Tödliche Ernte
etwas mit der Druckerei zu tun oder ist mit dem Fotografen befreundet.«
Sie sah mich grimmig entschlossen an. »Ich sehe das genauso. Sein erster Fehler.«
Erregung durchfuhr mich. »Ja!«
Einige Minuten später schloss Lauria vorsichtig ihren Laptop. »Diese Jenny Case ist sauber. Sie hat ein paar unbezahlte Strafzettel aus Maynard. Bankverbindung, Führerschein, Sozialversicherungsnummer, sieht alles gut aus. Keine Fingerabdrücke registriert. Das heißt zwar nicht, dass sie nicht in den Fall verwickelt ist, hilft aber doch weiter.«
Ich wartete auf die vernichtende Kritik, weil ich ihre Anweisung nicht befolgt hatte.
Sie grinste schief. »Sie hätten es beim fbi nicht weit gebracht, Tally. Sie halten sich einfach nicht an die vorgegebene Richtung.«
»Ich dachte halt, dass alles nur komplizierter wird, wenn ich Dellas Ermordung erwähne.«
»Und vielleicht hatten Sie sogar recht. In diesem Fall. Sie müssen schon auf mich hören, Kindchen, oder Sie enden selbst noch als zerstückelte Leiche. Erst die Ausstellung, dann Mrs Cheadle und jetzt das. Wenn Sie meine Anweisungen noch einmal missachten, dann ist dieser Fall für Sie gestorben.«
Mein Gesicht wurde rot und hart. »Das sollten Sie nicht einmal denken, Kathleen.«
»Sind Sie sicher, dass Sie nicht eine Fantasie ausleben?«, meinte sie.
»Eine Fantasie? Tag für Tag kümmere ich mich um Leute, die mit einem Mord konfrontiert wurden. Die Toten sind immer bei mir. Ich habe Angst. Ich bin verdammt wütend. Mein Vater … Ich versuche immer noch, es wiedergutzumachen.«
»Das können Sie nicht, Tally«, sagte Lauria.
»Aber das bin ich – so bin ich. Ich ziehe das durch – mit oder ohne Ihre Erlaubnis.«
Sie nickte, aber ihr Blick schien zu fragen: Werden auch Sie am Ende tot sein?
Maynard war nicht schwer zu finden. Wir nahmen die Route 2 und fuhren dann über die Route 62 zu der kleinen Industriestadt.
Die wenigen Straßen der Innenstadt waren eng, und die drei zentralen waren Einbahnstraßen. Wir parkten und fanden ohne Probleme den Coffeeshop an der Ecke. Ich hatte Case »Emma« beschrieben, und als wir eintraten, winkte eine attraktive Brünette uns zu sich. Ihr Lächeln war reserviert, als sie auf die Theke deutete, an der man bestellen konnte.
Nach einer kurzen Wartezeit trugen wir unser Essen und unsere Getränke zu dem kleinen runden Tisch und stellten alles neben Case’ Kaffee ab.
»Also, was ist das für eine heikle Angelegenheit?«, kam Case gleich auf den Punkt.
Lauria flüsterte ihr etwas ins Ohr, und die Augen der Frau wurden größer, als die Agentin fortfuhr.
»Ich würde gern Ihre Dienstmarke sehen«, verlangte Case mit fester Stimme.
»Seien Sie leise.« Lauria reichte Case ihren Ausweis.
Die Redakteurin studierte ihn sorgfältig und gab ihn Lauria dann zurück. »Sieht echt aus, aber wer weiß das schon?« Sie lachte schallend.
»Das ist kein Scherz«, sagte Lauria.
Case fing sich wieder. »Ich merke das schon, auch wenn es nach miesem Thriller klingt. Was wollen Sie denn nun von mir?«
»Eine Liste«, sagte ich. »Von Leuten, die diesen Artikel zu Gesicht bekommen haben könnten.«
»Kein Problem.« Case zog einen Spiralblock aus ihrer bauchigen Leinentasche und kritzelte eifrig auf das gelbe Papier. Sie reichte mir die Liste.
Lauria und ich gingen sie durch. »Was ist das für eine Gruppe?«
»Die Produktion«, sagte Case. »Sie haben den Artikel bereits als Quark-Datei bekommen, genau wie die Dias, also werden sie auch Della Charles’ Bild gesehen haben.«
»Idaho?«
Dort standen zwei Namen mit dem Vermerk Idaho Tech dahinter.
»Unsere Druckerei. Sie haben die Dias eingescannt, also muss einer von beiden das Foto der Frau gesehen haben.«
»Gut«, sagte Lauria, obwohl auch sie die beiden im Geiste von der Liste strich.
Es blieben zwei Dutzend Namen, neben denen Maynard stand. »Also könnten all diese Leute hier in Maynard die Fotostrecke mit dem Bild von Della Charles gesehen haben?«
»Ich weiß nicht, ob alle es kennen«, meinte Case. »Das hängt davon ab, wie die Datei weitergegeben wurde, wer von den Redakteuren die sogenannte Endredaktion gemacht hat und wer im Büro, in der Produktion und in der Grafik daran mitgearbeitet hat.«
»Könnten Sie uns etwas über die Leute aus Maynard erzählen, Miss Case?«, fragte ich.
Sie zog die Brauen in die Höhe. »Ist das nicht Ihr Job?«
»Wir können Tatsachen feststellen«, sagte Lauria. »Aber wir brauchen mehr als das.«
Erneut lachte Case schallend
Weitere Kostenlose Bücher