Tödliche Gier
.«
»Tja, dann macht das Licht auf der Veranda an.«
»Aber wir wollen Zeichentrickfilme sehen!«
»Jammerschade. Ihr tut, was ich sage. Und kein Gerenne«, warnte Blanche sie. Heather und Josh trampelten bereits den Flur entlang, bremsten sich aber zu schnellem Gehen, wobei sie sich gegenseitig stießen und anrempelten. Die Hunde folgten mit Gebell, während Amanda in die Küche schwenkte und ohne hörbare Einwände Crackers mit Erdnussbutter bestrich. Das kleine Mädchen, das kaum älter als sieben sein konnte, wurde bereits in die Rolle der Zweitmutter gedrängt.
Während Blanche Anordnungen erteilte, hatte sie es geschafft, das schreiende Baby zu schaukeln, und sein Geheul ließ nach. Sie wandte sich um und schleppte sich aufs Wohnzimmer zu, während ich, so gut es ging, hinter ihr dreintrottete. Überall lagen Spielsachen. Um keine Plastikteile zu zertreten, musste ich schlurfen und mir den Weg durch die Legosteine bahnen, die vor mir auf dem Fußboden lagen. Eine hölzerne Sperre sicherte die Treppen zum ersten Stock, und an einer Tür, die vermutlich in den Keller führte, war eine Hakenverriegelung angebracht worden, um zu verhindern, dass die Kleinen kopfüber in den gähnenden Abgrund stürzten. Als unerschütterliche Optimistin sagte ich: »Ihre Mutter hat von einem Kindermädchen gesprochen.«
»An den Wochenenden kommt sie nicht, und Andrew ist zurzeit verreist.«
»Was ist er denn von Beruf?«
»Anwalt. Fusionen und Übernahmen. Er ist bis Mittwoch in Chicago.«
»Wann kommt das neue Baby?«
»Theoretisch erst in drei Wochen, aber vermutlich kommt es früher. Bei allen anderen war es auch so.«
Im Wohnzimmer stand eine Spielzeugkiste offen, deren Inhalt in sämtliche Richtungen verteilt worden war: Puppen, Teddybären und ein leuchtend gelber Schulbus voller bunter Schulkinder mit runden, bemalten Köpfen. Es gab eine Holzbank, in die man mit einem Holzhammer hölzerne Stifte schlagen konnte, Buntstifte, Malbücher, Bauklötze, kleine Blechautos und eine Holzeisenbahn. Mitten im Zimmer stand ein Laufstall. Zudem sah ich ein Schaukelpferd, eine Lauflernhilfe mit Gummipuffern, einen Hochstuhl, einen Kindersitz und ein tragbares Kinderbett. Jede Wandsteckdose in Sichtweite war mit einem Plastikschutz abgedeckt. Auf keiner Fläche unterhalb von Sichthöhe lag irgendetwas, und wie als vorbeugende Maßnahme gegen ein drohendes Hochwasser waren alle zerbrechlichen Gegenstände auf ein hohes Regal geräumt worden.
Von draußen hörte ich einen durchdringenden Schrei, diesmal mit höherem Dezibelpegel als das vorherige Gekreisch im Flur. Amanda brüllte: »Mommy! Mom! Heather hat Josh vom Klettergerüst gestoßen, und jetzt läuft ihm Blut aus der Nase.«
»O Gott. Hier, halten Sie ihn mal«, sagte Blanche.
Ohne abzuwarten, gab sie das Baby an mich ab wie bei einem Vorwärtspass und watschelte in die Küche. Quentin war überraschend schwer und seine Knochen so massiv wie Stein. Er sah seiner Mutter nach und wandte seinen Blick schließlich mir zu. Obwohl Quentin der Sprache noch nicht mächtig war, sah ich, wie sich der Begriff »Monster« in seinem unterentwickelten Gehirn bildete. Das gewaltige Ausmaß seiner Zwangslage dämmerte ihm nach und nach, und er schürzte die zarten Lippen, um zu einer Runde Gebrüll anzusetzen.
»Kann ich ihn in seinen Laufstall setzen?«, rief ich.
»Nein. Das hasst er«, schrie sie zurück und ging zur Hintertür hinaus. Ein zweites Kind stimmte in das Geschrei hinter dem Haus mit ein, um gleichfalls seinen Anteil an Zuwendung einzufordern. Wie als Reaktion darauf öffnete sich Quentins Mund zu einem Schrei, der aus solcher Tiefe kam, dass er zuerst überhaupt kein Geräusch erzeugte. Der Kleine rollte seinen Körper zusammen und sammelte Kraft. Ohne Warnung schnellte er dann vor, wie ein Turmspringer bei einem Salto rückwärts. Er hätte sich womöglich meinem Griff ganz entzogen, wenn ich ihn nicht gepackt und hochgehoben hätte. »June!«, sagte ich, als würden wir zwei uns köstlich amüsieren. Sein Blick sagte etwas anderes.
Ich versuchte ihn so zu schaukeln, wie Blanche es getan hatte, doch das machte alles nur noch schlimmer. Jetzt war ich nicht nur ein Monster, sondern auch noch eine Monster-Babyschauklerin, die es darauf abgesehen hatte, ihn zu Tode zu schaukeln. Ich marschierte im Kreis herum und sagte immer wieder »Na komm, na komm«, doch der Kleine wollte sich nicht beruhigen. Schließlich legte ich ihn in meiner Verzweiflung in den Laufstall und
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