Toedliche Blumen
Kjell-Evert getauft, habe aber schon früh am eigenen Leibe zu spüren bekommen, dass man so nicht heißen kann. Jedenfalls nicht, wenn man Prügel vermeiden will.«
Kjell E. Johansson konnte sehr wohl Doris Västlund ermordet haben, bevor er zur Maskerade fuhr, überlegte Peter Berg. Aber was war sein Motiv? Wusste er von dem Geld? Doch warum hatte er dann nicht einfach mehr genommen? Der Karton war doch randvoll.
Er würde eine Wohnungsdurchsuchung beantragen müssen. Da war er sich ganz sicher. Er nahm das Handy und rief die Leiterin der Voruntersuchung, Louise Jasinski, an.
Louise Jasinski war gerade damit beschäftigt, ein Lunchpaket zusammenzustellen, als Peter Berg anrief.
»Johansson hätte natürlich den ganzen gestrigen Tag lang Zeit gehabt, Beweisstücke zu vernichten«, räumte Peter Berg ein. »Er sieht übrigens ziemlich malträtiert aus. Von daher könnte es durchaus sein, dass er zuerst Doris Västlund zusammengeschlagen und sich danach noch an einer weiteren Person abreagiert hat. Dieses Handlungsmuster ist ja nicht ganz untypisch. Aber das Motiv liegt leider noch völlig im Dunkeln. Das Gespräch mit ihm brachte keinerlei Hinweise darauf, doch in diesem Fall kann es ja sein, dass es durchaus reicht, wenn sie ihm in der Waschküche im Weg war. Er gehört wahrscheinlich zu der Sorte Mensch, die so etwas nicht verträgt …«
»Ja, vielleicht«, erwiderte Louise, legte das Buttermesser zur Seite und leckte einen Klecks Kalles Kaviarcreme von ihrem Fingerknöchel. »Es klingt nachvollziehbar …«
Vor sich sah sie eine relativ simple Lösung des Falles, unter welcher Rubrik auch immer er geführt werden würde: Totschlag, grobe Misshandlung beziehungsweise schwere Körperverletzung mit Todesfolge oder sogar Mord. Es hing davon ab, inwieweit die Tat geplant war.
»Natürlich besteht immer die Gefahr, dass Beweisstücke vernichtet werden. Doch in diesem Fall wirkt sein unkooperatives Verhalten an sich schon verdächtig«, bemerkte Peter Berg.
Louise hingegen wollte nichts übereilen. In dem Punkt war sie sehr genau. Sie war eine ordentliche Frau, jedenfalls was ihre Arbeit betraf. Doch die Entscheidung über das weitere Vorgehen lag bereits auf der Hand. Wohnungsdurchsuchung und Vorladung zum Verhör. Sie musste nur noch die Arbeitsverteilung koordinieren, denn es war immerhin Sonntag. Also versprach sie, ihn zurückzurufen.
Es war nicht ganz unproblematisch gewesen, ihre beiden Töchter zu einem gemeinsamen Ausflug zu überreden. Sie hätten sich wirklich etwas Aufregenderes vorstellen können, doch Louise war darauf bedacht, die Familie, insoweit sie noch existierte, zusammenzuhalten. Die Mädchen hingegen hatten geplant, ihre Freunde zu treffen, doch sie würden das sonntägliche Beisammensein mit ihrer Mutter überleben, hatte die Ältere nach einigem Hin und Her geseufzt.
Gabriella und Sofia saßen am Küchentisch. Sie waren kurz zuvor aufgestanden und hatten sich gerade angezogen. Doch nun schienen bereits alle Pläne wieder über den Haufen geworfen, und es würde nichts aus ihrem Ausflug werden, diesem zusammenschweißenden Abenteuer im Miniformat. Sie sahen es an der Haltung ihrer Mutter vor der Spüle.
»Sag bloß nicht, dass wir nicht fahren!«, platzte es aus der Jüngeren heraus, sobald Louise aufgelegt hatte.
»Jetzt, wo wir uns gerade darauf eingestellt haben!«, meckerte Gabriella.
Zwei Paar Augen durchbohrten sie vom Küchensofa aus, als sei sie ein Monster.
»Verdammt!«, fluchte sie zwischen zusammengebissenen Zähnen und versenkte das Buttermesser im Margarinepaket.
Eine konfliktgeladene Stille breitete sich aus. Sie drehte ihren Töchtern den Rücken zu, stützte sich mit den Fingerknöcheln auf die Arbeitsfläche, atmete tief durch und drehte sich dann wieder um.
»Okay«, begann sie mit wiedererlangter Gefasstheit. »Es sieht folgendermaßen aus. Ich muss ins Präsidium. Mir ist klar, dass ich euch überredet habe, aber ich habe tatsächlich geglaubt, dass wir ein bisschen rausfahren können. Jedenfalls hatte ich es vor. Aber manchmal kommt eben etwas dazwischen.«
Zwei missmutige Gesichter starrten sie unbarmherzig an.
»Und außerdem müssen wir uns in Zukunft auf so manche unvorhergesehene Veränderung unseres Tagesablaufs einstellen«, setzte sie ihre Litanei fort. »Doch wir werden das schon schaffen … wir drei … oder?«
Sie legte den Kopf schräg, als suchte sie nach Bestätigung.
Probleme. Nichts als Probleme! Es machte sie mürbe.
Aber so war das
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