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Tödliche Mitgift

Tödliche Mitgift

Titel: Tödliche Mitgift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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genug, als eine Hand vorschnellte und den Rucksack zwischen seinen Beinen wegriss.
    »Nein!« Er kam schwankend auf die Füße, um sich sein Eigentum zurückzuholen, doch einer der drei trat ihm vors Schienbein, während sich der Größte den Rucksack über die Schulter warf. Dann deutete er auf Löwgens Füße. Zu Bernhards Entsetzen hielten ihn zwei der jungen Männer fest, der dritte zog ihm die Schuhe von den Füßen. Sie lachten dabei, und der Kleine mit dem faulen Zahn schleuderte die Schuhe die Böschung neben der Bushaltestelle hinunter. Dann zogen sie ohne sichtbare Eile mit ihrer Beute davon. Löwgen saß wie versteinert da. Jetzt besaß er nichts mehr, außer der Kleidung, die er trug, einem zerknitterten Zwanzigeuroschein und seinen grotesken Erinnerungen. Er war nur froh, dass er die Aufnahmen aus dem Hotelzimmer auf einem USB-Stick gespeichert und in Sicherheit gebracht hatte. Ja, er hatte sie danach von seinem Rechner gelöscht, denn der Gedanke daran, dass irgendwer Fremdes je einen Blick darauf werfen könnte, war ihm unerträglich gewesen.
    Diese verfluchte Kamera! Hätte er nur die Finger davon gelassen! Doch nach der gelungenen Aktion in Paolo Sassones Haus, wo er den Zahlencode der Alarmanlage mithilfe der Minikamera, mit dem Nadelöhrobjektiv herausgefunden hatte, war die Versuchung, die Kamera noch einmal zu benutzen, zu groß gewesen. Nur zu Annegrets Schutz, hatte er sich eingeredet, denn sie fühlte sich in Perugia immer noch verfolgt, nur zur Kontrolle …
    Was danach geschehen war, war im Nachhinein der blanke Horror gewesen. Die Erinnerung an die Aufnahmen war noch so präsent, dass Bernhard Löwgen die Hitze in seinem Gesicht spürte, wenn er nur daran dachte. Es war abstoßend gewesen, aber nicht nur … Am grausamsten war die Erkenntnis, dass ihn die Aufnahmen, die er heimlich gemacht hatte, nicht nur schockiert, sondern auch erregt hatten.
    In derselben Nacht träumte Pia von endlosen Zimmerfluchten und Gängen im Hotel Guarini Palace. Gabler verfolgte sie mit einem überdimensionalen Kugelschreiber. Sein Gesicht verwandelte sich in eine starre Maske; er trieb sie immer tiefer in die Katakomben eines alten Hotels, bis sie in einem dunklen Kellerraum landete und eine Tür hinter ihr ins Schloss fiel. Pia wusste, sie war hier gefangen. Ihr Kopf stieß im Dunkeln gegen etwas Raues … eine Schlinge, die von der Decke baumelte. Sie versuchte zu schreien, brachte aber keine Ton heraus.
    Desorientiert und mit trockenen Gaumen wachte Pia auf. Der Traum, so abstrus er ihr im Wachzustand auch erschien, hatte ein beklemmendes Gefühl hinterlassen. Sie sah auf ihren Wecker neben dem Bett. Es war fünf Minuten nach zwei, noch drei Stunden bis zum Sonnenaufgang. Sie musste an Frank Reuter, einen ehemaligen Kosovo-Soldaten denken, mit dem sie während der Ermittlungen in Kirchhagen gesprochen hatte. Was hatte er über das Schlafen und das Nicht-schlafen-Können gesagt? Erst wenn der Morgen graut und die ersten Pendler am Haus vorbeifahren, bin ich beruhigt und finde ein wenig Schlaf …
    So lange wollte sie nicht hier liegen und ihrem klopfenden Herzen lauschen! Dann merkte sie, dass es gar nicht ihr Herzschlag war, dieses rhythmische Klopfen, sondern ein Geräusch, das aus der Wohnung unter ihr drang. Das Haus im Gängeviertel war alt und nicht sehr solide gebaut. Man kam nicht umhin, nachts, wenn es rundherum ruhig war, die Geräusche aus den anderen Wohnungen zu hören. Andrej Sergjewitsch Marojoff, der unter ihr wohnte, hatte wohl wieder eine neue Eroberung gemacht. Die beiden in der Wohnung unter ihr waren so beschäftigt, dass es sie nicht interessierte, dass das Kopfteil des Bettes fortwährend gegen die Zimmerwand schlug. Pia zog sich das Kopfkissen über beide Ohren, aber das nützte nichts.
    Sie kannte Andrej Sergjewitsch nicht sonderlich gut. Er war viel unterwegs, manchmal mehrere Wochen am Stück, und ihr Kontakt beschränkte sich auf gelegentliche Absprachen, wenn Pia seine Katze während der Zeit seiner Abwesenheit versorgte. Dafür wurde sie ab und zu mit einer Flasche echt russischen Wodkas entlohnt. Wenn Andrej mal zu Hause war, dann war er nur selten allein. Der blonde Russe schien ein Faible für dunkelhaarige, glutäugige Frauen zu haben, wo immer er sie hier in Lübeck auch in so großer Anzahl auftreiben mochte …
    Nun ertönte durch Dielen, Balken und eine Schicht aus Stroh und Gips auch noch vernehmliches Stöhnen. Pia stand auf, ging ins Wohnzimmer und riss das

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