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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vicky Stiefel
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der Vase in einen Behälter um, den ich dann zusammen mit der Vase, den Blumen, der Phiole und einigen Bienen in einer Einkaufstasche verstaute. Ich hatte vor, sie Billy vom kriminaltechnischen Labor zu geben. Normalerweise hätte ich sie Kranak in die Hand gedrückt. Aber der verhielt sich ja nicht normal.
    Ich hasste es, mich zu fühlen, als würden wir in verschiedenen Teams spielen.
    Ich durchsuchte das Wohnzimmer. Nichts.
    Wo waren wohl die Aufzeichnungen, mit denen sie begonnen hatte?
    Ich öffnete die Truhe, die ihr als Couchtisch diente, und blätterte ihre Erinnerungsalben durch. Ich massierte meinen Nasenrücken in dem Versuch, den schrecklichen Druck loszuwerden. Bitte lass sie wieder gesund werden, betete ich.
    Auch aus dem Badezimmer und dem Schlafzimmer kam ich mit leeren Händen. Ich durchsuchte die Wandschränke. Kein Glück.
    Verflucht.
    Ich wusste, dass Mrs Cheadle Sachen versteckte. Aber wo? Die Wohnung war nicht sonderlich groß. Vielleicht hatte ihr Angreifer längst gefunden, was er gesucht hatte.
    Ich stellte mir vor, wie er herumschnüffelte, ihre Sachen durchwühlte, die so ordentlich und so sauber waren. Wie Blessing in meiner Wohnung? Oder wie McArdle? Oder doch jemand ganz anderes?
    Er hatte Handschuhe getragen, da war ich mir sicher. Und er wusste meiner Meinung nach auch, dass ein verirrtes Haar oder eine Schuppe, die irgendwo in der Wohnung an etwas klebten, wenig Bedeutung hätten. Kein Forensiker würde die Wohnung unter die Lupe nehmen. Man brauchte sich nur Kranaks Reaktion anzusehen.
    Mein Gegner – ich hatte begonnen, ihn in Gedanken als solchen zu bezeichnen – war durchtrieben und intelligent. Ich verharrte in der Hocke. Aber auch Mrs Cheadle war kein einfältiges Huhn.
    Ich durchquerte die Wohnung erneut.
    Die Alben. Dieses Mal holte ich alle heraus. Sorgfältig blätterte ich jedes Album durch. Vielleicht …
    Als ich das dritte Album zur Hälfte durchhatte, entdeckte ich einen Brief von Chesa. Ich markierte die Stelle mit einem Post-it, blätterte dann den Rest durch und ging dann zu den anderen Alben über.
    Ich fand noch mehr Briefe von Chesa und auch die Aufzeichnungen, mit denen Mrs Cheadle begonnen hatte.
    Penny und ich hatten die Stufen vor unserem Haus zur Hälfte hinter uns, als ich den Kopf herumriss.
    Jake hatte die Glühbirne ausgetauscht, aber was war das im Vergleich zu der Tintenschwärze der leeren Straße. Wolken verbargen die Mondsichel.
    Die Wagen, die am Gehweg geparkt waren, gaben eine perfekte Deckung ab. Genau wie all die Veranden und Hauseingänge.
    Die Nacht war voller unheimlicher Geräusche. Ich schwitzte. Ich umklammerte die schwere Einkaufstasche mit der Hand und klemmte mir die restlichen Alben ungeschickt unter die Arme. Vor zwei Tagen war jemand in meine Wohnung eingedrungen. Erst vor zwei Tagen.
    Ich kaute auf der Unterlippe. Ich wollte weder die Alben noch die Einkaufstasche absetzen. Ich hatte den Schlüssel bereits in der Hand. Doch selbst mit Penny an meiner Seite kam ich mir angreifbar vor. Geradezu eingeschüchtert.
    »Tally!«
    Ich fuhr herum, schwankte und landete unsanft auf dem Hintern.
    »Tally, ich bin’s, Reen.«
    Vor Erleichterung wurde mir schwindelig.
    * * *
    Ich zog meinen Jogginganzug an, und dann fuhren Reen und ich zu McDonald’s. Auf dem Weg dorthin brachte ich sie auf den neuesten Stand und ließ auch Elizabeth Flynn nicht aus.
    »Das war dein Fall, stimmt’s?«, sagte ich.
    Eine Braue schoss in die Höhe. »Ein alter Fall. Ein schrecklicher.«
    »Erzähl mir, woran du dich noch erinnerst.«
    Sie schloss die Augen. »An zu viel.« Eine Pause, dann: »Ein Montag – heiß und feucht – im August. Ein Mädchen, das eine Abkürzung zum Haus ihrer Freundin nehmen wollte, stolperte über Flynns Überreste. Ich erinnere mich noch an den Gestank, als ich dort mit ihr auf dem Feld stand. Selbst da draußen war es drückend, und es ging kein Lüftchen. Flynn wohnte in Harvard. Jeden Morgen kam sie zum Trainieren in einen Fitness-Club namens Orchard Hills in Lancaster und fuhr anschließend weiter zu ihrer Arbeit im Altersheim Apple Valley in Ayer. Beide Städte liegen nur etwa fünf Meilen von Harvard entfernt.«
    »McArdle hatte dort sein zweites Bestattungsunternehmen«, sagte ich.
    »Zum letzten Mal gesehen wurde Flynn am Samstagmorgen in ihrem Fitness-Club. Das Kind ist drei Wochen später über sie gestolpert. Sie war die ganze Zeit über woanders gewesen. Flynn war siebenundzwanzig, ein Fitness-Junkie, obendrein

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