kugelhagel verteilen würde. Falls er nun eine Schrotflinte bei sich hatte. Es handelte sich auf jeden Fall nicht um einen Elchstutzen, denn dann hätte Larsson den Schuss nicht überlebt und keinerlei stöhnende Laute mehr von sich geben können, die immer noch aus seiner Richtung kamen.
    Die Sicht im Dunkeln war extrem schlecht. Es war nicht leicht zu treffen. Weder für sie, die zugegebenermaßen eine geschickte Schützin war, noch für den, der den Schuss abgefeuert und einen Treffer gelandet hatte. Zufall? Oder war er tatsächlich ein geübter und treffsicherer Jäger, der auf der Lauer gelegen hatte? Vielleicht ein Krimineller mit einem ganzen Waffenarsenal?
    Ihr Gegner war die große Unbekannte in ihrer Rechnung. Lena Jönsson umfasste ihre Sig-Sauer fester. Vergegenwärtigte sich nochmals, dass sie eine schnelle Sprinterin und eine noch bessere Schützin war. Allmählich hatte sie sich von dem kräftigen Adrenalinrausch erholt und überlegte erneut, ob sie es wagen könne, sich zum Nachbarhaus zu schleichen. Die Dunkelheit würde ihr Schutz bieten und ihr somit zum Vorteil gereichen. Fortkriechen, sowohl das Auto als auch Conny zurücklassen, um Hilfe zu holen. Die Autoschlüssel hatte sie sowieso nicht bei sich, sie befanden sich in Conny Larssons Hosentasche. Bevor sie sich auf den Weg zur Garage gemacht hatten, hatte er den Motor abgestellt und sie abgezogen. Es wäre völlig idiotisch, auch nur anzunehmen, dass sie an die Schlüssel gelangen könne, um dann unbeschadet mit dem Auto wegzufahren.
    Vorsichtig steckte sie die ausgeschaltete Taschenlampe ein. Ihre dunkle Kleidung half ihr, sich von der Nacht absorbieren zu lassen. Der Boden war weich und an einigen Stellen matschig, sodass ihre Kleidung unmittelbar feucht und schwer wurde, doch solange sie sich bewegte, fror sie nicht, solange das Adrenalin sie anzutreiben vermochte und sie wach und warm hielt.
    Langsam, aber stetig arbeitete sie sich mit ihren Ellenbogen und Unterarmen vorwärts, geriet unversehens in einen stacheligen Busch und riss sich die Wange auf, versuchte sich ein wenig aufzurichten, doch im selben Moment prallte ihre Handwurzel an etwas Scharfkantiges, und ihre Hand begann zu schmerzen. Sie konnte keine Rücksicht darauf nehmen, dass sie vermutlich blutete, und traute sich auch nicht, sich umzusehen, richtete ihren Blick stur nach vorn.
    Sie schaute so eindringlich in Richtung des Hauses des alten Mannes, das in einiger Entfernung leuchtete, dass sich ihr Ziel bald wie eine Fata Morgana ausnahm. Sie presste sich gegen die niedrige Steinmauer, die die Auffahrt säumte, ging hinter einigen Steinblöcken in Deckung, merkte jedoch bald, dass das Gelände nur schwer zugänglich war. Dichtes Zweigwerk von Büschen, scharfkantige Steine und umgestürzte Baumstämme hielten sie immer wieder zurück.
    Sie wog noch einmal ihre Möglichkeiten ab. Zögerte davor, über die Steinmauer zu springen und auf dem Weg weiterzugehen. In der Zwischenzeit war sie bereits ein gutes Stück weit gekommen. Wenn sie den Rest des Weges rennen und auf die erleuchtete Lampe über der Haustür zustürmen würde, gelänge es ihm vermutlich nicht, sie zu stoppen und sie mit einem möglichen Schuss zu treffen.
    Plötzlich hörte sie einen Motor aufheulen. Sie warf sich unmittelbar flach auf den Boden und duckte sich hinter der Steinmauer. Das Motorengeräusch wurde lauter, es schien von der Garage zu kommen. Sie griff nach ihrer Pistole, richtete sich vorsichtig wieder auf und riskierte einen Blick über die Steinmauer. Die

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