Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
hast früh angefangen«, stellte Dan fest. Sie sprach nicht besonders undeutlich, daher schenkte er ihr noch ein wenig nach.
»Mir blieb nichts anderes übrig. Außer mir gab es ja niemanden, der sich für mich einsetzte oder mich aus dieser schäbigen Wohnung herausholte, in der ich lebte. Mama hat gesoffen, Papa war unterwegs und hat sich bei irgendwelchen Huren herumgetrieben und um Geld gespielt.«
»Das war ja ganz schön hart für dich.«
»Es hat mich hart gemacht«, verbesserte sie ihn. »Ich sah, wie die Menschen lebten, und hatte das vor Augen, was ich selbst gerne haben wollte. Also fand ich Wege, an diese Dinge heranzukommen. Meine Situation verbesserte sich, und ich habe dann keine Mühen gescheut, um bis ganz nach oben zu kommen. Und von der Spitze wird mich keiner herunterstoßen, am allerwenigsten Deanna Reynolds.«
Er hob ihr Gesicht an, um ihr einen Kuß zu geben. »Das ist die Angela, die ich kenne und liebe.«
Sie lächelte, fühlte sich ganz leicht, ein wenig schwindelig, ihr Körper war frei. Warum hatte sie nur soviel Angst davor gehabt, sich mit einer oder zwei Flaschen Champagner zu entspannen? »Beweis es mir«, meinte sie einladend und ließ den Morgenrock von ihren Schultern gleiten.
Zweiundzwanzigstes Kapitel
D er Schnee vor dem Blockhaus war weiß wie im Märchen. Felsen und Büsche formten die weiße Decke zu kleinen Hügeln und Höckern, so daß es aussah, als hätten sich darunter Dutzende von Kobolden verkrochen, die auf den Frühling warteten. Nicht eine einzige Wolke störte das eisige Blau des Himmels, und die Sonne brachte die glänzende Rinde der Bäume zum Glitzern.
Aus dem Fenster schaute Deanna zu, wie Finn und Richard Aubrey beim Bauen eines Schneemanns halfen. In ihrem hellblauen Schneeanzug sah das Kind aus wie ein kleiner exotischer Vogel, der sich auf dem Weg nach Süden hierher verirrt hatte. Unter ihrer Mütze schauten wie kleine Ranken aus Locken ihre roten Haare hervor.
Neben ihr wirkten die beiden Männer in ihren dicken Mänteln und Winterschuhen wie zwei schwerfällige Riesen. Richard zeigte Aubrey gerade, wie man einen Schneeball formt und festklopft. Er zeigte auf Finn, und mit einem Kichern, das durch das Glas bis zu Deanna drang, warf ihn Aubrey ganz leicht gegen Finns Knie, der daraufhin zusammenbrach, als hätte ihn ein Felsbrocken getroffen.
Der Hund, eine mit einem Wust fransiger Haare bedeckte Promenadenmischung, der Deanna den Namen Cronkite gegeben hatte, gab ein lautes Gebell von sich und verursachte ein regelrechtes Schneegestöber, als er verzweifelt versuchte, bei dem Spiel mitzumachen.
»Das hört sich ja nach einem tollen Schneemann an.« Fran schob das Baby, ihre zweite Tochter, von der rechten zur linken Brust. Kelsey nahm die Brust in den Mund und nuckelte glücklich.
»Sie haben einen kleinen Krieg angefangen«, berichtete Deanna. »Die Zahl der Opfer ist sehr gering, aber es sieht alles danach aus, als ob es sich um eine längere Schlacht handelt.«
»Du kannst ruhig nach draußen gehen und etwas von deiner Nervosität abreagieren. Du mußt nicht die ganze Zeit mit mir hier drin bleiben.«
»Nein, ich schaue mir das gerne von hier aus an. Fran, ich bin wirklich froh, daß ihr alle für das Wochenende herauskommen konntet.«
»Da es für dich das erste freie Wochenende seit sechs Wochen ist, bin ich ganz erstaunt, daß du es mit uns zusammen verbringst.«
»Mit guten Freunden aufs Land zu fahren ist ein Luxus, auf den ich viel zu lange verzichten mußte.« Deanna gab einen leisen Seufzer von sich. Es hatte keinen Zweck, daran zu denken, wie viele Wochenenden, Ferien und ruhige Abende zu Hause sie so lange nicht hatte genießen können. Sie hatte mit ihrer Arbeit genau das bekommen, was sie hatte erreichen wollen. »Ich habe gemerkt, daß ich so etwas dringend brauche, um bei mir zu bleiben.«
»Ich bin froh, dir dabei eine Hilfe zu sein. Richard fand die Vorstellung, bei diesem Wetter zum Angeln zu gehen, urig und männlich genug, um Interesse für den Ausflug zu entwickeln.« Sie streichelte die Wange ihrer Tochter, während sie sanft in dem Schaukelstuhl schaukelte, den Finn genau für diesen Zweck von der Veranda hereingebracht und saubergemacht hatte. »Mir war eigentlich egal, wohin es ging; ich war zu allem bereit. Wenn wir im November so früh Schnee haben, wird das noch ein langer Winter.«
»Und kein besonders angenehmer.« Bezüglich ihrer Nervosität hatte Fran wohl recht, dachte Deanna. Sie wandte sich vom Fenster
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