Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
großzügig.«
»Als Miss Perkins damals arrangierte, daß Sie sie und Dr. Pike unter kompromittierenden Umständen überraschten, fanden Sie das vermutlich nicht sehr charmant.«
»Das ist ja nun schon einige Zeit her.«
»Aber Sie waren damals verliebt in Dr. Pike?«
»Ich hätte mich beinahe in ihn verliebt«, verbesserte Deanna. »Das ist ein sehr großer Unterschied.« Was sollte das eigentlich alles? fragte sie sich und rieb sich die Mitte ihrer Stirn, wo sich Kopfschmerzen ankündigten. »Ich will nicht abstreiten, daß mich das verletzt und erzürnt hat und meine Gefühle gegenüber beiden unwiderruflich veränderte.«
»Dr. Pike hat versucht, die Beziehung zu Ihnen weiterzuführen, nicht wahr?«
»Er hat den Vorfall ganz anders interpretiert als ich. Ich
hatte aber kein Interesse, irgend etwas mit ihm weiterzuführen, und das habe ich ihm gegenüber auch deutlich zum Ausdruck gebracht.«
»Aber er versuchte es noch eine ganze Weile, nicht wahr?«
»Ja.«
Jenner spürte, daß hinter dieser knappen Antwort noch mehr an Gefühlen war, als sie zum Ausdruck brachte. »Haben Sie jemals die Möglichkeit in Betracht gezogen, daß die Briefe, die Sie mit einiger Regelmäßigkeit die letzten Jahre über empfangen haben, von ihm stammen könnten?«
»Von Marshall?« Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Die entsprechen absolut nicht seinem Stil.«
»Was entspricht denn seinem Stil?«
Deanna schloß die Augen. Sie erinnerte sich an die Fotos, den Bericht des Detektivs. »Vielleicht sollten Sie ihn das selbst fragen.«
»Das werden wir auch tun. Haben Sie sich außer mit Dr. Pike noch mit irgend jemand anderem eingelassen, den die Ankündigung Ihrer Verlobung mit Mr. Riley so sehr durcheinanderbringen könnte, daß er in Ihr Büro oder Mr. Rileys Haus einbricht?«
»Nein, sonst war da keiner … Was meinen Sie damit, daß jemand eingebrochen ist?« Sie hielt sich an der Seite des Ohrensessels fest, der neben ihr stand.
»Es erscheint logisch, daß wer immer Ihnen diese Briefe geschickt hat, auch für die Verwüstungen in Ihrem Büro und dem Haus, das Sie mit Mr. Riley teilen, verantwortlich ist«, begann Jenner. Und auch für den Mord an Angela, glaubte er.
»Wann war das?« Deanna war kaum in der Lage, die Worte zu flüstern. »Wann ist das passiert?«
Fasziniert hörte Jenner damit auf, mit seinem Stift gegen den Notizblock zu klopfen. Alles Blut war auf einmal aus Deannas eben noch vor Wut rosig glühenden Wangen gewichen, ihr Gesicht war kreidebleich geworden. Riley hatte ihr das alles nicht erzählt, erkannte Jenner. Und er würde mit Sicherheit nicht erfreut darüber sein, daß sie es jetzt von einem anderen erfahren hatte. »In der Nacht, in der Angela erschossen wurde, wurde in Finn Rileys Haus eingebrochen.«
»Nein.« Sich weiter am Sessel festhaltend, bewegte sie sich vorsichtig um ihn herum und ließ sich hineinsinken, bevor die Beine unter ihr nachgaben. »Finn hat mir gar nichts … keiner hat mir das erzählt.« Sie drückte ihre Augen fest zu, kämpfte gegen die plötzliche Unruhe in ihrem Magen an. Dann öffnete sie die Augen wieder und sagte entschlossen: »Aber Sie werden es mir jetzt erzählen. Ich will wissen, was passiert ist, und zwar ganz genau.«
Wenn Finn Riley zurückkommt, steht ihm mehr als nur eine kleine Meinungsverschiedenheit bevor, dachte Jenner. Als er Deanna von den Geschehnissen berichtete, verfolgte er, wie sie es aufnahm. Einmal zuckte sie zusammen, als wären seine Worte wie Wurfpfeile, dann wurde sie ganz still. Bis er zum Ende gekommen war, blieb ihr Blick ruhig und fest und eigentümlich ausdruckslos.
Eine ganze Weile sagte sie nichts, dann beugte sie sich mit ruhiger Hand vor, um Tee nachzuschenken. Deannas Gelassenheit und ihre Selbstbeherrschung riefen bei Jenner Bewunderung hervor, insbesondere weil ihm nicht entgangen war, wie ein Ausdruck des Entsetzens wie eine kleine Welle über ihr Gesicht gehuscht war.
»Sie glauben, der Mörder von Angela und der Mensch, der immer diese Briefe schickte und in mein Büro und unser Zuhause einbrach, ist ein und dieselbe Person.«
Das war jetzt die Stimme der Reporterin, stellte Jenner fest. Kühl, ruhig und gleichförmig. Ihre Augen waren jedoch nicht mehr ausdruckslos. Panisches Entsetzen stand darin. Aus irgendeinem Grund mußte Jenner an einen Jahre zurückliegenden Bericht von ihr denken, bei dem es um eine Frau ging, die von ihrem Ehemann erschossen worden war. Auch damals hatten ihre Augen eine deutliche
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