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Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman

Titel: Toedliche Brautnacht - Odo und Lupus Kommissare Karls des Grossen - Erster Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordian Robert
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Schreibermännlein beiseitegegangen und bedeutete ihm, das Gesagte auf seiner Tafel festzuhalten. Wiprecht schien sich aber zu weigern und blickte ganz entsetzt zu ihm auf. Odo musste seine Hand packen und ihn zwingen, den Griffel in das Wachs zu drücken. Endlich schrieb er, wobei er noch mehrmals erschrocken hochblickte. Schließlich klopfte mein Amtsgefährte ihm anerkennend auf die Schulter. Dann winkte er Waratto und den anderen huldvoll und ein wenig herablassend zu, kam lachend die kurze Böschung herunter und sprang ins Boot.
    „Nun legt euch ins Zeug!“, rief er und ergriff das Steuer. „Sonst schicken sie uns noch einen eisernen Gruß hinterher!“
    Wir stießen ab. Unsere sechs Männer und die beiden Knechte, die das Boot zurückbringen sollten, begannen zu rudern. Die Flößer rammten ihre Stangen auf den Grund, und das Floß nahm ebenfalls Fahrt auf.
    Ich blickte gespannt zum Ufer zurück. Tatsächlich, dort gab es Bewegung. Waratto trat zu dem Schreibermännlein, das ängstlich zurückwich und die Wachstafel hinter dem Rücken verbarg. Der Graf entriss sie ihm aber, hielt sie ihm unter die Augen und rüttelte ihn an der Schulter. Natürlich wollte er gleich wissen, welche Ruhmestat Odo berichtet hatte. Alle Männer umringten den Schreiber. Plötzlich hörten wir einen empörten Aufschrei. Aus der Mitte des Haufens flog die Wachstafel hoch in die Luft und landete irgendwo im Uferschlick. Und das Schreibermännlein machte einen gewaltigen Satz hinterher.
    „Der arme Kerl tut mir leid“, sagte Odo, der ebenfalls alles gesehen hatte. „Er kann ja nichts dafür!“
    „Um Gottes willen, was hast du ihm denn diktiert?“, rief ich über die Köpfe unserer Ruderer hinweg.
    „Na, was wohl? Die Wahrheit! Du kennst sie doch, Vater. Ich diktierte: ‚Die größte Heldentat des edlen Waratto in der blutigen Schlacht am Süntel war diese: In der Nacht vor dem Ausmarsch schnitt er dem edlen Odo von Reims, seinem schlafenden Zeltnachbarn, einen Lederbeutel mit 300 Denaren vom Halse. Die dreiste Dieberei forderte Kühnheit, Geschicklichkeit und Entschlusskraft und stellte alle Waffentaten der fränkischen Krieger in den Schatten.‘ Ist das nicht gut gesagt?“
    „Die dort am Ufer scheinen anderer Meinung zu sein.“
    Wir sahen noch, dass einige Fäuste gereckt wurden, und hörten, dass man uns etwas nachrief. Doch wir waren bereits ein gutes Stück entfernt und mit der Strömung flussabwärts getrieben. Das Rauschen des Wassers und das klatschende Geräusch der eintauchenden Ruder übertönten die Stimmen. Natürlich geschah weiter nichts, doch war nun endgültig klar, dass wir an diesen Ort nicht zurückkehren konnten.
    Wir nahmen es heiter, und immer mal wieder während der Überfahrt brachen wir in ein Gelächter aus.
    Als wir über die Mitte des Stroms hinaus waren, wurden unsere Heiterkeitsausbrüche allerdings seltener. Unsere Aufmerksamkeit galt nun dem anderen Ufer. Wir wussten von unseren wendischen Reisebegleitern, dass im Ufergebüsch Bewaffnete lauerten, die den gegenüberliegenden Hafen der Sachsen und alle Bewegungen auf der Elbe beobachteten. Sie schützten auch die eigenen Fischer. Wenn diese von sächsischen Booten belästigt wurden, konnte es geschehen, dass 10, 20 Pfeile wie ein Vogelschwarm aus dem Schilf aufflogen und sie vertrieben.
    Seltsamerweise waren zu dieser Morgenstunde weit und breit keine wendischen Fischer zu sehen. Nur hinter uns, auf der sächsischen Seite, brachen mehrere Boote zum Fang auf. Still und menschenleer war das nördliche Ufer des Stroms, wo die hohe grüne Wand eines dichten Waldes alles verbarg, was sich dahinter abspielen mochte. Wir hielten auf eine kleine Bucht zu. Nur ein einsamer Haubentaucher blickte uns neugierig entgegen, erwartete uns aber nicht und verschwand unter Wasser.
    Längst waren wir auf Pfeilschussweite heran, doch eine unliebsame Überraschung blieb aus. Wir hatten aber auch vorgesorgt. Schon kurz nach dem Aufbruch vom anderen Ufer hatten Helko und Fulk die beiden Wenden aus ihrem unbequemen Versteck herausklettern lassen. Die sächsischen Flößer machten beim Anblick der wilden, verwahrlosten Gestalten runde Augen, und einer war so erschrocken, dass er gleich ins Wasser sprang und zurückschwamm. Niklot erwischte noch seine Stange und nahm seinen Platz ein. Sparuna postierte sich am Rande des Floßes, der wendischen Seite zugewandt, und stieß Rufe in seiner Sprache aus. Doch die Wächter, denen er damit unsere freundliche Gesinnung

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