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Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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Versammelten zu und ließ seinen strengen Blick umherschweifen. Die Augen senkten sich, die Köpfe wandten sich ab. In diesem Augenblick bewunderte ich ihn mal wieder. Auf diese Art Eindruck zu machen, versteht niemand besser als er.
    Waratto, unversehens in die Enge getrieben, ließ sich jedoch nicht unterkriegen und gab sich empört.
    „Wie könnt Ihr einen so ungeheuerlichen Verdacht äußern, Herr Odo von Reims?“, grollte er. „Seit Jahren stehe ich hier an der Grenze und schütze das Reich – und Ihr wollt mir Aufruhr oder sogar Verrat unterstellen? Nur weil ich in meiner berechtigten Erschütterung über den Mord an einem nahen Verwandten und die Entführung meines Kindes ein paar zornige Worte hervorstieß? Ich war außer mir! Wer hätte dafür nicht Verständnis?“
    „Uns schien“, fuhr Odo unbarmherzig fort, „Ihr wähltet Eure Worte bewusst. Als ich Euch darauf aufmerksam machte, dass der Herr Kaiser sie nicht billigen würde, nanntet Ihr mich einen Streithahn. Danach auch noch einen Aufschneider von zweifelhafter Herkunft.“
    „Zum Teufel! Ich wusste nicht, wen ich vor mir hatte!“
    „Aber ich hatte mich Euch doch vorgestellt. Als Mitglied des alten Königsgeschlechts der Merowinger.“
    „Wie konnte ich Euch glauben! So wie Ihr aussaht, wie Ihr auftratet!“
    „Ich sah aus wie jemand, der Eure Grafschaft bereist, wo es nicht einmal eine Straße gibt. Dabei habt Ihr seit langem den Auftrag, eine Verbindungsstraße zur Weser bauen zu lassen.“
    „Ich habe kein Geld und keine Leute dafür.“
    „Das wundert mich. Aber wundern muss man sich ja hier ständig. Wir wurden von Euch aufgefordert, hier einzurücken, und dann schloss man vor uns das Tor. Hattet Ihr plötzlich noch etwas Schlimmeres mit uns vor? Sollten wir da draußen zugrunde gehen – ohne Schutz, ohne Vorräte, der Wildnis preisgegeben? Wir wären nicht die erste Gesandtschaft des Herrn Kaisers, der so etwas widerfährt.“
    Ich stieß Odo an, denn jetzt ging er zu weit. Unser kleines Häuflein umstanden inzwischen wohl mehrere hundert Menschen, darunter viele bewaffnete Männer. Wie leicht konnte sich diese Menge, aufgeputscht von ihren Anführern, in eine wütende, blutgierige Herde verwandeln, die uns zu Tode trampelte! Warum musste er gerade in diesem Augenblick an das Schicksal jener Königsboten erinnern, die in entlegene Reichteile aufbrachen und dort spurlos verschwanden?
    Dass Graf Waratto jeden Augenblick die Beherrschung verlieren konnte, zeigte die dunkle Röte an, die ihm ins Gesicht stieg. Noch einmal rechtfertigte er sich, wenn auch wiederum nicht überzeugend.
    „Euer Verdacht ist lächerlich! Ich wusste nicht, dass man das Tor schon geschlossen hatte. Kann mich ja nicht um alles kümmern. Vielleicht hatten die Wächter Euch nicht bemerkt.“
    „Auch nicht, als wir näher kamen? Kein Einziger war auf seinem Posten. Schlecht steht es hier um die Wachsamkeit!“
    Ich stieß Odo ein zweites Mal an, damit er aufhörte, Waratto zu reizen. Der Graf rief nach den Wächtern, die vortraten und mit gleichmütigen Mienen ein Wortgewitter über sich ergehen ließen. Offensichtlich hatten sie keine Folgen zu fürchten.
    Waratto wandte sich schließlich wieder an Odo.
    „Habt Ihr noch mehr vorzubringen, was Euch missfällt? Nur zu! Nur zu! Lasst alles heraus, was Euch im Halse steckt!“
    „Oh“, sagte Odo, „da steckt jetzt nur noch eine Nachricht, die Euch erfreuen wird. Ihr habt mehr Truppen angefordert … sie sind unterwegs. Fünf Hundertschaften! Sie folgen uns, kämpfen sich noch durch Euern Urwald. Sie stehen unter meinem Kommando. Der Herr Karl hat uns die 500 Mann als Geleitschutz bewilligt, weil er unsere Mission hier bei Euch als besonders gefährlich ansieht. Und er hat mich beauftragt zu prüfen, ob Ihr tatsächlich Verstärkung braucht. Sollte dies zu bejahen sein, werde ich Euch, wenn wir weiterreisen, vielleicht zwei Hundertschaften zurücklassen. Seid Ihr zufrieden? Dann dürfen wir jetzt wohl auf Eure Gastfreundschaft hoffen. Ihr werdet uns glauben, dass wir hungrig und durstig sind …“
    Odos dreiste Lüge hatte die angenehmste Wirkung. Eben noch hochfahrend und entrüstet, war Graf Waratto plötzlich wie umgewandelt und ein erfreuter, aufmerksamer, ja beflissener Gastgeber. Er hieß uns mit warmen Worten willkommen, entschuldigte sich für seinen Irrtum und die durch den Tod des edlen Berulf bedingten Wirrungen, bot uns aus seinem eigenen Becher, der aus purem Golde war, den Willkommenstrunk. Odo

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