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Toedliche Blumen

Toedliche Blumen

Titel: Toedliche Blumen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wahlberg
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Stimme los. »Kann ich dich kurz sprechen?«
    »Ja.«
    »Ich hab es auf gut Glück versucht. Wusste ja nicht, ob du noch da bist oder bereits nach Hause gefahren bist. Glaubst du, du könntest uns hier auf der Notaufnahme ein wenig unter die Arme greifen, bevor du gehst? Hier ist total viel los, und es geht nur langsam voran. Und dann haben wir auch noch Viola Blom wieder hereinbekommen. Sie liegt im Moment noch auf einer Trage. Nichts Besonderes, ungefähr dasselbe wie sonst auch. Es zwickt überall, du weißt schon. Sie kommt anscheinend mit der Einsamkeit nicht zurecht. Also überlegen wir, ob wir ihr nicht ein belegtes Brot und Kaffee geben sollen, um sie ein wenig aufzumuntern. Das hilft ja für gewöhnlich. Aber ich wollte dich zuerst fragen, damit ich nichts verkehrt mache. Außerdem dachten wir, da du sie ja gut kennst, dass du sie bestimmt überreden kannst, danach wieder nach Hause zu gehen. Aber wenn er … ja, der Neue, du weißt schon, wenn er vorher erst noch die dickste Akte der Klinik durcharbeiten müsste, dann würde es ja Ewigkeiten dauern. Dann wären wir sie nicht vor Jahresende wieder los. Aber du kennst sie ja …«
    Schwester Agneta machte eine Pause. Veronika, die mit dem Rücken zu Ted Västlund stand, musste angesichts des Redeschwalls der Krankenschwester lächeln. Gleichzeitig dachte sie über ihre Anfrage nach, was an und für sich unnötig war, denn sie hatte im Prinzip gar keine andere Wahl. Für sie war es eine Selbstverständlichkeit, in der Notaufnahme zu helfen. Aber dennoch wollte sie sich irgendwie eine gewisse Bedenkzeit verschaffen. Das Ganze etwas setzen lassen.
    Sie hörte, wie der Mann hinter ihr aufstand.
    »Glaubst du, du könntest es schaffen?«, flehte Agneta erneut und holte Luft für weitere Überredungskünste.
    »Ich komme, sobald ich kann«, antwortete sie, legte auf und drehte sich um.
    »Entschuldigung!«
    Sie sah, dass Ted Västlund im Begriff war zu gehen. Zu ihrer Erleichterung wirkte er verblüffend wenig enttäuscht darüber, dass sie ihn kurzfristig vernachlässigt hatte.
    »Keine Ursache«, entgegnete er höflich und lächelte sogar ein wenig.
    »Ja, jetzt haben Sie über vieles nachzudenken«, rundete Veronika das Gespräch ab. »Es wird nicht leicht werden.«
    »Nein«, seufzte er und sah auf sie hinunter.
    Ein stilvoller Mann, dachte sie. Aber für ihren Begriff machten seine Schuhe einen allzu gepflegten Eindruck.
    »Ach, übrigens«, erinnerte sie sich. »Vielen fällt es schwer, in einer solchen Situation zu arbeiten. Ich kann Sie gerne krankschreiben, wenn Sie möchten.«
    »Nein, danke. Das ist nicht nötig«, antwortete er höflich und ohne zu zögern, was sie stutzen ließ.
    Sie überlegte kurz, ob sie ihn darüber in Kenntnis setzen sollte, dass es sich bei Doris Västlund um einen polizeilichen Fall handelte, kam jedoch zu dem Schluss, dass sich das von selbst verstand. Er hatte auch nicht weiter danach gefragt. Vielleicht gehörte Rechtspflege zu seinem Beruf. Sie hatte keine Ahnung, in welcher Branche Ted Västlund tätig war.
    Und er wusste nicht, welche Art von Schäden seine Mutter davongetragen hatte. Nicht einmal danach hatte er gefragt, fiel Veronika auf, als sie die Treppen zur Notaufnahme hinunterlief.
     
    Viktoria lag auf dem Bett in ihrem Zimmer, dessen Wände ganz in Gelb tapeziert waren. Sie hatte sich eingekuschelt und blätterte, auf der Seite liegend, in einem alten Comic mit Bamse und Skalman, dem starken Teddybären und dem schlauen Schildkrötenmännchen, das sie irgendwo im Durcheinander des Faches unter ihrem Nachttisch gefunden hatte. Sie fühlte sich zu kraftlos, um nach etwas anderem zu suchen, und vor dem Fernseher im Wohnzimmer wollte sie nicht sitzen. Jedenfalls nicht jetzt.
    Der knallrosafarbene Wecker tickte geräuschvoll. Das regelmäßige, wohl bekannte Ticken entspannte sie. Als sie vorhin den Kopf angehoben und auf das Zifferblatt geschaut hatte, war es kurz vor halb zehn gewesen. Mama würde erst nach zehn Uhr nach Hause kommen. Die Zeit kroch förmlich dahin.
    Sie spürte ihre Plüschtiere im Rücken. Es war, als bildeten sie einen schützenden, abschirmenden Wall um sie. An der Wand aufgereiht, saßen sie dicht nebeneinander mit den Vorderpfoten und -beinen auf dem hellblauen Bettüberwurf, der mit Hunden bedruckt war und zusammengerollt entlang der Längsseite des Bettes lag. Sie verzichtete darauf, täglich ihr Bett zu machen. Denn dann müsste sie jedes Mal alle ihre kleinen Freunde herunternehmen und

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