Tödliche Ernte
gekostet. Die Gelegenheit? Was für einen besseren Ort als den Kummerladen gibt es? Die Ausstattung? Das Gleiche in Grün. Verstehst du jetzt, wie viel dafür spricht?«
Ich entriss Kranak meine Hand und schlang den Arm um meine Taille. »Das ergibt doch keinen Sinn. Wie kannst du so sicher sein, dass es John Strabo ist?«
»Seine eine Gesichtshälfte ist nicht verbrannt, Tal. Und Fingerabdrücke lügen auch nicht.«
»Aber Strabo ist nicht der Schnitter. Er hat doch keine Frauen umgebracht, um an Körperteile zu kommen.«
»Wir haben unsere Schnitter: Strabo als Kopf der Bande und noch zwei Tote. Einen schwarzen Burschen, einen Schläger namens Binny. Der hat wohl auch das Feuer bei McArdle gelegt, nehmen wir an. Er war derjenige, der uns an dem Tag, als du deine Freundin gefunden hast, von Blessing erzählte. Jetzt gehen wir davon aus, dass er auch geschossen hat.«
Die Härchen in meinem Nacken kribbelten. »Das war nicht Binny, Rob.«
»Abwarten. Dann haben wir noch einen Weißen, um die Dreißig, der passt auch gut ins Bild.«
Eigentlich wusste ich schon, dass es nicht McArdle sein würde. »Reen hat dir nichts von alldem erzählt, was ich herausgefunden habe, oder?«
Er schüttelte den Kopf.
Ich stand auf, nicht in der Lage, den unwirklichen, traumartigen Eindruck abzuschütteln. »Wir sehen uns später.«
»Was soll’n das heißen, später? Komm zurück.«
»Später.«
Die Stimmung im Hauptbüro war gedämpft, als ich die Aufgaben für den Tag verteilte und auch unser Infobrett auf den neuesten Stand brachte. Ab und zu putzte ich mir die Nase, die wegen der Weinerei lief. Strabo. Tot.
Ein Organhändler? Das konnte ich nicht glauben.
Fragen schossen mir durch den Kopf wie die, wer sich um Strabos Hund kümmern würde? Würde Mary vom Tod ihres angeblichen Liebsten niedergeschmettert sein? War Strabo gesprungen oder hatte er den Halt verloren und war gestürzt?
Ich teilte Gert die Familie von diesem Binny zu, der im Lagerhaus aufgefunden worden war. Andy war schamesrot, also gab ich ihm die Unbekannte, die am Morgen unter einer Schneewehe gefunden worden war. Ich trug meinen Namen auf dem Infobrett neben Strabos ein. Ich würde mich um Sophie Strabo und ihre Töchter kümmern.
Mir blieb eine Stunde vor der ersten Gruppensitzung. Eine Zeit lang beantwortete ich Anrufe. Dann verschnaufte ich kurz, ging mit Penny Gassi und griff schließlich nach Patricia Bochs Autopsiebericht. Ich konnte ihn mir nicht ansehen. Noch nicht.
Ich betrat den großen Kühlraum und ging zwischen den Stahltragen auf Rollen entlang, auf denen die Toten in ihren Leichensäcken ruhten. Ich fand Strabo und schauderte, als ich den Reißverschluss öffnete. Die linke Seite seines Gesichts war verkohlt, also stellte ich mich so, dass ich mit ihm reden und gleichzeitig den Mann ansehen konnte, an den ich mich erinnerte. Ich strich ihm übers Haar.
»Hey, John. Was ist nur passiert? Warum hast du wegen Elizabeth Flynns Augen gelogen? Ich meine, warum wirklich? Kanntest du den Schnitter? Wusstest du, dass er ihre Brüste an sich genommen hat? Was hast du in diesem Lagerhaus gewollt? Dein Verhalten ergibt einfach keinen Sinn.
Ich werde dich vermissen. Sehr sogar. Es tut mir so leid, was da passiert ist. Ich werde versuchen, Sophie und den Mädchen beizustehen. Ach, John.«
Ich stolperte zurück in mein Büro, wusch mir das Gesicht und zog dann Patricia Bochs Bericht zu mir heran. Sie war vor etwa einem oder zwei Monaten in einer Holzkiste hinter McArdles Firma vergraben worden. Vorher war sie, so wurde geschätzt, bereits sieben bis siebzehn Monate tot und in einer Umgebung untergebracht gewesen, die trocken genug war, um sie zu mumifizieren.
Ich blätterte um. Fogarty hatte die Autopsie durchgeführt. Er war vielleicht ein Arschloch, aber wenn es um Autopsien ging, war er top. Patricias Augen waren verschwunden, doch auch Leber, Herz, Bauchspeicheldrüse, Gehirn und andere Organe. Ihr Mörder spielte gar zu gerne Doktor. Oder er stand vielleicht auf so was Ägyptisches. Himmel.
Todesursache? Unklar.
Ich blätterte in den Fotos. Da war sie – eine braunhaarige Frau mit einer breiten Nase, einem Überbiss und einer hohen Stirn. Attraktiv, aber keine Laufstegschönheit.
Es tut mir so leid, Patricia.
Patricias Bilder waren seltsam, aufwühlend. Mumifiziert. Keine Beine.
Noch etwas störte mich.
Ich stützte das Kinn auf die Fingerspitzen und besah mir die Fotos genau.
Ein wirklich seltsames Bild. Patricias Körper lag samt
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