Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
immer
weiter anschauen würde, auch wenn sich der Boden plötzlich unter ihr öffnete.
»Willst du, daß ich Geduld zeige, Deanna?« Sein Finger strich über die Umrisse ihres Kinns, verweilte dort.
»Ich …« Sie schnappte nach Luft. Und einen erschreckten Augenblick lang spürte sie, wie sie auf ihn zu schwankte.
»Oh, wie ich sehe, hast du bereits Erfrischungen gefunden«, meinte Marshall.
Sie sah, wie sich Finns Gesicht zu einem Ausdruck gequälter Belustigung verzog. »Ja, Marshall«, sagte sie mit unsicherer Stimme. In dem Bemühen, ihre Fassung wiederzugewinnen, hielt sie sich an seinem Arm fest, als wäre dieser ein Fels im stürmischen Meer. »Zufällig traf ich Finn. Ich glaube nicht, daß ihr euch schon einmal begegnet seid. Dr. Marshall Pike, Finn Riley.«
»Natürlich! Ich kenne Ihre Arbeit.« Marshall reichte ihm die Hand. »Willkommen daheim in Chicago.«
»Danke. Sie sind Psychologe, nicht wahr?«
»Ja. Ich habe mich auf Familienberatung spezialisiert.«
»Ein interessantes Arbeitsfeld. Statistische Untersuchungen scheinen ja auf das Ende der traditionellen Familie hinzuweisen, aber wenn wir uns die Werbung oder den Bereich der Unterhaltung anschauen, scheint der allgemeine Trend wieder in die andere Richtung zu weisen und genau zu dieser Familie zurückzuführen.«
Deanna versuchte, in Finns Äußerungen irgendeine Spitze zu entdecken, aber sie nahm nur echtes Interesse wahr, als er Marshall in ein Gespräch über die amerikanische Familienkultur verwickelte. Der Reporter in ihm ermöglicht es Finn, jederzeit mit jedem über jedes Thema sprechen zu können, dachte sie. Im Augenblick war sie darüber dankbar.
Es war ihr eine Hilfe, daß Marshall ihre Hand festhielt, und sie das Gefühl hatte, Teil eines Paares sein zu können, wenn sie das wollte. Und Marshalls sanfte Romanze mit ihr war ihr tausendmal lieber als Finns direkte Attacke auf ihr Nervensystem. Wenn sie beide Männer miteinander zu vergleichen hätte, wozu es, wie sie sich versicherte, keine Veranlassung gab, würde sie Marshall für seine Liebenswürdigkeit,
seinen Respekt und seine Stabilität die besten Noten geben.
Sie lächelte zu ihm hoch, während ihr Blick wieder zu dem dramatischen und leidenschaftlichen Bild gezogen wurde.
Als sich Fran und Richard zu ihnen gesellten, machte Deanna die beiden auch mit Finn bekannt. Nachdem alle ein paar Minuten miteinander geplaudert hatten, verabschiedeten sie sich voneinander. Deanna versuchte so zu tun, als würde sie Finns Blick nicht spüren, während sie sich vorsichtig ihren Weg zur Tür bahnten.
»Bleib ruhig, meine Liebe«, murmelte Fran in Deannas Ohr. »Der ist ja live noch viel aufreizender als im Fernsehen.«
»Meinst du?«
»Süße, wenn ich nicht verheiratet und schwanger wäre, würde ich einiges mehr tun als das nur zu meinen.« Fran warf einen letzten Blick über ihre Schulter nach hinten. »Mmm, lecker!«
Kichernd schubste Deanna sie aus der Tür. »Beherrsch dich, Myers.«
»Phantasien sind harmlos, Dee, das sage ich dir doch dauernd. Und wenn er mich auf die gleiche Weise angeschaut hätte wie dich, wäre ich ohnehin nur noch eine Hormonpfütze zu seinen Füßen.«
Mit einem tiefen Atemzug an der Frühlingsluft bekämpfte Deanna das flaue Gefühl, das sich plötzlich in ihrem Bauch ausgebreitet hatte. »So leicht schmelze ich eben nicht dahin.«
Nicht so leicht dahinzuschmelzen war ein Teil ihrer Misere, dachte Deanna später. Als Marshall seinen Wagen vor ihrem Haus am Straßenrand abstellte, wußte sie, daß er sie zur Haustür bringen würde. Und wenn er das tat, würde er erwarten, daß sie ihn einlud, hereinzukommen. Und dann …
Sie war einfach noch nicht bereit für das ›und dann‹.
Zweifellos lag der Fehler bei ihr. Sie konnte ihr Zögern natürlich leicht auf intime Beziehungen der Vergangenheit schieben. Das war auch gar nicht so unzutreffend. Sie wollte nicht zugeben, daß ein anderer Teil ihres Zögerns Finn zuzuschreiben war.
»Du brauchst mich nicht zur Haustür zu bringen.«
Er hob eine Hand, um mit ihrem Haar zu spielen. »Es ist noch früh.«
»Ich weiß. Aber ich habe morgen einen ganz frühen Termin. Ich weiß es sehr zu schätzen, daß du mit mir in die Galerie gegangen bist.«
»Mir gefiel es dort auch mehr, als ich erwartet hatte.«
»Gut.« Mit einem Lächeln berührte sie seinen Mund mit ihren Lippen. Als er den Kuß intensivierte und ihre Lippen in seinen Mund sog, gab sie nach. Wärme und Leidenschaft, die sich
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