Tödliche Legenden Sammelband 1 (German Edition)
In den Läden war nichts? Keine Keller oder Sonstiges?“
Wieder ein Kopfschütteln.
„Ok, dann lauf! Ich kümmere mich um die anderen“, gab Sally Anweisung und Koko lief los. Kurze Zeit später kamen Dascha und Kyle angerannt. Sie hielten sich an der Hand und Kyle zog Dascha an sich und umarmte sie ganz fest, als sie bei Sally angekommen waren. „Nichts am Bahnhof, in der Schule oder im Getto zu finden. Wie sieht’s bei dir aus? Wo sind Emily und Koko?“, fragte Dascha. Sie war erstaunlich ruhig, sie wunderte sich sogar über sich selbst. Auch Sally zog kurz die Stirn kraus, bevor sie antwortete.
„Nichts in den Läden, der Kirche oder dem Friedhof. Dascha, bitte lauf du zu diesem verfallenen Gelände, rechts von der Kirche. Kyle, du rennst zum Edelviertel, es liegt dort vorn. Eigentlich war es Emilys Gebiet, aber sie hat es leider nicht geschafft. Koko ist auf dem Weg zu dem großen Gebäude hinter der Einkaufsmeile, hier entlang. Ich suche weiter den Stadtrand ab“, gab Sally schnell Anweisung, dann nickten sich die drei zu, atmeten tief durch und liefen dann los, jeder in seine Richtung.
Auf dem Weg zu dem verfallenen Gebäude, zu dem sie geschickt wurde, kreisten Daschas Gedanken um ihre beste Freundin. Stumme Angsttränen liefen über ihr Gesicht, Angst, ihre Emily nie wieder sehen zu können, wenn sie den Kampf verlieren würden. Also ignorierte sie das Brennen in ihren Beinen und das Stechen in ihrer Lunge. Den immer stärker werdenden Wind blendete sie einfach aus. Sie musste Kira und den Ausgang einfach finden, koste es, was es wolle. Als sie ihr Ziel erreichte, musste sie wegen des starken Windes bereits ihr Gesicht mit einer Hand schützen. Es schien sich bei dem Gelände um einen verlassenen Bauernhof zu handeln. Auf dem leeren Platz vor dem Haus musste sich einmal ein Garten oder ein kleines Feld befunden haben. Dascha lief zielstrebig zu dem Brunnen, der mitten auf dem Feld stand. Im Lauf schaute sie den Boden nach Besonderheiten ab, doch da war nichts. Der Brunnen war ausgetrocknet. Sie warf einen leeren Blecheimer hinein, der neben dem Brunnen stand. Nichts. Nur das dumpfe Aufschlagen des Eimers auf dem Boden war zu hören. Also lief Dascha zum Haus herüber. Das Dach war schon eingestürzt und die Balken hatten sich in das obere Stockwerk des Hauses gebohrt. Dascha zog an der Tür. Sie klemmte. Also stieg sie kurzerhand durch eines der Fenster ins Innere des Hauses. Es war dunkel und staubig, außerdem knarrte das Haus durch den starken Wind. Staub rieselte durch die beschädigte Decke nach unten. Dascha wusste, dass ihr nicht mehr viel Zeit blieb, also durchsuchte sie Raum für Raum. So wie sie es auch in den Hütten des Gettos gemacht hatte; alles, was nicht niet- und nagelfest war, riss sie zur Seite oder schmiss es hinter sich. Erst eine große Küche, dann ein Kinderzimmer, den Wohnraum und dann ein weiteres Kinderzimmer. Ihre Suche wurde durch die Unordnung der Räume erschwert, die Bewohner hatten alles einfach stehen und liegen lassen, wie es gerade war. Spielzeug, Kleidung, Geschirr und Müll lagen herum. Voller Staub war auch alles. Als sie gerade die Treppe in das zweite Stockwerk hinaufsteigen wollte, geschah es. Ein Tornado erfasste das Gebäude und die Wände begannen einzustürzen. Dascha rannte die Treppe hinauf und hielt sich schützend die Hände über den Kopf. Das eingestürzte Dach verhinderte ein Durchkommen zu den Räumen, die sich dahinter befanden. Es krachte und staubte immer heftiger. Entmutigt ließ sich Dascha an einem Stück Wand nieder, das noch nicht verschüttet war. Sie zog die Knie an, da hörte sie ein Schaben unter ihrem Schuh. Sie griff hin und hielt ein pinkes Satinband in der Hand. Eine kleine silberne Plakette hing daran. Sie wischte den Staub herunter und erkannte dann die Inschrift. „Lucy“ war dort in filigraner Schrift eingraviert worden. Ehe sich Dascha aber weiter darüber Gedanken machen konnte, brach auch schon das Haus über ihr zusammen.
Kyle durchsuchte Haus für Haus, genau wie Dascha konnte er die Leute um sich herum einfach ausblenden. Als er vor dem großen roten Haus stand, in das Emily von der verletzten Frau geschickt worden war, hörte er eine leise Stimme aus dem inneren des Hauses. Er war sich sicher, diese Stimme zu kennen, aber der Wind war so laut, dass es ihm nicht möglich war, die Stimme jemandem zuzuordnen. Also trat er zögernd zur Tür und machte sie auf. Sie war nicht verschlossen und schwang quietschend
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