Tödliche Liebe: Roman (German Edition)
hatte dem Mädchen einen Festschmaus angeboten, doch Deanna begnügte sich mit Krümeln. Wo war ihre Dankbarkeit? Wo war ihre verdammte Loyalität? »Es ist deine Entscheidung«, fügte sie beherrscht hinzu, als sie sich hinter ihren Schreibtisch setzte. »Warum nimmst du dir nicht einfach noch ein paar Tage Zeit, beispielsweise das
Wochenende, an dem ich nicht da bin? Vielleicht überlegst du es dir ja doch noch.« Sie schüttelte den Kopf, um jede weitere Bemerkung Deannas zu unterbinden. »Wir sprechen am Montag wieder darüber«, meinte Angela, und damit war Deanna entlassen. »Zwischen den Aufnahmen … Schreib dir den Termin auf für …« Ihre Gedanken rasten, als sie in ihrem Terminkalender blätterte. »… Viertel nach elf.« Als Angela wieder hochschaute, zeigte sie Deanna ein warmes, freundliches Lächeln. »Wenn du dann bei deiner Meinung geblieben bist, werde ich kein Wort mehr darüber verlieren. Ist das ein faires Angebot?«
»Einverstanden.« Das klang jetzt wieder wohlwollender. Bestimmt würde es dann auch einfacher sein, sich zu einigen. »Dann sehe ich dich am Montag. Gute Reise!«
»Die werde ich haben.« Bewußt wartete Angela, bis Deanna an der Tür war. »Ach, Dee!« Lächelnd hielt sie einen Umschlag aus Manilapapier in die Höhe. »Meine Rede?«
»Richtig.« Deanna ging noch einmal zurück, um den Umschlag entgegenzunehmen.
»Versuche ihn bis neun Uhr zu mir zurückkommen zu lassen. Ich brauche meinen Schönheitsschlaf.«
Angela wartete, bis die Tür ins Schloß fiel, dann faltete sie die Hände auf dem Schreibtisch. Der Druck auf ihre Finger war so stark, daß diese bald ganz weiß waren. Eine Weile starrte sie so auf die geschlossene Tür, ihr Atem ging ganz flach. Dieses Mal ist es zwecklos, herumzuwüten, sagte sie sich. Bei Deanna mußte sie sich kühl, ruhig und präzise die Fakten anschauen.
Sie hatte dem Mädchen eine Machtposition, ihre uneingeschränkte Freundschaft und ihr Vertrauen angeboten. Und Deanna zog es vor, die Mittagsnachrichten abzulesen, weil sie einen Arbeitsvertrag, eine Mietwohnung und einen Mann hatte.
War sie wirklich so naiv und arglos? fragte sich Angela. So dumm?
Sie entspannte ihre Hände und zwang sich dazu, sich im Sessel zurückzulehnen und ihre Atmung wieder gleichmäßiger werden zu lassen. Was immer auch die Antwort sein
mochte, Deanna würde lernen, daß niemand Angela einen Korb gab.
Etwas ruhiger geworden, öffnete Angela eine Schublade und nahm Marshalls Akte heraus. Ihr Gesicht war weder besonders hart, noch funkelte es vor Wut. Wie bei einem Kind, dem eine Bitte abgeschlagen worden war, verzogen sich ihre bebenden Lippen zu einem Flunsch. Deanna wollte also nicht mit ihr nach New York gehen, grübelte sie. Nun, das würde ihr noch sehr, sehr leid tun.
Deanna war gerade in das Vorzimmer getreten, als sich ihre Schuldgefühle mit einem Schlag in einem Schwall überraschter Freude auflösten.
»Kate! Kate Lowell!«
Die langbeinige, rehäugige Frau drehte sich um und schob ihre prächtige Mähne aus feuerroten Haaren zur Seite. Ihr Gesicht – die an Elfenbein erinnernde Gesichtsfarbe, die zarten Knochen, die schmachtenden Augen und die vollen Lippen – war einfach überwältigend und genauso berühmt. Das schnelle, strahlende Lächeln kam ganz automatisch. Kate Lowell war durch und durch Schauspielerin.
»Hallo.«
»Die Zahnspange hat ja wirklich gehalten, was sie versprach.« Deanna mußte lachen. »Kate, ich bin’s, Dee. Deanna Reynolds.«
»Deanna.« Die heftige, unsichere Spannung in Kates Lächeln löste sich auf. »O Gott, Deanna!« Sie gab ihr ansteckendes Kichern von sich, das Männer immer zu Wachs werden ließ. »Das ist doch nicht möglich!«
»Stell dir nur einmal vor, wie ich mich fühle. Das muß doch vierzehn, fünfzehn Jahre her sein.«
Einen wunderschönen Moment lang kam es Kate so vor, als wäre es gestern gewesen. All die langen Gespräche und die Unschuld ihrer mädchenhaften Geheimnisse fielen ihr wieder ein.
Fasziniert verfolgte Cassie, wie die beiden Frauen aufeinander zugingen und sich umarmten. Einen Augenblick lang hielten sie sich fest umschlungen.
»Du siehst ja toll aus«, meinten sie dann fast gleichzeitig und mußten darüber lachen.
»Es stimmt.« Kate trat einen Schritt zurück, hielt Deanna weiter an den Händen. »Wir sehen wirklich toll aus. Da haben wir aber von Topeka aus einen weiten Weg zurückgelegt.«
»Für dich war der Weg ja noch ein wenig weiter. Und was macht der neueste
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