Tödliche Gier
jetzt auch noch erfahren, dass Sie den Scheck haben sperren lassen. Sie hätten ihn sehen sollen. Er hat gebrüllt wie ein Wahnsinniger. Sie haben ja keine Ahnung, wozu er im Stande ist, wenn er in diesen Zustand verfällt.«
Ich glaubte Richards Fähigkeiten zu kennen. »Können Sie nicht bei ihm ein gutes Wort für mich einlegen?«
»Das habe ich ja versucht. Ich dachte, wenn ich Ihre Version der Geschichte erführe, könnte ich ihn zur Vernunft bringen. Sie haben ziemlich großen Mist gebaut.«
»Da haben Sie Recht. Ich weiß schon, aber irgendwie habe ich ihm doch erklärt... ich dachte, wenn ich ihm einen Brief schriebe, wäre es weniger peinlich, als wenn ich es ihm persönlich sage.«
»Großer Fehler. Das hat ihn erst richtig auf die Palme gebracht.«
»Das ist mir jetzt auch klar. Was glauben Sie, was als Nächstes passiert?«
»Schwer zu sagen. Vielleicht flaut alles einfach ab. Hoffen wir’s mal«, sagte er. »So, jetzt aber genug von Richard geredet. Wann können wir uns treffen? Sie haben mir gefehlt.« Sein Ton klang neckisch, doch das war nur Fassade. Ich konnte mich ihm entweder gleich ergeben, oder er würde mich bearbeiten, bis ich es tat. Ich spürte, wie sich ein langsamer, hartnäckiger Zorn in mir aufbaute. Ich versuchte zwar, einen ruhigen Ton zu bewahren, doch ich wusste, dass er das, was ich ihm zu sagen hatte, nicht akzeptieren würde. »Hören Sie, ich glaube nicht, dass aus uns beiden etwas wird. Es ist an der Zeit loszulassen.«
Tödliches Schweigen drang durch den Hörer. Ich konnte ihn atmen hören und ließ das Schweigen andauern. Schließlich sagte er: »Das ist Ihr Schema, was? Sich zu distanzieren. Sie können niemanden an sich heranlassen.«
»Mag sein. Durchaus nahe liegend. Ich kann verstehen, dass es auf Sie so wirkt.«
»Ich weiß, dass Sie verletzt worden sind, und das tut mir Leid, aber geben Sie mir doch eine Chance. Erteilen Sie mir keine Abfuhr. Ich habe etwas Besseres verdient.«
»Finde ich auch. Sie haben etwas Besseres verdient. Ich wünsche Ihnen ehrlich alles Gute, und es tut mir Leid, dass es nicht geklappt hat.«
»Können wir nicht mal darüber reden?«
»Darin sehe ich keinen Sinn.«
»Sie sehen darin keinen Sinn ? Was zum Teufel soll das?«
»Ich will mich nicht streiten. Es tut mir Leid, wenn ich Ihnen falsche Hoffnungen gemacht habe —«
»Was glaubst du eigentlich, wer du bist, dass du meinst, du könntest so mit mir reden? Du warst doch diejenige, die mich angemacht hat.«
»Ich lege jetzt auf. Wiederhören.«
»Nicht so schnell, verflucht noch mal. Erst hast du meinen Bruder ausgetrickst, und ich habe dich in Schutz genommen, und jetzt bildest du dir ein, du könntest im nächsten Moment die gleiche Schweinerei mit mir machen? Du bist ja nicht ganz dicht.«
»Gut. Wunderbar. Lassen wir es dabei bewenden.« Ich legte den Hörer auf. Nachträglich begann mein Herz zu pochen wie ein Basketball beim Dribbeln. Ich stand da und wartete.
Das Telefon klingelte, und obwohl ich damit gerechnet hatte, zuckte ich zusammen. Zweimal. Dreimal. Viermal. Der Anrufbeantworter schaltete sich ein. Ich hörte meine Ansage, dann legte er auf. Dreißig Sekunden verstrichen. Das Telefon klingelte erneut. Ich hob den Hörer, drückte auf die Gabel und brach so die Verbindung ab. Dann stellte ich die Klingel aus und zog obendrein noch den Telefonstecker heraus.
Ich setzte mich an den Schreibtisch und holte ein paarmal tief Luft. Ich würde nicht zulassen, dass mir dieser Kerl das Leben schwer machte. Lalls nötig, würde ich Lonnie fragen, ob wir eine einstweilige Verfügung gegen ihn erwirken könnten, laut derer er sich mir nicht mehr nähern durfte. Bis dahin musste ich allerdings einen Weg finden, ihn aus meinen Gedanken zu verdrängen.
Ich holte die Karteikarten heraus und machte mir zahlreiche neue Notizen, die einige Leerstellen füllten. Wie bei einer Tarot-sitzung legte ich mehrere Karten aus, um noch einmal über sie nachzudenken. Joel Glazer, Harvey Broadus und Pacific Mea-dows bildeten einen Halbkreis. Mit diesen Karten standen zwei weitere in direkter Verbindung: Penelope Delacorte, die stellvertretende Verwaltungsleiterin, und Tina Bart, die Buchhalterin, die man gefeuert hatte. Joel Glazer und Harvey Broadus hatten sich große Mühe gegeben, alles so darzustellen, dass Dow die Schuld an dem Medicare-Skandal trug, der unter der Oberfläche brodelte. Das Einzige, was nicht dazu passte, war die Notiz über die Liaison zwischen Broadus und der
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