Tödliche Flammen: Roman (German Edition)
hatte, ging sie zu Bo hinüber. »Heute Abend hat er zwei Menschen umgebracht.«
»Ich habe gesehen, wie sie einen Feuerwehrmann wegbrachten.« In einem Leichensack, fügte er in Gedanken hinzu. »Es tut mir leid.«
»Die Frau, die ums Leben gekommen ist, war die Witwe eines der Detectives, die seinen Vater wegen des Brandes im Sirico festgenommen haben. Jetzt hat er den Eröffnungszug gemacht und will das Spielfeld bestimmen. Ihn interessiert es nicht mehr, ob wir wissen, dass das Feuer auf sein Konto geht. Es ist ihm auch egal, dass wir inzwischen seine Beweggründe kennen. Er will uns nur beweisen, dass er dazu in der Lage ist. Ich muss dich um einen Gefallen bitten.«
»Nur zu.«
»Geh nicht zu dir nach Hause. Ruf Brad an und übernachte heute bei ihm. Oder bei Mandy. Oder bei meinen Eltern.«
»Was hältst du von einem Kompromiss? Ich fahre nicht nach Hause, sondern warte hier auf dich.«
»Es wird noch stundenlang dauern, und du kannst nichts weiter tun. Nimm mein Auto, wenn du willst. Ich fahre bei O’Donnell mit. Tust du das bitte für mich?«
»Nur unter einer Bedingung: Wenn du hier fertig bist, gehst du auch nicht nach Hause. Jedenfalls nicht, ohne mich vorher anzurufen. Dann treffen wir uns dort.«
»Einverstanden.«
Kurz lehnte sie sich an ihn und ließ sich von ihm in die Arme nehmen.
Ein Krankenwagen raste mit jaulenden Sirenen vorbei, unterwegs, um jemandem ärztliche Hilfe und vielleicht Linderung zukommen zu lassen. Reena drehte sich um, kehrte zurück in Qualm und Verheerung.
Kapitel 29
W ie ein dunstiger, schwülheißer Vorhang senkte sich die Hitze über den Asphalt, als John durch die ihm unbekannten Straßen der Bronx fuhr. Nach dem Anruf von O’Donnell hatte er umdisponiert und darauf verzichtet, sich ein Zimmer in einem Motel zu nehmen, eine Mütze voll Schlaf zu bekommen und sich erst am Morgen auf die Suche nach Joe Pastorelli zu machen.
Trotz des aus dem Internet ausgedruckten Stadtplans war er inzwischen schon einige Male falsch abgebogen. Selber schuld, dachte er sich, während er versuchte, eine bequemere Sitzposition zu finden, denn schließlich saß er nun schon seit vier Stunden im Auto.
Ich werde langsam alt, sagte er sich dann. Alt und klapperig. Außerdem waren seine Augen nachts hinter dem Steuer auch nicht mehr so gut wie früher – wann zum Teufel war das nur passiert?
Früher hatte er, nur gestärkt mit einem Nickerchen und literweise Kaffee, achtundvierzig Stunden am Stück durchgearbeitet. Allerdings hatte er damals auch noch genug zu tun gehabt, um zwei Tage ununterbrochen auf Trab zu bleiben. Doch diese Zeiten waren – wie John sich bedauernd vor Augen halten musste – ein für alle Mal vorbei.
Für John bedeutete der Ruhestand allerdings nicht den krönenden Abschluss einer erfolgreichen beruflichen Laufbahn, sondern eine endlose Aneinanderreihung leerer Stunden, in denen er von seinen Erinnerungen an damals verfolgt wurde.
Vermutlich war es überstürzt von ihm gewesen, diese weite Autofahrt zu unternehmen, doch immerhin hatte Reena ihn um Hilfe gebeten. Eine goldene Uhr und Pensionsansprüche bedeuteten schließlich noch lange nicht, dass man zum alten Eisen gehörte.
Dennoch brannten John vor Anstrengung die Augen, als
er endlich die richtige Straße entdeckte, und während der Parkplatzsuche setzten die ersten Kopfschmerzen ein.
Der Fußmarsch vom Wagen zu dem Haus, in dem Pastorelli wohnte, lockerte zwar seine verkrampften Beine, war aber nicht unbedingt hilfreich, was den dumpfen Schmerz in seinem Rücken anging. Der Schweiß klebte an ihm wie eine zweite Haut. In einem auch nachts geöffneten koreanischen Supermarkt kaufte er sich eine Flasche Wasser und Kopfschmerztabletten, von denen er noch auf dem Gehweg zwei Stück schluckte. Dabei beobachtete er, wie sich eine Prostituierte mit einem Freier handelseinig wurde und schließlich zu ihm in den Wagen stieg. Um ihren Kolleginnen, die ebenfalls ihre Vorzüge feilboten, aus dem Weg zu gehen, wechselte er die Straßenseite.
Das Haus, in dem Pastorelli lebte, war niedrig und bestand aus abgestoßenem und von uralten Rußschichten bedecktem Backstein. Am Klingelschild einer Parterrewohnung stand sein Name. John klingelte im zweiten und im dritten Stock und trat ein, als ein hilfreicher Mensch den Türdrücker betätigte.
Während die Luft draußen mit einem Dampfbad zu vergleichen gewesen war, erinnerte die im Treppenhaus eher an die in einer geschlossenen Kiste, die man in den Backofen
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