Tödliche Geschäfte
wurde mit der erfolgreichen Behandlung begonnen.«
Janet übernahm die obere Hälfte der Liste, Sean die untere. Binnen zehn Minuten hatten sie einen Stapel von dreiunddreißig Akten zusammen.
»Man erkennt gleich, daß dies keine Uniklinik ist«, sagte Sean. »An einer Uniklinik hätte man Glück, auch nur eine Akte zu finden, geschweige denn alle dreiunddreißig.«
»Was willst du mit ihnen machen?« fragte Janet.
»Kopieren«, erwiderte Sean. »In der Bibliothek steht ein Kopierer. Die Frage ist nur, ob die Bibliothek offen ist. Ich möchte nicht, daß der Wachmann mich auf frischer Tat beim Knacken eines Schlosses erwischt. Dort oben gibt es wahrscheinlich eine Kamera.«
»Laß uns nachsehen«, schlug Janet vor. Sie wollte das Ganze möglichst schnell hinter sich bringen.
»Warte«, sagte Sean. »Ich glaube, ich habe eine bessere Idee.« Er marschierte zu dem Ende des Aktenlagers, das ans Forschungsgebäude grenzte. Janet hatte Mühe, Schritt zu halten. In die Wand hinter der letzten Batterie von Metallregalen war eine Glastür eingelassen, rechts daneben zwei Knöpfe. Sean drückte den unteren der beiden, und ein tiefes, surrendes Geräusch durchbrach die Stille.
»Vielleicht haben wir Glück«, sagte er.
Nach mehreren Minuten kam der Lastenaufzug. Sean öffnete die Tür und begann, die Regalböden auszubauen.
»Was machst du denn da?« fragte Janet.
»Ein kleines Experiment«, antwortete Sean. Als er genug Bretter herausgenommen hatte, stieg er selbst in den Aufzug. Er mußte sich ganz klein machen, die Knie ans Kinn gezogen.
»Mach die Tür zu und drück auf den Knopf«, sagte er.
»Bist du sicher?« fragte Janet.
»Mach schon!« sagte Sean. »Wenn der Motor ausgeht, warte ein paar Takte, bevor du auf den anderen Knopf drückst, um mich wieder nach unten zu holen.«
Janet befolgte seine Anweisungen, und Sean entschwebte winkend nach oben.
Als er weg war, wurde sie noch ängstlicher. In seiner Gegenwart war ihr gar nicht bewußt geworden, wie schwerwiegend ihre Taten eigentlich waren. Aber in der unheimlichen Stille, die sie umgab, traf sie die Erkenntnis, wer sie war und was sie hier tat, wie ein Schlag: Sie war Janet Reardon, die in das Aktenlager des Forbes-Krebszentrums einbrach.
Als das Surren aufhörte, zählte Janet bis zehn und drückte dann auf den anderen Knopf. Zum Glück tauchte Sean wenig später wieder auf. Sie öffnete die Tür.
»Klappt super«, sagte Sean. »Geht direkt hoch in die Finanzverwaltung. Und das allerschönste ist, daß sie dort einen der besten Kopierer der Welt stehen haben.«
Sie brauchten nur wenige Minuten, um die Akten zu dem Lastenaufzug zu tragen.
»Du zuerst«, sagte Sean.
»Ich weiß nicht, ob ich das wirklich will«, sagte Janet.
»In Ordnung«, erwiderte Sean. »Dann warte hier unten, während ich die Akten kopiere. Es wird wahrscheinlich etwa eine halbe Stunde dauern.« Er wollte wieder in den Aufzug klettern.
Janet packte seinen Arm. »Ich hab’s mir doch anders überlegt. Ich will nicht hier unten alleine bleiben.«
Sean verdrehte die Augen und stieg wieder aus, um für Janet Platz zu machen. Als sie in den Aufzug gekrabbelt war, klemmte er ihr einen Großteil der Akten in den Arm, schloß die Tür und drückte auf den Knopf. Als der Motor anhielt, holte er den Lift zurück. Dann zwängte er sich mit den restlichen Akten im Arm ein weiteres Mal in den Aufzug und wartete ein paar unbequeme Minuten lang, daß Janet ihn nach oben holte.
Als sie ihm in der Verwaltung die Tür öffnete, sah er, daß sie schon wieder panisch wurde.
»Was ist denn jetzt los?« fragte er, während er aus dem Aufzug kletterte.
»Alle Lichter hier oben sind an«, sagte sie nervös. »Hast du sie angemacht?«
»Nee«, sagte Sean und kramte die Akten zusammen. »Die waren schon an, als ich eben oben war. Wahrscheinlich eine Putzkolonne.«
»Darauf bin ich gar nicht gekommen«, sagte Janet. »Wie kannst du bei all dem so ruhig bleiben?« Sie klang fast wütend.
Sean zuckte die Schultern. »Muß am Training liegen.«
Am Kopierer entwickelten sie rasch ein effektives System. Wenn sie jede Akte auseinandernahmen, konnten sie jeweils einen Stapel Bögen in den automatischen Einzelblatteinzug legen. Mit einem Tacker, den sie auf einem der Schreibtische fanden, hefteten sie die Kopien zusammen, während sie die Originale sofort wieder in die Akten sortierten.
»Hast du den Computer in dem Glaskasten gesehen?« fragte Janet.
»Ja, auf meinem Rundgang am ersten Tag«,
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