Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
fünf.«
»Du hast mich überredet.« Fran legte die Rose wieder auf den Schreibtisch zurück. Sie merkte nicht, daß Deanna instinktiv vor ihr zurückwich. »Bis morgen.«
»Ja.« Als Deanna allein war, griff sie vorsichtig nach dem Umschlag. Sie nahm den Brieföffner mit dem Elfenbeingriff und schlitzte ihn auf.
DEANNA, ICH WÜRDE ALLES FÜR DICH TUN.
WENN DU MICH DOCH NUR EIN EINZIGES MAL
ANSCHAUEN WÜRDEST,
RICHTIG ANSCHAUEN WÜRDEST.
ICH WÜRDE DIR ALLES GEBEN. ALLES.
ICH WARTE JETZT SCHON SO LANGE.
Allmählich gelangte sie zu der Überzeugung, daß es dem Schreiber dieser Worte mit jedem Wort vollkommener Ernst war. Sie schob das Blatt Papier wieder in den Umschlag, öffnete die untere Schreibtischschublade und legte den Brief auf den immer größer werdenden Stapel ganz ähnlicher Briefe. Fest entschlossen, die Sache von der praktischen Seite aus anzugehen, nahm sie die Rose in die Hand und schaute sich deren blasse, zerbrechliche Blütenblätter genau an, als ob sie einen Hinweis darauf geben könnten, wer ihr die Blume geschickt hatte.
Sie mußte an die Worte denken, die Finn gebraucht hatte. Zwanghaft. Krank. Beides klingt ja richtig furchterregend, dachte sie, doch sicherlich gab es auch Formen zwanghaften Verhaltens, die relativ harmlos waren. Durch die Blume hatte sich allerdings jetzt etwas am gewohnten Ablauf geändert.
Bisher hatte es nur die Botschaften in dunkelroter Farbe gegeben, aber keine Geschenke. Eine Rose war ein Zeichen der Zuneigung und Wertschätzung, sie verströmte einen süßen Duft. Doch die Dornen, die wie eine kleine Parade am schlanken Stiel hochliefen, konnten jemanden bluten lassen.
Jetzt werd’ ich albern, sagte sie sich, stand auf, füllte ein Glas mit Wasser und stellte die Rose hinein. Sie konnte einfach nicht zusehen, wie eine schöne Blume welk wurde und abstarb. Trotzdem stellte sie die Rose auf einen Tisch auf der anderen Seite des Raumes, bevor sie wieder zu ihrem Schreibtisch zurückkehrte.
In den nächsten zwanzig Minuten setzte sie ihre Unterschrift unter die Korrespondenz. Sie hatte den Stift noch in der Hand, als die Sprechanlage summte.
»Ja, Cassie.«
»Finn Riley ist auf Apparat zwei.«
»Danke. Ich bin mit den Briefen fertig. Können Sie sie auf dem Weg nach Hause zur Post bringen?«
»Selbstverständlich.«
»Finn? Bist du unten? Tut mir leid, wir hatten hier ein paar Sachen, die nicht so liefen, wie sie sollten, und deswegen hinke ich bei allem ein wenig hinterher.« Sie blickte auf die Armbanduhr und verzog das Gesicht. »Ich kann mich also unmöglich mit dir um sieben zum Abendessen treffen.«
»Ist nicht so schlimm«, meinte seine Stimme aus dem Hörer. »Ich bin selbst noch auf der anderen Seite der Stadt und komme hier nicht aus einer Versammlung weg, insofern sieht es ganz danach aus, als ob ich um sieben ebenfalls noch nicht da bin.«
»Dann lassen wir das mit sieben Uhr. Wir können ja später zusammen essen.« Sie blickte zu Cassie auf, die gerade die Korrespondenz mit ihren Unterschriften vom Schreibtisch nahm. »Cassie, Sie können meinen Termin mit Finn um sieben Uhr streichen.«
»Geht in Ordnung. Brauchen Sie noch irgend etwas anderes, bevor ich gehe? Sie wissen ja, wenn Sie es wünschen, kann ich noch ein wenig bleiben, um mit Ihnen diese Bänder durchzugehen.«
»Nein danke. Bis morgen, Cassie. Finn?«
»Bin noch dran.«
»Ich muß mir noch ein paar Bänder ansehen. Warum kommst du nicht einfach vorbei und holst mich auf dem Nachhauseweg ab? Meinem Fahrer kann ich absagen.«
»So wie es aussieht, wird es bestimmt acht, vielleicht sogar später.«
»Später würde mir sogar noch besser passen. Ich brauche mindestens noch drei Stunden, bis ich fertig bin. Wenn alle anderen gegangen sind, kann ich hier sowieso mehr wegschaffen. Ich werde Frans geheime Lebensmittelvorräte plündern und mich in meiner Arbeit vergraben, bis ich von dir höre.«
»Wenn ich es nicht schaffe, lasse ich es dich wissen.«
»Ich bin hier. Mach’s gut.«
Deanna legte auf und drehte sich mit dem Sessel, so daß sie zum Fenster schauen konnte. Die Sonne ging bereits unter, der Himmel wurde dunkler und ließ die Silhouette der Stadt finster wirken. Sie konnte sehen, wie die Lichter angingen, winzige Punkte vor dem Hintergrund der hereinbrechenden Dämmerung.
Sie stellte sich vor, wie die Gebäude immer leerer wurden und die Stadtautobahn sich immer mehr füllte. Sobald die Menschen zu Hause waren, würden sie die Abendnachrichten einschalten und sich
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